Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
36 - Die Omen von Kregen

36 - Die Omen von Kregen

Titel: 36 - Die Omen von Kregen
Autoren: Alan Burt Akers
Vom Netzwerk:
meine Ausrüstung, ohne Nath anzuschauen. Csitra starrte noch immer auf mich, die Jadeschlitze ihrer Augen betonten die Blässe des Gesichts. Sie war von einem kaum merklichen Dunst umgeben; vermutlich hatte sie sich, ihren Thron und ihr Gefolge mit einer Schutzhülle umgeben.
    Welche Gedanken gingen ihr durch den Kopf?
    In ihrer Macht war sie ernsthaft geschwächt worden. Das Kharma ihres Kindes stand ihr zur Verstärkung der eigenen Fähigkeiten nicht mehr zur Verfügung.
    Litt sie noch immer unter der leidenschaftlichen Zuneigung zu mir, die ihr verrücktes Gehirn befallen hatte? Oder würde sie mich jetzt hassen und verabscheuen, weil ihr Kind nicht mehr existierte?
    Auf den Trümmern des Saales balancierend, schob ich den verwundeten Chulik einem seiner Artgenossen in die Arme.
    »Kümmere dich um deinen Gefährten, Chulik!« fauchte ich ihn an, und er ergriff den Verwundeten und stieg weiter dem Licht der Sonnen entgegen.
    »Weiter! Weiter!« rief ich. Mit heftiger Bewegung, die keine Widerworte duldete, scheuchte ich Nath und Seg weiter. Seg wollte zu mir herabkommen, aber ich sagte: »Ich muß es tun, Seg.«
    »Bleib nicht lange. Das ist alles. Sonst komme ich dich holen.«
    Guter alter Seg! So war ich schließlich allein auf dem qualmenden Trümmerhaufen und starrte auf Csitra hernieder, die meinen Blick finster erwiderte.
    In diesem angespannten Augenblick, davon bin ich ehrlich überzeugt, tat sie mir wirklich leid.
    Sie war von Phu-Si-Yantong auf den Weg des Bösen geführt worden – bestimmt aber auch von ihren eigenen Leidenschaften. Der Teufel hatte sie in Versuchung geführt, und sie war ihm erlegen. Aber nun war ihr Mann tot, ebenso ihr Kind. Ich wußte nicht, ob sie andere Kinder hatte. Ihre Träume waren verflogen. Sie war allein.
    Eine Schuttlawine setzte sich in Bewegung und knallte weiter seitlich auf den Marmorboden. Ich beachtete die Störung nicht. Noch immer starrte sie zu mir herauf, und ich schwöre, ein heller Glanz entflammte den smaragdenen Augenschlitzen. Wenn sie jetzt ihr Kharma ausschickte und mich hier und jetzt vernichtete ... Aber sie mußte eingesehen haben, wie sinnlos das war. Sie wußte bestimmt, daß sie keine Chance hatte gegen drei Magier, die augenblicklich durch mich ihr Kharma ausschicken und die lodernde Königin von Gramarye gegen sie entfesseln würden.
    Mit einem metallischen Knirschen begann sich der grüne Vorhang zu schließen: vor dem Thron und seiner Pracht und Csitra, der Hexe aus Loh.
    Kurz bevor sich die beiden Stoffbahnen trafen und sie meinem Blick entrissen, hörte ich ihren Ruf durch das Poltern eines einstürzenden Palasts:
    »Trotz allem, Dray Prescot, gebe ich meinen Anspruch auf dich nicht auf. Darauf verzichte ich niemals!«
    Sie war fort; der Vorhang bebte noch etwas nach.
    Ein ohrenbetäubendes Krachen, das sich anhörte, als bräche die ganze Welt auseinander, lenkte meine Aufmerksamkeit endlich auf die Ereignisse ringsum. Rauch und Staub verdunkelten die Luft. Säulen stürzten ein wie Spielsteine. Kov Loriman kniete noch immer vor der toten Dame Hebe. Vage erblickte ich ihn durch den Qualm, als sich plötzlich der Boden vor ihm öffnete wie von einem Messer durchtrennt. Die Marmorfläche kippte fort. Dame Hebe verschwand in der Tiefe, und Loriman kniete dicht am neu entstandenen Abgrund.
    Wie im Gebet streckte er beide Arme aus.
    Es hätte zwar nicht seinem Charakter entsprochen, doch wäre ich nicht überrascht gewesen, wenn er hinter der Dame her in die Tiefe gesprungen wäre.
    Ich eilte über mehrere große Trümmerbrocken und erreichte ihn schließlich. Er stand auf und bewegte sich mit der Steifheit eines uralten Mannes. Ich durfte jetzt kein Risiko eingehen. Ich hatte Pläne mit diesem Mann, weitreichende Pläne, und es hätte mich sehr verärgert, wenn er sich mir entzogen hätte, indem er sich selbst umbrachte.
    So versetzte ich ihm einen Hieb aufs Kinn, fing ihn auf und warf ihn mir über die Schulter.
    Übelriechende Dämpfe entstiegen der Spalte, die Dame Hebe verschlungen hatte. Der Balkon, auf dem Csitra saß, mochte in diesem Saal der einzige Teil sein, der von ihr erschaffen worden war; der Rest, der Phunik entstammte, war in Auflösung begriffen. Ich lud mir Loriman wie einen Sack Kartoffeln auf und kletterte über die Trümmer auf die Schuttschräge zu, die in die Freiheit und das Licht der Sonnen führte; dabei spürte ich, wie der Boden unter meinen Füßen zu rucken begann.
    Mauerstücke, Steine aus der einbrechenden Decke
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher