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285 - Am Nabel der Welt

285 - Am Nabel der Welt

Titel: 285 - Am Nabel der Welt
Autoren: Manfred Weinland
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Vorsicht! « Der Schrei kam von der offenen Schleuse des Panzers her. Die Karosserie aus einer superverdichteten Kunststoff-Metall-Legierung schien das Umgebungslicht zu absorbieren. Auch wenn dies nur eine optische Täuschung war, ließ die Düsternis, die PROTO in diesem Moment ausstrahlte, Lady Victoria fast surreal erscheinen. » Über euch! «
    Ihre schrillen Rufe lenkten die Aufmerksamkeit der Sonnenanbeter und Luftschnapper zum Himmel über ihren Köpfen.
    Den Blick zu heben und nach der Waffe im Gürtelholster zu greifen war für Matt Drax eine Bewegung. Als sich der gefiederte Angreifer mit schräg nach vorn gestreckten Fängen auf ihn stürzte, blieb ihm noch eine halbe Sekunde, um die Waffe in Anschlag zu bringen und abzudrücken.
    Das Projektil traf sein Ziel. Die Kreatur - sie sah fast aus wie eine der Mythologie entsprungene Harpyie - brüllte so schneidend schrill, dass es ihm fast die Trommelfelle zerriss. Aber der schreckliche Ton brach ab, als ihr Brustkorb explodierte. Sie schmierte ab, schlug zu Boden und kam fünf Meter von Matt entfernt zum Liegen. Die Flügel, die eine Spannweite von je zwei Metern besaßen, zuckten noch eine Weile, bis auch diese Lebenszeichen erloschen.
    Aber da hatte sich Matt längst den anderen Angreifern zugewandt. Erst jetzt begriff er so richtig, von welch bizarren Wesen sie angegriffen wurden. Nie hatte er auf seinen Reisen Ähnliches gesehen!
    Es waren Vogelwesen mit fast menschlichen Gesichtern, einen knappen Meter groß. Die Kopfform entsprach der von Greifvögeln, nur war die Schnabelpartie gegen etwas ausgetauscht, das ohne Gefieder und Hornmasse auskam - und es ähnelte so frappierend einem Kindergesicht, dass es Matt eiskalt den Rücken hinunter lief. Erst recht, als eine der Kreaturen den Mund aufriss und dabei Zähne entblößte, die weder Menschliches noch Kindliches hatten. Das waren die Kiefer fleischfressender Raubtiere!
    Hungriger Raubtiere, korrigierte sich Matt, während er Zeuge wurde, wie Aruula ihr Schwert zum Einsatz brachte und dabei das Kunststück schaffte, mit ein und demselben Schwung gleich zwei der herabstoßenden Monstrositäten im Flug zu enthaupten.
    Wo war Xij?
    Matt entdeckte sie, nachdem er sich seiner eigenen Haut mit einem weiteren Schuss erwehrt hatte. Wieder durchpflügte eine Harpyie das Gras, blieb liegen, zuckte und wurde steif.
    Von den acht Angreifern, aus denen der Schwarm bestanden hatte, waren inzwischen nur noch zwei in der Luft. Matt sah, dass auch Xij nicht untätig gewesen war. Mit ihrem Nadler hatte sie ein weiteres der geflügelten Monster erlegt. Und jetzt schoss sie auch dem Letzten der Wesen einen vergifteten Pfeil in die Seite. Es taumelte zu Boden und blieb leblos liegen. Xij ging neben ihm in die Knie.
    Aruula kam schwer atmend an Matts Seite. »Hast du so was schon mal gesehen?«, fragte sie.
    Er schüttelte den Kopf - während Xij nickte. »Yep. Das heißt: Ich habe von ihnen gehört und schon nicht mehr geglaubt, ihnen jemals persönlich zu begegnen. In den Legenden heißen sie Pueraquila - das bedeutet in einer der alten Sprachen Kindadler. Und genauso sehen sie aus, oder? Wie Greifvögel, denen die unschuldige Physiognomie eines Kindes aufgeklebt wurde.« Sie drehte die Kreatur auf den Rücken und besah sich die Gesichtszüge. »Ich bin auf meinen Reisen schon oft nach einem Beweis für die Existenz dieser Pueraquila gefragt worden. Eigentlich sollte ich einen Kopf mitnehmen und präparieren.«
    Aruula verzog missbilligend das Gesicht. »Untersteh dich!«, sagte sie. »Dort, wo ich herkomme, ehren wir die Besiegten, anstatt sie zu verstümmeln.«
    »Aber das Ding ist tot «, erwiderte Xij. »Wenn du einen Gerul an den Bratspieß steckst, hältst du doch auch keine Andacht für ihn ab, oder?«
    Aruula setzte zu einer schroffen Antwort an, doch Matt war schneller. »Es ist nur… sie sehen aus wie Menschen«, sagte er. »Vielleicht sind sie sogar intelligent. Feindliche Krieger stopft man ja auch nicht aus und stellt sie sich in den Flur.«
    Xij zuckte mit den Schultern. »Es sind Tiere . Und der Tod wird eh überschätzt.«
    Matt zog die Augenbrauen hoch. »Was meinst du damit?«
    Es war, als würde ein Rollo vor Xijs Gesicht herabgelassen. Sie erhob sich abrupt. »Nichts.«
    »Wie - nichts?« Matts Neugier im Zusammenhang mit der aschblonden jungen Frau meldete sich nicht zum ersten Mal. Sie hatte ein Geheimnis, dessen wahre Dimension er noch nicht hatte ergründen können. Manche Bemerkung, manche Handlung
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