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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II
Autoren: Karl May
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würden.
    Wir fanden an dem Rand des Spaltes vier mit den gestern gefundenen übereinstimmende Löcher; es war früher also wirklich ein künstlicher Übergang vorhanden gewesen. Dann wendeten wir uns zurück, um den Gang abwärts, nach innen, zu folgen.
    Er war ein wenig über mannshoch, so daß ich mich nicht zu bücken brauchte, und ungefähr drei Fuß breit. Die Wände zeigten Spuren des Spitzeisens oder der Spitzhacke und zuweilen auch Teile der Rundungen von Bohrlöchern. Man hatte die festeren Teile des Gesteins mit Pulver gesprengt; der Gang war also gewiß von Weißen angelegt worden. Er führte meist durch Fels. Wo er auf Spalten oder Klüftungen gestoßen war, hatte man behauene Steine angewendet.
    Wir schritten tiefer hinein, ohne daß uns ein Hindernis entgegengestoßen wäre. Die Luft war wider alles Erwarten ganz erträglich. Dieser Umstand machte mich auf unsere brennende Fackel aufmerksam; die Flamme brannte nicht grad aufwärts, sondern wehte, wenn auch nur ganz leise und kaum bemerklich, in den Gang hinein. Es war also eine Zirkulation der Luft vorhanden. Die frische Luft kam hinter uns her und folgte dem Gang. Da sie sich bewegte, mußte sie irgendeinen Abfluß haben. Sollte dieser Stollen mit dem Schacht in Verbindung stehen? Das war leicht möglich, da sein Lauf ostwärts gerichtet war, nach der Mitte des Felsens, wo sich, wie ich wußte, der Schacht befand.
    Wir waren schon über dreihundert Schritte gegangen, als der Mimbrenjo auf einen eingemauerten Stein zeigte.
    „Eine Schrift!“ sagte er. „Aber es ist keine Indianerschrift.“
    Als ich die Stelle mit der Fackel ableuchtete, konnte ich ganz deutlich lesen; Alonso Vargas of. en min. y comp. A.D. MDCXI. Ich ergänzte mir die Abkürzungen zu ‚Alonso Vargas, oficial en minas y compañeros, Anno Domini MDCXI!‘ oder zu deutsch: ‚Alonso Vargas, Bergsteiger, und Genossen, im Jahre des Herrn Eintausendsechshundertundelf.‘ Es waren also bis heut mehr als zweihundertfünfzig Jahre vergangen, seit dieser spanische Bergmann den Stollen angelegt hatte. Ich notierte mir die Inschrift, denn es war mir neu, daß die Spanier damals so weit in die entlegenen Gegenden von Mexiko, welches sie Neuspanien nannten, vorgedrungen waren.
    Dann ging es weiter, immer weiter, bis der Gang zu Ende war. Er wurde, so breit und hoch er war, durch eine aus Hausteinen errichtete Mauer verschlossen. Dennoch wehte die Flamme der Fackel nach vorwärts, nach dieser Mauer hin, obgleich keine Öffnung zu sehen war. Als ich die Wand daraufhin untersuchte, fand ich, daß sie eine Art Sieb bildete. Der Mörtel, welcher die Steine verband, war da, wo die Ecken derselben zusammentrafen, weggelassen worden, wodurch Löcher entstanden oder vielmehr geblieben waren, welche man nur dann bemerkte, wenn man, durch den Luftzug auf sie aufmerksam gemacht, nach ihnen, suchte. Dabei bemerkte ich auf einem der Steine die mit einem spitzen Werkzeug flüchtig eingegrabene Inschrift E.L. 1821. Das E.L. waren jedenfalls die Anfangsbuchstaben eines Mannes; die Zahl sagte, daß der Gang im Jahre 1821 durch die Mauer verschlossen worden war, aus welchen Gründen, das konnte mir gleichgültig sein. Jedenfalls hatte man da auch die über den Abgrund führende Brücke weggenommen und den Eingang der Höhle, welcher zugleich auch Eingang des Stollens war, mit dem Geröll verschüttet. Die Löcher waren in der Mauer gelassen worden, damit die Luft fortzirkulieren könne und, falls das Bergwerk später wieder in Bau genommen werden sollte, beim Eindringen der Arbeiter das Leben derselben nicht durch tödliche Gase gefährdet sei.
    Was nun tun? Wir lauschten. Hinter der Mauer machte sich kein Leben bemerkbar. Ich wagte zu klopfen, und erhielt keine Antwort. Dennoch pochte mein Herz vor Freude, denn ich war überzeugt, daß jenseits dieser Mauer meine Landsleute zu finden seien. Wenn ich mich in dieser Voraussetzung nicht täuschte, konnte ich sie wahrscheinlich ohne alle Gefahr für mich und sie befreien. Es galt also, durch die Mauer zu kommen. Wir mußten Steine aus derselben brechen. Aber womit? Wir hatten keine anderen Werkzeuge als unsere Messer. Die Löcher bildeten gute Ansatzpunkte für dieselben; aber der Mörtel war eisenhart, und nach einem kurzen Probieren kamen wir zu der Überzeugung, daß wir wahrscheinlich den ganzen Tag zu arbeiten hätten, um nur einen Stein aus den Fugen zu lösen. Dennoch machten wir uns an die Arbeit; wir hatten ja nichts weiter zu tun, da wir am hellen Tag
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