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317 - Die letzten Stunden von Sodom

317 - Die letzten Stunden von Sodom

Titel: 317 - Die letzten Stunden von Sodom
Autoren: Ronald M. Hahn
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der Seite von angeblichen Königsmördern hingerichtet zu werden.
    Kurzentschlossen wandte er sich an Grao und Xij. »Wir springen ab und kämpfen!«, rief er. »Lot soll versuchen durchzubrechen, wenn sich die Gardisten auf uns konzentrieren! Xij, sag ihm, er soll eine Stunde vor der Stadt auf uns warten! Keinesfalls länger!« Er wandte sich an Grao: »Dort treffen wir uns, falls wir getrennt werden.«
    Der Daa’mure nickte und Xij übersetzte.
    »Aber...«, begann Lot.
    »Geht«, sagte Xij drängend. »Wir stehen unter Gottes Obhut, und er wird auch euch schützen!« Und sie fügte in Gedanken hinzu: Dann hoffe ich mal, dass der Glaube wirklich Berge versetzt...
    Lot fügte sich, und nachdem die Gefährten vom Wagen gesprungen waren, ließ er die Pferde langsam angehen. Tatsächlich machten die Gardisten Platz; sie hatten offenbar nur den Befehl, die drei Fremden festzunehmen. Auch die Gaffer, die sich mittlerweile zu Dutzenden versammelt hatten, wichen auseinander und ließen sie durch. Fast so, als würde tatsächlich Gottes helfende Hand die Menge teilen.
    Kaum hatte das Fuhrwerk das Feld geräumt, erkannte Matt, wer die schlanke Frau mit dem schwarzen Haar war: Ismael, König Orloks Mundschenk. Ismael sagte etwas ins Ohr der Seherin, die herumfuhr und mit dem Finger auf Grao zeigte. »Da ist der Dämon!«, kreischte sie. »Tötet ihn!«
    Es ging alles rasend schnell: Matt und Xij griffen unter ihren Umhängen zu den Waffen, die Lot ihnen überlassen hatte, und hielten nach einem Fluchtweg Ausschau. Grao breitete die Arme aus und machte sich kampfbereit. Seine Finger verwandelten sich in lange Klingen.
    Einige der Gaffer schrien entsetzt auf. Die Gardisten zuckten zurück. Ismael hielt sich dicht hinter ihnen. An seiner rechten Schulter hing eine Art Rucksack, den er jetzt abnahm und über die Köpfe der Gardisten vor Graos Füße schleuderte.
    Klatsch! Irgendwas platzte. Eine farblose Flüssigkeit – Wasser? – ergoss sich über die Beine des verdutzten Daa’muren.
    Die Gardisten rissen ihre Säbel hoch. Ihr Anführer – es war Noel – rief etwas, das man nicht missverstehen konnte: »Bleibt, wo ihr seid! Geht nicht näher heran!«
    Dann begann der Boden zu beben. Das Volk schrie erneut auf. Grao machte einen Schritt zurück. Seine ganze Gestalt strahlte Unschlüssigkeit aus.
    »Was...«, hauchte Xij.
    »Ruhig.« Matt legte eine Hand auf ihren Unterarm. Momentan bedrohte sie niemand, alle starrten auf die Stelle, an der Grao stand. »Lass uns abwarten... Wir können nichts tun...«
    Im nächsten Augenblick brach der Boden vor Grao auf. Die Leute gerieten in Panik, viele liefen davon. Frauen klammerten sich an ihre Begleiter, Kinder an ihre Eltern.
    Dutzende Asseln krochen aus dem Erdreich hervor und strömten auf den Daa’muren zu.
    Matt begriff, dass es Melchiors Gift gewesen war, das Ismael in einer Schweinsblase geschleudert hatte! Der Grund dafür war offensichtlich: Er wollte den Daa’muren als Dämon enttarnen!
    Im gleichen Augenblick geschah es. Grao nahm seine Echsengestalt an! Ihm blieb keine andere Wahl, wenn er sich der Kreaturen erwehren wollte.
    Die Asseln hatten die Sodomiter schon übel erschreckt, doch die grünschuppige Echse, die dem Dämon Kroak wie aus dem Gesicht geschnitten war, gab ihnen den Rest.
    Ismael schrie triumphierend auf: »Da, seht! Die Fremden, die König Orlok ermordet haben, sind Dämonen! Tötet sie, auf der Stelle, oder die Götter werden euch strafen!«
    Einzelne Bürger hielten es für klüger, der dämonischen Echse stattdessen die Ehre zu erweisen: Sie sanken auf die Knie und huldigten ihr. Rottenführer Noel, der sich wohl mehr vor seinem neuen König fürchtete als vor der grässlichen Manifestation, entriss einem der Zuschauer eine Fackel und eilte zu einer der großen Schalen, die in Sodom da und dort auf Steinsäulen standen und dazu dienten, nachts für Helligkeit zu sorgen.
    »Was hat er vor?«, ächzte Matt – aber da war es schon zu spät.
    Das Öl in der Schale flammte auf. Noel brüllte zwei seiner Leute an, und mit vereinten Kräften kippten sie das Gefäß um. Das brennende Öl klatschte auf den Boden und lief auf Grao zu.
    Nur Sekunden später erreichte die flammende Lache die erste von Ismaels Gift aufgeblähte Assel. Sie explodierte wie ein Donnerschlag und schlug die letzten Gaffer in die Flucht.
    Augenblicklich herrschte Konfusion, auch unter den Soldaten.
    »Verdammt!« Matt packte Xijs Handgelenk. »Weg hier!« Er rannte los und zog
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