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285 - Am Nabel der Welt

285 - Am Nabel der Welt

Titel: 285 - Am Nabel der Welt
Autoren: Manfred Weinland
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Gedanken an Calora wurden verwirbelt.
    Die Rettungskapsel kam erst Hunderte Meter vom Wrack entfernt zwischen Gestrüpp und verkrüppelten Bäumen zur Ruhe.
    ***
    Eine Feuerwand schoss auf sie zu. Schreiend wollte Enno sich zur Flucht wenden, doch Jelles Hand legte sich um seinen Arm und hielt ihn eisern fest.
    Hatte sein Bruder den Verstand verloren?
    Enno spürte schmerzhaft die Narbe an seiner Hüfte - wie immer, wenn er unter Stress stand. Er schloss die Augen, als das Feuer immer näher kam. Gleich. Gleich würde es…
    Jelles Hand zwang ihn zu Boden, und er hörte die Stimme seines Bruders: »Flach hinlegen und Luft anhalten!«
    Enno blieb keine Wahl, als zu tun, was Jelle verlangte. In der nächsten Sekunde spürte er die Hitze über sich hinwegrasen. Etwas stach in seinen ungeschützten Nacken.
    Dann war die Feuerwalze vorüber und Jelle rief: »Am Boden wälzen!« Voller Schrecken erkannte Enno, dass seine Kleidung im Rücken Feuer gefangen hatte, doch ein zweimaliges Drehen um die eigene Achse genügte schon, um die Flammen zu ersticken.
    Als die beiden Brüder sich aufrafften, sahen sie, dass eine riesige Kugel aus dem brennenden Gerippe gebrochen und nur einen Steinwurf entfernt zum Stillstand gekommen war.
    Feuer troff von ihr herab, als wäre es Regen, dessen Tropfen alles entzündeten, womit sie in Berührung kamen. Aber nur ganz kurz, dann schien sich aus dem Ding selbst etwas über die glutheiße Schale zu ergießen und erstickte in kürzester Zeit jedes Feuer.
    Schon nach wenigen Momenten hörte die riesige Kugel auf, ihr rötliches Licht abzustrahlen. Sie wurde dunkel, fast schwarz, und der Rauch, der von ihr aufstieg, ließ sich allenfalls noch erahnen.
    Was war das? Es erinnerte Enno an ein gigantisches Ei. Als hätte das Ungetüm noch im Todeskampf etwas… geboren.
    Im Hintergrund sanken die Flammen mehr und mehr in sich zusammen, als würde irgendetwas in dem Inferno dafür sorgen, dass die Brände erstickt wurden.
    Auch das »Ei« kühlte hörbar knisternd mehr und mehr ab, und Enno sah, wie sich die ersten bekannten Gesichter aus dem Dorf wieder näher heran wagten.
    Er hatte Jelle nur wenige Sekunden aus den Augen gelassen, doch als er sich jetzt wieder zu ihm umwandte, hatte sich der Waghalsige dem kugelförmigen Gebilde bis auf wenige Schritte genähert.
    »Nicht!«, rief Enno noch. »Sei vorsich-«
    Da platzte die Schale des »Eis« mit einem Knall und ohne Vorwarnung auf. Glibber ergoss sich über Jelle und riss ihn mit sich. Der Strom verebbte nur zögerlich.
    Enno rannte zu der Stelle, wo sein Bruder liegengeblieben war, und untersuchte ihn. Eine schleimige Masse umgab ihn, aber er lebte, hustete, spuckte um sich und stieß wüste Flüche aus. Mit Ennos Hilfe rappelte er sich auf, säuberte notdürftig sein Gesicht, wischte sich die Hände an der Kleidung seines Bruders ab und blickte zornig zu der Öffnung in der Kugel, aus der nur noch ein paar zähe Reste troffen. Seine Hände ballten sich zu Fäusten.
    Aber bevor er noch etwas Unüberlegtes tun konnte, erschien unerwartet eine Gestalt in dem Loch.
    Ihr Erscheinen änderte alles.
    Einer der Götter!
    Selbst Jelle fiel auf die Knie und zeigte Demut, als der Gott seinem Haus entstieg und langsam auf sie zukam.
    ***
    Monate später
    Sonnenschein, Wolkentupfer, ein strahlend blauer Dezemberhimmel. Die Idylle trog - aber das ahnten sie in diesem Moment noch nicht.
    Sie waren immer noch zu viert. Matthew Drax gewöhnte sich langsam an die Zusammensetzung ihrer kleinen Gruppe, auch wenn er andere Freunde, mit denen er zu anderen Zeiten unterwegs gewesen war, ziemlich vermisste.
    Rulfan zum Beispiel. Und Aiko.
    Aber während Lady Victoria Windsor mehr oder weniger ein »Anhängsel« blieb, hatte Xij Hamlet es immerhin geschafft, sich einen Platz in Matts und Aruulas Herzen zu erobern. Allerdings schien Aruula noch nicht bemerkt zu haben, dass das aschblonde Mädchen, das die meiste Zeit aufgekratzt und leicht überdreht durch die Gegend lief, sie bisweilen nicht nur rein freundschaftlich musterte.
    Für Matt war das kein Problem - Aruula stand nicht auf das eigene Geschlecht. Zumal er selbstbewusst genug war zu glauben, dass er Aruula als Gefährte genügte. Umgekehrt hatte er ihr bereits den einen oder anderen Grund zur Eifersucht gegeben. Zuletzt bei Chandra Tsuyoshi, mit der sich Aruula aber ausgesöhnt hatte. Wobei auch der Umstand helfen mochte, dass viele Millionen Kilometer Distanz zwischen ihnen lagen. Chandras Heimat war der Mars
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