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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II
Autoren: Karl May
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augenblicklich, um deine Wünsche zu erfüllen. Meine Hand soll die deinige nicht eher berühren, als bis ich dir soviel Gold gebracht habe, wie du brauchst, um alle deine Wünsche zu erfüllen!“
    Das wirkte; denn sie rief aus:
    „Könntest du das wirklich? So viel Gold mir bringen?“
    „Ich kann es.“
    „Und spielt Melton wirklich ein falsches Spiel mit mir?“
    „Prüfe ihn, indem du verlangst, deinen Vater zu sehen; aber sag ihm nichts davon, daß du mit mir gesprochen hast!“
    „Gut, ich werde ihn auf die Probe stellen, und hält er mir nicht Wort, so werde ich ihn augenblicklich verlassen und zu dir kommen.“
    „Das wird er nicht zugeben, sondern dich zwingen, bei ihm zu bleiben.“
    „Was hätte ich in diesem Fall zu tun?“
    „Nichts weiter als zu warten, denn ich fordere dich von ihm. Er befindet sich in unseren Händen. Wenn er es wagte, dich ohne Erlaubnis auch nur zu berühren, würde ich ihn töten. Komm, bis du dich entschlossen hast, an jedem Abend um dieselbe Zeit hierher. Wenn du nicht erscheinst, nehme ich an, daß dir etwas geschehen ist, und werde augenblicklich zu ihm gehen, um dich von ihm zu fordern.“
    „Wirst du aber auch Wort halten?“
    „Die ‚Listige Schlange‘ ist klug gegen alle Menschen; dich aber wird sie nie betrügen; du kannst dich auf mich verlassen. Howgh!“
    Er wendete sich nach diesem indianischen Bekräftigungswort zum Gehen, ohne ihr die Hand gegeben zu haben. Sie ließ ihn drei oder vier Schritte fort, da sprang sie auf, ihm nach, schlang die Arme um seinen Hals; ich hörte das Geräusch eines Kusses; dann kam sie schnell zurück und setzte sich wieder auf den Stein. War dies Berechnung, plötzliche Gefühlswallung oder eine Art Pränumerandodank für das Gold, welches er ihr versprochen hatte? Vielleicht ein wenig von allen dreien. Er blieb überrascht stehen, kehrte dann langsam zu ihr zurück und sagte:
    „Die weiße Blume hat mir freiwillig gegeben, was ich mir jetzt noch nicht erbeten hätte. Sie mag bedenken, daß sie sich von jetzt an von keinem anderen liebkosen lassen darf. Sobald es Tag geworden ist, stelle sie Melton auf die Probe, um sich zu überzeugen, daß er ihr nicht Wort halten wird. Morgen abend bin ich dann wieder hier, und wehe Melton, wenn er ihr ein Leid getan hat. Zum Dank aber für ihren Kuß will ich ihr etwas mitteilen, was sie sonst wohl nicht erfahren würde. Von den Bleichgesichtern, welche wir hierher führten, ist eins entkommen; es war ein hoher, starker Mann, den die weiße Blume kennen wird.“
    „Ich kenne ihn.“
    „Ja, du kennst ihn, und zwar besser, als du die anderen kanntest.“
    „Woher weißt du das?“
    „Das Auge, mit welchem er dich bewachte, hat es mir gesagt. Du hattest ihn lieb?“
    „Nein. Er ist mir nachgelaufen.“
    „Dann wird es dich nicht betrüben, wenn ich dir sage, daß er tot ist.“
    „Tot? Woher weißt du das?“
    „Die beiden Wellers haben ihn verfolgt und erschlagen. Die Geier werden seinen Leib nun schon gefressen haben.“
    Sie saß eine Weile stumm; dann rief sie aus:
    „Es ist so ganz recht gekommen. Er war mir widerwärtig, und nun bin ich ihn los!“
    „Ja, er wird nicht zurückkehren; ich aber bin morgen wieder hier. Howgh!“
    Er entfernte sich. Sie blieb sitzen, nachdenklich und ohne sich zu bewegen. Dann schnippte sie mit den Fingerspitzen, wie man es macht, wenn man eine Grille, einen unangenehmen Gedanken verjagt, und begann, leise vor sich hin zu trällern. Es war die Melodie eines alten Gassenhauers. Als sie aufstand und fortging, hätte ich ihr nur zu folgen brauchen, um den Aufstieg nach dem Plateau schnell kennenzulernen; es fiel mir aber nicht ein, dies zu tun, denn ich kannte das Indianerleben zu genau, um nicht zu wissen, daß die ‚Listige Schlange‘ sich nicht ganz entfernt hatte. Er folgte ihr jedenfalls von fern, um sie heimlich zu begleiten, bis sie oben angekommen war. Er konnte sogar Veranlassung finden, oben zu bleiben, weshalb mir die Vorsicht gebot, heute lieber auf die Rekognoszierung zu verzichten, als mich und mein Unternehmen in Gefahr zu bringen. Ich kehrte also nach der Höhle zurück, auch so ganz zufrieden mit dem Ergebnis meines kurzen, nächtlichen Schleichganges.
    Wenn ich alles, was ich erfahren hatte, summierte und überlegte, welche Vorteile ich daraus ziehen konnte, so brachte ich jetzt einen viel größeren Nutzen mit, als ich bei dem Ausgang beabsichtigt hatte. Die Kenntnis des Weges konnte ich mir später auch holen; heute brauchte
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