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34° Ost

Titel: 34° Ost
Autoren: Coppel Alfred
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Gelände wie jeder andere Punkt des Wüstengebietes. Nichts erinnerte an das Blutbad und an die Tatsache, dass hier, an diesem Ort, die Zündschnur eines Weltbrandes entfacht worden war.
    Mühsam stieg Tate aus und ging zu Bailey, Seidel und Ulanin, die beim U-Wagen standen. Ein Technikerteam hatte den Antennenspiegel wieder abgeladen und montierte ihn neuerlich auf dem Dreibein.
    Tate sprach den perplexen Funkoffizier an, einen Captain, der Talcott Bailey wie ein dem Grab entstiegenes Phantom anstarrte. Offenbar kannte bereits das gesamte amerikanische Kontingent Fowler Beals Rede. Da diese praktisch einer Kriegserklärung an die Sowjetunion gleichkam, war eine gewisse Unruhe über das Auftauchen General Ulanins zu erwarten, und Tates Ankündigung der sowjetischen Kolonne hätte bei weniger disziplinierten Einheiten leicht Verwirrung auslösen können.
    »Was haben wir als Relais?« fragte er ungeduldig.
    Mit einem vielsagenden Seitenblick auf Ulanin antwortete der Captain zögernd: »Für die nächsten sechzehn Minuten ist Midas 34 in Sicht, Sir. Wir könnten aber auch warten, bis Samos 60 in einer halben Stunde über dem Horizont erscheint. Das ist ein neueres Satellitenmodell, und wir hätten eine bessere Qualität der Bildübertragung …«
    »Schließen wir gleich an, Captain. Wir haben keine einzige Minute zu verlieren.«
    Der Offizier trat näher heran und flüsterte Tate zu: »Sir – ich meine, wir sind praktisch in Kriegszustand mit denen …«
    »Das werden wir wirklich sein, wenn Ihre Leute sich nicht von den fetten Hintern erheben und die Antenne aufstellen!«
    Colonel Seidel, der wegen seiner stark angeschwollenen Lippen nur undeutlich sprechen konnte, sagte: »Soeben trifft Rostow ein, Mr. President.«
    Die Worte ›Mr. President‹ schienen den Funkoffizier zu elektrisieren. Er eilte zu seinem Team und legte beim Einrichten der Antenne selbst Hand an.
    Tate wandte sich zu Ulanin. »Juri, Ihre Funkgruppe soll neben unserer parken und sich in die Leitung einschalten. Habt ihr einen Satelliten in der richtigen Position für eine Direktübertragung nach Moskau?«
    »Ich glaube, ja.« Ein grimmiges Lächeln glitt über das Gesicht des Russen. »Und wenn nicht – ein neues Borodino?«
    »Noch viel schlimmer, Juri.«
    Anatolij Rostows Wagen hielt auf der Straße, der Stellvertretende Ministerpräsident stieg aus, ging rasch auf Talcott Bailey zu und begann ohne Umschweife: »Mr. Bailey, wir halten den Offizier, der es verabsäumte, Sie vor der drohenden Gefahr zu warnen, in der Zentralen Zone in Gewahrsam. Ebenso sein Personal. Ich möchte, dass Sie mit ihnen sprechen, damit Ihnen diese Idioten selbst sagen, wie es zu dieser schrecklichen Sache kommen konnte. Und wenn Sie, Mr. Bailey, es wünschen, wird es mir ein Vergnügen sein, die Schuldigen erschießen zu lassen.«
    »Ich hoffe, dass niemand mehr sein Leben einbüßen wird«, entgegnete Talcott Bailey. »Deshalb sind wir und Sie hier, in der gemeinsamen Hoffnung auf die Erhaltung des Friedens.«
    Bill Tate trat zur Seite. Im Licht der vergangenen und der möglichen künftigen Ereignisse klangen Baileys Worte hochtrabend. Aber das war eben seine Art. Daran würde auch seine Nachfolge in das Amt des Präsidenten der USA nichts ändern. Nein, auch auf den Ruinen seiner Nation würde er nicht anders sprechen.
    Der General hörte Rostow in etwas mühsamem Englisch sagen: »Mr. Bailey, ich muß Sie warnen, dass es bereits zu spät sein könnte. Auch wir in der Sowjetunion haben ›Falken‹.«
    Tate warf Ulanin einen beziehungsvollen Blick zu, und der alte General zuckte leicht die Achseln, als wolle er sagen: »Politiker!«
    Der Funkoffizier kam gelaufen und meldete: »Sir, wir haben Verbindung. Ob die dort« – verächtlich musterte er die sowjetischen Techniker, die erst ihre Antenne einrichteten – »auch schon fertig sind, weiß ich nicht.«
    »Arbeiten Sie mit Weitwinkelobjektiv«, befahl Tate. »Man muß sehen, dass der Präsident sich völlig frei bewegen kann. Und lassen Sie den Monitor für den Empfang im Wagen, damit nur der Präsident allein seine Gesprächspartner sieht.« Niemand konnte wissen, wie Admiral Ainsworth auf die Botschaft reagieren würde, und Tate wollte vermeiden, dass die Russen Zeugen dieser Unterredung wurden, nicht einmal Juri Ulanin. Bei all seinem geradezu manischen Hass auf Kommunisten und Pazifisten war Stuart Ainsworth immerhin ein Vier-Stern-Offizier der US Navy und überdies der höchste militärische
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