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317 - Die letzten Stunden von Sodom

317 - Die letzten Stunden von Sodom

Titel: 317 - Die letzten Stunden von Sodom
Autoren: Ronald M. Hahn
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sie hinter sich her. Unbehelligt tauchten sie in eine der Gassen ein.
    Grao bückte sich, schaufelten die sich an ihn klammernden Asseln mit beiden Händen beiseite und warf sie in das heranströmende Öl. Es klang wie eine MG-Salve, als sie explodierten und als brennende Fetzen gegen die Gebäudewände schlugen. Noel und den Rest seiner Streitmacht – Ismael und die Seherin waren schon verschwunden – riss es von den Beinen.
    Nun rannte Grao ebenfalls los. Die überlebenden Asseln nahmen seine Verfolgung auf, dem an ihm haftenden Gift hinterher.
    Das brennende Öl versickerte in den Löchern, aus denen sie sich an die Oberfläche gegraben hatten...
    ***
    Als die erste Explosion die Erde aufriss, wusste Matt mit erschreckender Klarheit, was passiert war: Das brennende Öl hatte eine der Gasblasen unter Sodom erreicht! Im schlimmsten Fall der Beginn einer Kettenreaktion!
    Der Boden bebte, tat sich hier und da auf. Ein Gebäude zu seiner Rechten – alt, nicht gut in Schuss – sackte in sich zusammen. Eine gewaltige Staubwolke breitete sich aus.
    Dann der nächste Knall. Xij hielt sich an Matts Ärmel fest. Sie liefen hustend weiter und gerieten in eine Woge aus Menschen und Getier. Alles rannte kopflos umher, etliche stürzten, andere stolperten über sie weg. Schließlich platzte der Boden unmittelbar vor ihnen auf und warf mehrere Gestalten hoch in die Luft.
    Auch die beiden wurden vom Luftdruck meterweit vorwärts geschleudert, fielen auf den Bauch und mussten sich erst aufrappeln, bevor es weitergehen konnte. Erde, Sand, Gestein: Alles flog ihnen um die Ohren.
    Inzwischen war das ganze Viertel auf den Beinen. Menschen sprangen aus Türen und Fenstern, andere standen mit offenem Mund da und stierten die Staubwolke an, die sich vom Marktplatz her in alle Straßen und Gassen ausdehnte.
    Plötzlich waren viele hundert Menschen auf der Flucht. Die Berittenen und jene, die auf Kutschböcken saßen, machten es den Fußgängern nicht leicht. Stände wurden umgerissen, Waren verteilten sich über die Straßen, Unvorsichtige wurden über den Haufen geritten oder überfahren.
    Wieder eine Explosion. Der Boden bebte. Dachziegel lösten sich und regneten herab. In der allgegenwärtigen Staubwolke war kaum noch etwas zu erkennen. Darum zuckte Matt heftig zusammen, als jemand seinen Arm packte und ihn herumriss. Instinktiv wollte er zuschlagen und erkannte im letzten Moment Grao, der zu ihnen aufgeschlossen hatte. Er hatte wieder Hermons Gestalt angenommen.
    »Zum Stadttor!«, brüllte der Daa’mure. »Bleibt hinter mir, ich mache den Weg frei!« Er wartete eine Antwort nicht ab und warf sich mit brachialer Gewalt in die Menge, wühlte sich hindurch. Matt zog Xij mit sich und blieb in seinem Kielwasser.
    Einmal hielt ein umgekipptes Fuhrwerk sie auf, dessen Kutscher sich bemühte, die Pferde loszumachen. Der Mob setzte einfach über seine Ladung hinweg – es waren Weinfässer.
    Vor dem Nadelöhr des Tores staute sich die Menge auf mehrere hundert Meter. Die Gefährten wichen seitlich aus, um zur Stadtmauer zu gelangen. Mit Graos Hilfe wollten sie sich daran herablassen.
    Sie befanden sich schon in Sichtweite der Mauer, als plötzlich mehrere bewaffnete Männer hinter ihnen auftauchten. Eine sehnige Hand erwischte Xijs Unterarm. Sie wurde herumgewirbelt und von den Beinen gerissen.
    Ehe Matt Grao mit einem Ruf zum Anhalten bringen konnte, erwischte es ihn selbst: Ein gemeiner Tritt in die Kniekehlen brachte ihn zu Fall. Er rollte herum – und erkannte über sich Melchior, den neuen König.
    Er war noch nicht dazu gekommen, sich in Samt und Seide zu kleiden, und man hatte ihn auch nicht in einer Sänfte hierher getragen. Er war auf der Flucht wie der Rest des Volkes; zerzaust und schmutzig, der Umhang, den er nun von seinen Schultern warf, zerrissen und blutig.
    Seine Begleiter waren Matt ebenfalls bekannt: Hauptmann Noels Gesicht wies zahlreiche Schrammen auf. Der Giftmischer Ismael konnte mit einem gebrochenen Nasenbein und zwei fehlenden Zähnen aufwarten. Alle drei schienen außer sich vor Zorn. Obwohl sie doch selbst die Katastrophe heraufbeschworen hatten, kreideten sie es offenbar den Fremden an, dass Sodom dem Untergang geweiht war.
    Für einen Moment saß Xij mit vor Überraschung offenem Mund am Boden. Dann sprang sie auf wie ein Kastenteufel und drehte sich. Die Krallen ihrer Rechten sausten auf Noels Gesicht zu, doch der Gardist erwischte ihren Umhang und zog ruckartig daran, sodass Xij aus dem
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