Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
34 Kurz-Krimis (German Edition)

34 Kurz-Krimis (German Edition)

Titel: 34 Kurz-Krimis (German Edition)
Autoren: Neal Chadwick
Vom Netzwerk:
Augen und wurde rot. Eine alte Krankheit von mir. Ich kann nichts dagegen machen. "Welche Loretta?"
    fragte ich.
    "Wir haben doch nur eine Loretta hier im Ort. Loretta Grayson."
    "Oh."
    "Sie sind eigentlich noch ein bißchen jung für Gedächtnisschwund!"
    "Liegt wohl daran, daß ich schon viel mitgemacht habe."
    Es war keine besonders intelligente Antwort, das gebe ich zu, aber mir fiel halt nichts besseres ein. Und außerdem konnte ich ihren unterschwellig tadelnden Tonfall nicht ausstehen. "Wie möchten Sie Ihre fünfzig? So wie immer?"
    "Wie immer", nickte sie. Manchmal hatte ich das Gefühl, daß sie nur in die Bank kam, um mit jemandem zu reden.
    Deswegen hob sie ihre Rente in Fünfzig-Dollar-Raten ab. Wenn man so darüber nachdachte, dann war es schon ziemlich traurig.
    Sie fing wieder an, von Loretta zu reden, obwohl ich gehofft hatte, daß sie damit aufhören würde. Aber die Sache schien Mrs. Cross ziemlich zu beschäftigen.
    Mich auch.

    Und das war auch der Grund dafür, daß ich nicht darüber reden wollte.
    Aber Mrs. Cross kümmerte das nicht. Ihre Worte plätscherten wie ein Wasserfall.
    "Was denken Sie darüber?" erkundigte sie sich.
    "Ich weiß nicht."
    "Man hört jetzt soviel von diesem Wahnsinnigen. Sie wissen schon..."
    "Hm."
    "Ich meine den, der seinen Opfern den Kopf abhackt..."
    Die Sache hatte groß in der Zeitung gestanden. Fünf Leichen, alle geköpft. Die Köpfe hatte man nie gefunden.
    Genau der richtige Stoff, um alten Frauen den Schlaf zu rauben und ihnen einen Grund zu geben, sich das Maul zu zerreißen.
    Und was war mit jungen Frauen?
    Ein anderes Thema.
    Ihre faltige Haut wirkte irgendwie reptilienhaft. Die Gläser ihrer Brille waren nahezu flaschendick.
    "Sie haben sie doch ganz gut gekannt, oder?" fragte sie.
    Ich zuckte etwas zusammen. Mein Gott, ich stierte sie an wie ein Alien-Monster, das direkt von einer stockigen Leinwand heruntergestiegen war.
    "Wen?" fragte ich und schluckte. Ich konnte ihren Blick durch die dicken Brillengläser nicht sehen. Nur die tiefen Furche auf ihrer Stirn.
    "Na, Loretta! Oh, Gott, jetzt rede ich schon in der Vergangenheit von ihr!"
    Ich sagte: "Machen Sie sich keine Sorgen um Loretta."
    "Meinen Sie?"

    "Ganz bestimmt?"
    "Ja. Ich habe sie heute morgen noch gesehen."
    "Wirklich?"
    "Hören Sie, ich habe noch zu tun."
    "Ja, sicher..."
    "Bis zum nächsten Mal, Mrs. Cross!"
    Sie humpelte davon. Ich atmete tief durch. Und dabei registrierte ich, daß Mrs. Cross einen sehr kurzen Hals hatte. Ich weiß auch nicht, warum mir das in diesem Moment auffiel. Ja, ein sehr kurzer Hals war das Ich war ziemlich müde, als ich nach Hause kam. Das Haus hatte ich geerbt. Für mich allein war es viel zu groß, aber streng genommen lebte ich auch gar nicht allein. Das Haus war immer voller Freunde.
    Immer.
    Ich atmete tief durch, als ich die abblätternde Fassade sah. Mein Gott, das Haus brauchte mal wieder einen Anstrich.
    Vielleicht im nächsten Frühjahr.
    Vielleicht...
    Ich schloß die Tür auf.
    "Hallo?" rief ich. Dann legte ich den Schalter um. Der Strom ging an.
    Das Licht auch.
    "Loretta?" fragte ich. Sie hatte die Augen geschlossen. Sie sah so friedlich aus, wenn sie die Augen geschlossen hatte. Ich ging zum Tisch, wo ich meine Apparatur aufgebaut hatte und legte einen Hebel um.
    Etwas surrte.
    Und es stank ein bißchen verschmort.

    Loretta machte die Augen auf.
    "Schön, daß du wieder da bist."
    "War anstrengend heute in der Bank."
    "Hat dir Mister Bascomp wieder zugesetzt?"
    "Dieser Mann ist die personifizierte Nervensäge!"
    "Mach dir nichts draus, Billy."
    "Tu ich nicht."
    "Irgendwann liegt Mister Bascomp unter der Erde und du bist Direktor!"
    Ich zuckte die Achseln und machte ein ziemlich skeptisches Gesicht.
    "Der ist ziemlich zäh."
    "Du doch auch, oder?"
    "Naja, geht so!"
    Dann zischte es und ich fluchte vor mich hin. Weißer Qualm stieg auf. In meiner Apparatur gab es einen Kurzen. Loretta schloß die Augen. Sie schloß die Augen, als würde sie sagen wollen: "Welcher erwachsene Mann verbringt seine Zeit schon damit, solche Apparaturen zu bauen?" Aber sie sagte es nicht. Und sie sagte auch nicht, daß ich mit dem Zeug auf dem Tisch vermutlich irgendwann mir selbst das Dach überm Kopf anzünden würde...
    Sie sagte nichts.
    War auch am besten so. Aber das war das Gute an ihr. Sie wußte einfach, wann sie den Mund halten mußte.
    Von vielen kann man das nicht sagen.
    Am nächsten Tag stand etwas von einer Leiche in der Zeitung.

    Sie war ganz in der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher