Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
331 - Verschollen in der Zeit

331 - Verschollen in der Zeit

Titel: 331 - Verschollen in der Zeit
Autoren: Manfred Weinland
Vom Netzwerk:
Gruppe Jugendlicher, die offenbar wie Nomaden durchs Land zieht, gestellt. Über Funk höre ich, wie er ihnen verkündet, dass sie zur Pyramide gebracht werden sollen. Er schließt mit den Worten: »Zuerst aber ein Test...«
    Ich weiß, was nun geschieht, obwohl mich gut dreißig Kilometer vom Ort des Geschehens trennen: AV-01 setzt das neurokinetische Modul aus dem zeitlosen Raum ein, das ich ihm zur Verfügung stellte. Er manipuliert die Gehirne der Gruppe. Ihnen wird eine virtuelle Schlacht um ihr Leben vorgegaukelt, ein Kampf, der für die Betroffenen absolut lebensecht wirkt, so real ist , dass sie in diesem Zustand sogar an den Folgen der geträumten Erlebnisse sterben können. Oder daran, dass sie sich im Netz der falschen Wirklichkeit verstricken.
    Nicht umsonst war dieses Artefakt mit einem Sicherheitshinweis und einer Sperre versehen, die ich erst entfernen musste.
    AV-01 berichtet mir von einem aus der Gruppe, dessen Geist offenbar immun gegen die virtuelle Täuschung ist. Ein Scan ergibt eine hohe Giftstoff-Konzentration in seinem Blut: Halluzinogene, die er sich mittels einer Pfeife selbst zuführt. Sie neutralisieren den neurokinetischen Einfluss. Bedauerlicherweise handelt es sich um jenen Mann, der das Tierimitat mit dem Modul bei sich trägt.
    »AV-01 an den Großen Herrn«, meldet AV-01. »Sklave entfernt sich von der Gruppe. AV-01 nimmt Verfolgung auf!«
    Wenig später hat er ihn am Rand einer tiefen Schlucht gestellt. Der Mann gibt irre Laute von sich und wirft das Tierimitat mit dem wertvollen Artefakt darin schließlich in den Abgrund.
    Ich weise AV-01 an, ein Exempel zu statuieren, obwohl die Gefährten des Mannes es nicht sehen und daher auch nicht daraus lernen können. Und obwohl auch ich es nur akustisch miterlebe, überläuft mich ein wohliger Schauer, als AV-01 den Dieb packt – und ihn dem Tierimitat hinterher in die Tiefe wirft.
    ***
    Trashcan Kid erwachte aus seinem »Kampftraum«. Ein wahrhaft ätzender Traum, in dem er sich mit bloßen Händen gegen eine wahnsinnig gewordene Taratze hatte behaupten müssen.
    Die Realität sah besser aus. Ein klein wenig besser zumindest
    Er brauchte eine Weile, um sich wieder zurechtzufinden, sah gerade noch Brainless Kid in der Ferne verschwinden, gehetzt von diesem Metalltypen, der plötzlich im Lager aufgetaucht war. Seltsam, er erinnerte sich kaum daran. Als wäre auch dies nur ein Teil seines Traums gewesen.
    Er wollte sich in Bewegung setzen und den beiden folgen. Paulie brauchte zweifellos Hilfe. Da erwachten um ihn herum auch die anderen nach und nach aus dem hypnotischen Bann, den das ätzende blaue Licht auf sie ausgeübt hatte.
    Trashcan winkte ihnen, sich ihm anzuschließen. Er zeigte dorthin, wo Brainless Kid verschwunden war.
    Aber Monsieur Marcel schüttelte nur heftig und eilte fast panisch in eine ganz andere Richtung: zu den Trikes.
    Peewee zögerte kaum zwei Sekunden, bevor sie sich ihm anschloss. Die anderen folgten nach kurzem Zögern: Ozzie, Loola, Johnny und Ayris Grover, die Soldatenbraut.
    Erst konnte Trashcan es nicht fassen, dass sie einen Freund im Stich ließen, auch wenn er noch nicht lange ihrer Gang angehörte. Doch dann kam ihm die Erkenntnis: Auch die anderen hatten einen Kampftraum erlebt – vielleicht sogar einen schrecklicheren als er selbst –, der noch in ihnen nachwirkte. Sie konnten sich nicht so einfach in die nächste Gefahr stürzen.
    Außerdem war fraglich, ob sie gegen einen Roboter überhaupt eine Chance hatten. Wenn er Brainless nach dem Leben trachtete, waren sie als Nächste dran. Entweder entkam Paulie ohne ihre Hilfe – oder er war so oder so erledigt. Das Gesetz des Dschungels eben. Und hey, sie waren im Dschungel!
    Obwohl er sich selten so mies gefühlt hatte wie in diesem Moment, lenkte auch Trashcan Kid schließlich seine Schritte zu den Trikes. Kurz darauf starteten die ersten Motoren.
    »Weise Entscheidung«, empfing ihn Monsieur Marcel.
    Sie ließen die Trikes anrollen.
    Trashcan Kid glaubte aus der Ferne einen langgezogenen Schrei zu hören.
    Paulies Todesschrei? Es überlief ihn kalt.
    Ayris Grover übernahm die Spitze, gab Gas. Trashcan ließ sich einfach mitziehen, als würde er von den anderen abgeschleppt.
    Was für’n Arsch , dachte er. Was für’n gottverdammtes Arschloch!
    Wen er damit meinte, wusste er allein.
    Es kam nur einer infrage. Der »große« Trashcan Kid, der so schnell nicht wieder in einen Spiegel schauen würde, weil er die verdammte Visage darin nicht ertragen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher