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3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition)

3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition)

Titel: 3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition)
Autoren: Alexander Kamps
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92 Kilometer meiner Pilgerreise, auf die Reise ans Ende der Welt. Die Etappe wird wirklich spannend. Mit Einbruch der Dunkelheit zieht ein Gewitter auf und es regnet immer wieder, aber zum Glück nie zu heftig.
     
    Ich muss durch einige Wälder, es ist stockfinster und nie habe ich in den letzten dreieinhalb Monaten meine Stirnlampe mehr gebraucht als heute Nacht. In den galicischen Wäldern soll es sogar noch Wölfe geben, aber meine Selbstgespräche machen mir Mut und nehmen mir ein wenig das Gefühl der Einsamkeit. Irgendwie schade, dass ich der Einzige aus unserer Gruppe bin, der noch bis Fisterra weiterpilgert. Für die anderen war ihr Weg in Santiago vorbei. Aber vielleicht ist es auch gut für mich, nochmal alleine zu sein. Nur Carmen ist noch mit ihren Eltern und ihrem Freund, mit denen sie sich in Santiago getroffen hat, mit dem Auto weitergefahren an den Atlantik.
     
    Marianne hat ihr übrigens ihren Pil gerstock anvertraut, mit der Bitte, ihn am Kilometerstein 0,00 abzustellen.
     
    Als ich eine Pause in einer Bar mache , treffe ich zwei Pilger, die hier ihre Etappe beenden wollen. Einer von ihnen, der Franzose Jean Francoise, ist in der Bretagne in Frankreich aufgebrochen, hat also auch schon einige Kilometer in den Beinen.
     
    Bei Blitz und Donner führt mich der Weg über freies Feld und mir fällt wieder ein, dass man doch offenes Gelände eigentlich meiden sollte bei Gewitter. In einem sehr schönen mittelalterlichen Dorf, das ich gerne bei Tageslicht gesehen hätte, muss ich dann auch noch über eine uralte steinerne Bogenbrücke.  Weil immer noch ständig Blitze abgehen und ich langsam Paranoia bekomme, überquere ich die Brücke lieber in gebückter Haltung. Zwei Tage vor meinem endgültigen Ziel will ich nicht wirklich noch von einem Blitz gebraten werden.
     
    Alleine bei Gewitter die halbe Nacht durchzulaufen, lässt diese Etappe zu einem einmaligen Erlebnis und zu der wahrscheinlich spannendsten Etappe meiner gesamten Pilgerreise werden. Gegen 02:00 Uhr erreiche ich völlig erschöpft, aber um ein weiteres Abenteuer reicher, mein Ziel und übernachte in meinem Schlafsack unter dem Vordach der Herberge, in der um diese Zeit, wer hätte das geahnt, natürlich kein Bett mehr frei ist.
     
     
     
    Fazit des Tages: Nachts zu laufen kann ziemlich spannend sein!
     
     
     

Samstag, 30. August, 110. Tag:
     
     
     
Negreira - Olveiroa, 34 km
     
     
     
    Vorletzte Etappe meiner Pilgerreise! Ich gehe entsprechend meiner späten Ankunft erst spät los und werde quasi wieder mal als einer der Letzten aus der Herberge gekehrt. Unterwegs treffe ich zu meiner großen Freude Brigitta und Sabina, die ebenfalls noch bis Fisterra pilgern. Mit ihnen und mit Margrit (65, aus Kamp Lintfort am Niederrhein) laufe ich die letzten Kilometer dieser langen Etappe zusammen. Gegen 20:00 Uhr erreichen wir die urige Herberge von Oveiroa.
     
    Selbstverständlich gibt es um diese Zeit auch hier kein Bett mehr, aber wir dürfen im Esszimmer unser Nachtlager aufschlagen. Auf die letzte freie Matratze in dem Matratzenlager hat zuvor jeder von uns dankend verzichtet, weil es in einem ehemaligen Kuhstall untergebracht ist, was wohl den etwas strengen Geruch erklärt. Als ich bei meiner Ankunft ein paar Italienern anscheinend zu bemitleidenswert auf ihre Spaghetti schiele, laden sie mich prompt zum Essen ein. Es ist noch jede Menge übrig und sie sind sowieso schon satt.
     
     
     
    Der letzte Abend vor dem endgültigen Ende meiner Reise, vor meiner Ankunft am Atlantik…!
     
     
     

Sonntag, 31. August, 111. Tag:
     
     
     
Olveiroa - Finisterre, 35,5km - letzter Tag!!!
     
     
     
    Das ist dann also wirklich die letzte Etappe meiner Pilgerreise. Wie passend, dass ich nach genau 111 Tagen an einem Sonntag, dem letzten Tag des vierten Monats meiner Pilgerreise, und nach der längsten Etappe meiner ganzen Reise am Ende der Welt ankommen werde! Zur Feier des Tages wird es noch mal richtig anstrengend, aber ich werde wieder mit schönen Landschaften entschädigt.
     
    Noch einmal werde ich von Fliegen und Mücken belästigt, die mich aber mittlerweile nicht mehr um den Verstand bringen können, und noch einmal werde ich von Schmetterlingen eskortiert. Noch einmal habe ich während meiner vorletzten Pause die Gelegenheit, mein Essen zu teilen: Eine Katze streift so lange schnurrend und bettelnd um meine Beine herum, bis ich mich erweichen lasse und ihr ein paar Häppchen von meinem Käse-Bocadillo abgebe.
     
    Als Dank
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