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3 Rittergeschichten - Erst ich ein Stück, dann du

3 Rittergeschichten - Erst ich ein Stück, dann du

Titel: 3 Rittergeschichten - Erst ich ein Stück, dann du
Autoren: Random House
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schlummerte bereits mitten im Hüpfflug ein. Und dann kam es durchaus vor, dass er sich am nächsten Morgen nicht in einem der Betten wiederfand, sondern in einer Pfanne auf dem Herd lag oder in der Öffnung des Plumpsklos steckte.
    Beides machte Gustav nicht sonderlich viel aus, denn in der Burg gab es niemanden, der sich ein Ei oder ein Steak in die Pfanne haute und Gustav versehentlich mitbriet. Auch das Klo war schon seit einer Ewigkeit nicht mehr benutzt worden und außerdem hatten Geister ohnehin keinen Geruchssinn.
    Eines Tages jedoch geschah das Unfassliche.
     
    Früh am Morgen wachte Gustav auf.
    Diesmal baumelte er im Kronleuchter,
    und das war gut so.
     
    Denn von dort aus sah er sofort, dass das Burgportal sperrangelweit offen stand. Ein gewaltiger Schrecken durchzuckte den kleinen Geist.
    Was, zum geköpften Ritter noch mal, ging hier bloß vor sich? War etwa über Nacht jemand in seine Burg eingedrungen?

    Langsam schwebte Gustav vom Kronleuchter herab und durchdrang den Fußboden. Als Erstes sah er im Verlies nach, aber dort war niemand. Danach schlüpfte er vorsichtig durch die Wand zum Gesindetrakt. Doch auch hier war alles so wie immer.
    Es wird sich doch wohl niemand in eins meiner Betten gelegt haben, dachte Gustav und sauste wie ein Kugelblitz quer durch den Fußboden und die Steintreppe bis ins obere Stockwerk hinauf.
    Nachdem er durch drei Betten gehüpft war, landete er plötzlich in etwas Warmem.

     
    „Aaah!“, brüllte Gustav. „Iiih!“
    „Ist ja toll“, sagte eine Stimme.
    „Ein sprechender Ball.“
    Gustav linste über sich, dorthin,
    woher die Stimme gekommen war.
    Ein breiter Mund mit vielen Zähnen darin
    grinste ihn an.
     
    Vor Schreck wurde Gustav so steif, dass er glatt das Weghüpfen vergaß. „W-wer bist du?“, stammelte er. „Jakob“, sagte der Mund, und bei genauerem Hinsehen bemerkte Gustav, dass an diesem Mund ein ganzer Junge hing, mit einem fröhlichen Gesicht, blitzenden blauen Augen, abstehenden Ohren und verstrubbelten dunklen Haaren. Und dieser Junge namens Jakob drehte ihn nun in seinen warmen Händen hin und her und betrachtete ihn neugierig von allen Seiten.
    „Du bist kein Ball“, stellte er schließlich fest.
    „Allerdings“, bestätigte Gustav. „Ich bin der Burgherr.
    Ich wohne schon seit über vierhundert Jahren auf dieser Burg.“

    „Wow!“, staunte Jakob. „Dafür hast du dich aber gut gehalten.“
     
    „Was denkst du nur!“, rief Gustav.
    „Ich bin ein Geist.
    Die halten sich ewig.
    Und jetzt erklär du mir bitte,
    was du auf meiner Burg verloren hast“,
    fügte er mit fester Stimme hinzu.
     
    „Gar nichts“, erwiderte Jakob, und wieder grinste er breit. „Na ja, verloren habe ich jedenfalls nichts.“ Gustav musterte ihn misstrauisch.
    „Demnach hast du hier auch nichts zu suchen“, sagte er schließlich. „Also kannst du auch wieder gehen.“ „Nee, kann ich nicht.“ Jakob setzte Gustav auf einem kleinen Tisch ab. „Mein Zuhause ist zu weit von hier entfernt. Da kann man nicht einfach hingehen. Da braucht man ein Auto. Oder ein Motorrad mit Beiwagen. So wie das von meinem Onkel Balduin.“
    „Ist der etwa auch hier?“, stieß Gustav entsetzt hervor.

     
    „Klar.“ Jakob nickte.
    „Er hat die Burg gekauft.“
     
    Gekauft? – Moment mal! Gustav schwirrte der Kopf. „So richtig mit Goldmünzen und Silberunzen?“, vergewisserte er sich.
    „Na ja, so ähnlich.“ Jakob sah ihn belustigt an. „Ich schätze mal, er hat die Kohle einfach überwiesen.“ Er zuckte lässig mit den Schultern. „So von Bank zu Bank.“
    Gustav wollte seinen Ohren nicht trauen. „Diese Burg ist ganz sicher mehr als ein paar Kohlestückchen wert“, machte er seiner Empörung Luft.
     
    „Außerdem gehört diese Burg mir.
    Niemand kann sie kaufen.“
    „Onkel Balduin hat sie aber gekauft“,
    entgegnete Jakob.
     
    „Er möbelt sie wieder richtig auf und dann finden hier an jedem Wochenende Ritterspiele und Partys statt.“ Gustav runzelte die Stirn. „Partys?
    „Das sind prunkvolle Feiern, auf denen der Bär steppt“, erklärte Jakob ihm.

    „Der Bär?“ Gustav kratzte sich am Kopf. Seines Erachtens gehörte der Bär in den Wald und nicht in eine Burg. „Das lasse ich nicht zu“, sagte er entschieden. „Ich mag die Ruhe und die Einsamkeit. Ich möchte nicht, dass Leute und Bären in meiner Burg ein- und ausgehen.“
    Jakob musterte Gustav mit ernstem Blick.

    „Ich fürchte, du kannst nichts dagegen machen“, meinte er
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