Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
36 - Die Omen von Kregen

36 - Die Omen von Kregen

Titel: 36 - Die Omen von Kregen
Autoren: Alan Burt Akers
Vom Netzwerk:
nächsten Morgen gründlich gewaschen und ordentlich angekleidet hatte, setzte man ihm Brei mit rotem Honig, drei gebratene Eier mit einem riesigen Stück Brot und einen irdenen Teller Palines vor – eine Mahlzeit, auf die er mit dem Vorwurf reagierte, man wolle ihn wohl aushungern. Zunächst wurde er dem Divisionskommandanten Chuktar Enar Thandon vorgeführt, einem adretten, forschen Mann, einem Strom mit kurzgeschnittenem Schnurrbart, einem Mund wie einer Wunde, und Augen, deren Blicke nach Aussage der einfachen Swods auch die festeste Rüstung durchbohren konnten. Bei einer so schwerwiegenden Anschuldigung saßen Chuktar Thandon die beiden anderen Brigadekommandanten zur Seite. Aus zusammengekniffenen Augen starrten sie Jiktar Nath Javed an – der sich sonst sehr wenig um die hohen Herren scherte.
    Das Verhör wurde von einem beinahe stummen Xaffer aufgezeichnet, der in einer offenbar selbstgeschaffenen Kurzschrift Notizen erstellte, mit deren Hilfe er später einen vollen Bericht verfassen würde. Wachen standen an den Türen und Fenstern des Kommandantenzimmers – halb Büro, halb Wachstube. Hier fand sich der Kommandant nach Art der Churgurs stets in voller Rüstung und mit sämtlichen Waffen ein.
    Das Verfahren begann mit der Aussage verschiedener Zeugen, wonach der Metallkasten voller Gold- und Silbermünzen gewesen sei und sich jetzt leer zeigte. Andere Zeugen beschworen, daß sie den alten Hack-und-Stich zu dieser und jener Zeit an diesem und jenem Ort gesehen hätten. Die Beweise häuften sich gnadenlos.
    Schließlich bellte Nath Javed: »Ich leugne ja nicht, mir das Bargeld geliehen zu haben ...«
    »Geliehen!«
    »Aye, geliehen.«
    Der alte Hack-und-Stich hatte als Jiktar sämtliche zehn Rangstufen durchlaufen. Normalerweise befehligte ein Jiktar ein Regiment. Als Zan-Jiktar stand ihm der Wechsel in den Chuktar-Rang bevor, der mit dem Ob-Chuktar begann. Chuktare führten normalerweise Brigaden und andere größere Formationen. Warum der alte Hack-und-Stich diese ihm eigentlich zustehende Beförderung nicht erhalten hatte, war hier und jetzt nicht erkennbar. Jedenfalls mußte dieser Umstand ihn sehr gestört haben.
    »Du bist Jiktar, Nath«, sagte Enar Thandon. »Zan-Jiktar. Willst du behaupten, du hättest so viele Schulden aufgehäuft, daß du sie allein nicht mehr bezahlen kannst?«
    »Keine Schulden ... Nun ja, nicht nur Schulden.«
    »Du gibst doch aber zu«, wandte Ongarr Fardew ein, Brigade-Chuktar der Bogenschützen, »daß du das Geld gestohlen hast?«
    »Nein, du Fambly! Ich habe es lediglich ausgeliehen ...«
    »Mäßige dich, Nath. Wir sind hier unter Freunden.«
    »Freunde?« Hack-und-Stich spuckte dieses Wort förmlich aus. »Daran möchte ich doch zweifeln. Freunde würden sich anhören, was ich zu sagen habe, bei Vox, und keine voreiligen Schlüsse ziehen!«
    »Wir wollen hier nicht über dich urteilen.« Enar Thandons Tonfall war ebenfalls forscher geworden. Noch schärfer fügte er hinzu: »Noch nicht!«
    »Es handelt sich lediglich um eine Untersuchung, die die Schuldfrage klären soll«, sagte Chuktar Ongarr Fardew mit neutraler Stimme. Nath Javed runzelte die Stirn und wollte schon eine klare Antwort hinausbrüllen, als Enar Thandon ihn mit seiner klaren, präzisen Stimme unterbrach.
    »Du gibst also zu, daß du das Geld aus der Kasse genommen hast. Du gibst zu, Schulden zu haben, die du nicht begleichen kannst. Ich finde, Offizieren von Ehre bleibt nichts anderes übrig, als dich schuldig zu finden.«
    »Ich habe das verdammte Geld nicht gestohlen ...«
    »Deine Taten lassen aber keine andere Deutung zu.«
    »Einverstanden.« Das Ermittlungskomitee kam zu einem einstimmigen Beschluß.
    Es folgten noch weitere Formalitäten, auf die nicht verzichtet werden konnte, wenn ein Verfahren dieser Art nicht später angefochten werden sollte, dann gab das Komitee Befehl, den alten Hack-und-Stich wieder in seine Zelle zu schaffen.
    Danach erhob sich auch das Komitee, um sich seinen anderen Pflichten zu widmen; dabei sagte Enar Thandon: »Unser neuer Herrscher legt großen Wert darauf, daß bei der Rechtsfindung nichts übersehen wird; da überlegt man sich jeden Schritt zweimal.«
    »Aye«, antwortete Chuktar Borin, der die 31. Brigade unter sich hatte. »Man könnte fast den Eindruck gewinnen, wir hätten uns nach unserem Sieg über Hamal von der dortigen Seuche der Gesetze und Gesetzeshüter anstecken lassen.«
    »Hamal«, sagte Enar Thandon mit einer gewissen Herablassung. »Ach das!
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher