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302 - Wo der Wahnsinn regiert

302 - Wo der Wahnsinn regiert

Titel: 302 - Wo der Wahnsinn regiert
Autoren: Michelle Stern
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Rucksack ab, in dem auch ihr tibetanischer Kampfstock steckte, und suchte einen Weg durch den lichter werdenden Nebel.
    Sie kamen nur langsam voran. Matt machte immer wieder Pausen, um die Gegend mit dem Fernglas zu observieren, und ließ Xij dadurch Zeit zu verschnaufen. Vor ihnen stieg der Berg steil an. In einiger Entfernung war ein Weg zu sehen, den die beiden aus Sicherheitsgründen nicht benutzten. Sie wollten lieber unentdeckt bleiben. Zwischen den Bäumen gab es im Unterholz immer wieder weite Stellen und Durchgänge, die groß genug für sie beide waren.
    Als sie auf einem Felsvorsprung standen, riss der Nebel auf und Matt sah über sich das Schloss aufragen: Neuschwanstein – oder besser das, was davon übrig war. Mehrere weißgraue Türme bohrten sich in den dunkler werdenden Himmel. An einer Seite war ein Teil des Schlosses eingestürzt, doch die grobe Baumasse schien erhalten zu sein.
    Über Matts Rücken kroch trotz der sommerlichen Wärme ein kalter Schauer. Das Schloss war ein weiteres Relikt aus seiner Vergangenheit. Als er in Deutschland stationiert gewesen war, hatte er es sogar mit Jenny Jensen besucht. Sie hatten wegen des Wochenendes eine Stunde im Ticketcenter in der Stadt anstehen müssen und fast keinen Platz mehr für die Führungen bekommen.
    Die Erinnerung an Jennys Gesicht löste weitere in ihm aus. Seine Gedanken kehrten ungewollt in die nahe Vergangenheit zurück. Zu Jenny, Ann... und Aruulas Schwert, das aus ihrem kindlichen Körper ragte.
    »Lass mich auch mal«, flüsterte Xij und nahm ihm das Fernglas aus der Hand. »Du starrst schon seit zwei Minuten Löcher ins Nichts.« Sie hob den Riemen über Matts Kopf und blickte durch das Fernglas. Ein leises Schnalzen ließ Matt zusammenzucken. »Dachte ich’s mir doch. Du bestaunst die Architektur und übersiehst das Wesentliche.« Sie gab ihm das Fernglas zurück. »Vor uns sind Barbaren auf neun Uhr. Mindestens drei. Sie scheinen auf der Lauer zu liegen, um Reisende auf dem Weg zu überfallen.«
    Matt überprüfte den Hinweis, justierte das Glas und fand die Barbaren nahe am Wegrand. Sie trugen trotz der milden Temperatur dicke Lupafelle und Tiermasken. Über ihren Augen wölbte sich etwas, das wie eine Wolfsschnauze aussah. Lange verfilzte Haare hingen über ihre Schultern. Einige hatten Keulen und Netze dabei, als ob sie auf der Jagd wären. Matt zweifelte nicht daran, dass sie auch Menschen jagten, wenn es sich für sie lohnte.
    »Umgehen wir sie«, flüsterte Xij und zeigte nach oben an den Steilhang.
    Matt nickte zögernd. Das würde für Xij zwar anstrengend werden, aber er sah keine andere Möglichkeit. Die Barbaren kamen vermutlich nicht aus dem Schloss, sondern raubten jene Reisende aus, die dort Heilung suchten. Vermutlich waren sie den Schlossbewohnern feindlich gesinnt.
    ***
    Es begann bereits zu dämmern, als Matt und Xij sich lautlos in einem großen Bogen an den Barbaren vorbeigeschlichen hatten. Das Schloss war näher gerückt und der Eingang lag keine fünfhundert Meter mehr entfernt.
    Xijs Stirn war mit Schweiß bedeckt und ihre Brust hob und senkte sich hektisch, als bekäme sie nicht genug Luft. Jeder Schritt war mühsam, obwohl sie ihren ausgefahrenen Kampfstab zur Unterstützung wie einen Stock benutzte.
    Sie legten eine weitere Pause ein und Matt griff wieder nach dem Fernglas. Aufmerksam glitten seine Blicke umher, dennoch hätte er den Barbaren fast übersehen, der nur wenige Meter vor ihnen zwischen zwei Bäumen stand und vom Berg ins Tal blickte. Er hatte Matthew den Rücken zugewandt. Das graue Lupafell und das lange Haar verschmolzen mit den Schatten.
    Hastig legte Matt den Finger auf den Mund und zeigte in die Richtung. Xij verstand und nickte.
    Matt fluchte innerlich. Der Barbar stand genau zwischen ihnen und dem gepflasterten Aufgang zum Schloss. Wachen waren nicht zu sehen. Das Schloss schien überhaupt so still, als sei es verlassen. Hoffentlich residierte dieser Heiler überhaupt noch dort! Wenn er von den Wolfsbarbaren getötet worden war oder das Ganze sich als Hirngespinst der Truveers herausstellte, war Xij geliefert. Sie würde keine weitere Odyssee überstehen.
    Matt griff nach seinem Driller, ließ die Hand aber wieder sinken. Er wollte den Mann weder erschießen, noch dessen Begleiter durch die Explosivmunition auf sich aufmerksam machen.
    Mit Gesten bedeutete er der erschöpften Xij, an Ort und Stelle zu bleiben.
    Sie sah ihn fragend an. »Du willst ihn überwältigen?«, flüsterte sie. Matt
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