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284 - Augen der Ewigkeit

284 - Augen der Ewigkeit

Titel: 284 - Augen der Ewigkeit
Autoren: Oliver Fröhlich
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Tomatensaft vorbei und ging ins Labor. Dort standen neben Dr. Xavier Cormand noch zwei weitere Männer in weißen Kitteln.
    Sein gesamtes Forscherteam. Drei Personen, die den Eindruck erweckten, als wüssten sie nicht recht, was sie taten. Einer von ihnen, ein großer hagerer Kerl mit spärlichem Haar und schmaler Nase, beugte sich über ein Mikroskop und schien in seine Beobachtungen vertieft. Der zweite war optisch das exakte Gegenteil seines Kollegen: Höchstens einen Meter sechzig groß, wog er mindestens neunzig Kilo - wobei fünf davon alleine auf seine wuschelige Lockenpracht entfielen. Er kritzelte gerade Daten in eine Tabelle an der Wand. Im Raum lag der Geruch nach Chemikalien und Schweiß.
    Dr. Cormand schaute auf. »Ah, Monsieur Milan. Was können wir für Sie tun?«
    »Das, was Sie jeden Tag für mich tun können, wenn ich Sie besuchen komme: mir berichten, wie es vorangeht.«
    Der Arzt verzog das Gesicht, als hätte er eine Flasche sauren Wein getrunken. »Nicht gut. Leider gar nicht gut. Dr. Rainard hier…«, er zeigte auf den Hageren, »… hat gestern einen großen Fortschritt in der Modifikation des Halorhodopsins erzielen können. Zumindest hatten wir das gehofft. Aber leider hat Dr. Wallot…« - der kleine Wuschelkopf - »… ein Problem in der Stabilität der Molekülketten entdeckt, das…«
    Milan hob die Hand und stoppte Cormands Redefluss. »Ersparen Sie mir Ihr Medizinerkauderwelsch. Ich bezahle Sie nicht dafür, mich mit unverständlichen Formeln zu beeindrucken, sondern für Ergebnisse. Und ich muss feststellen: Die bleiben aus!«
    Rainard und Wallot taten so, als hätten sie Milan nicht gehört, und vertieften sich noch intensiver in ihre momentane Beschäftigung.
    »Ich verstehe Ihre Ungeduld«, sagte Dr. Cormand. »Aber bitte verstehen Sie auch uns. Wir stochern hier im Nebel. Wir wissen zwar ungefähr, was die EU-Forschergruppe tut, aber solange wir keinen Zugriff auf die Ergebnisse bekommen, die sie der Öffentlichkeit noch vorenthält, sind wir aufs Raten angewiesen.«
    »Dann fragen Sie dort nach! Immerhin sind sie Kollegen, um Himmels willen.«
    Cormand lachte auf. »Sie werden nichts verraten. Schließlich geht es hier um Patente und Behandlungsmethoden, die Millionen einbringen können.«
    »Aber die von Ihnen beschworene wissenschaftliche Ethik…«
    »… endet dort, wo die Angst anfängt, dass den Lohn für die eigene Forschung andere einheimsen. Tut mir leid, aber ich fürchte, ohne Insiderwissen sind wir auf einen Zufallstreffer angewiesen.«
    Ohne ein weiteres Wort drehte sich Milan um, verließ das Labor und blieb mitten im Vorraum stehen. Insiderwissen! Wie sollte er das bekommen? Wenn diese feinen Herren trotz fürstlicher Angebote schon ablehnten, für ihn zu arbeiten, wie sollte er sie dann dazu bringen, ihre Ergebnisse mit seinen Leuten zu teilen?
    Einen von ihnen entführen? Ihr Leben bedrohen?
    Die Vorstellung war absurd. Er war ein erblindender Millionär, kein gewissenloser Schwerverbrecher.
    »Gehen Sie doch mal zur Seite, Mann!«
    Er schreckte hoch. Vor ihm stand einer der Arbeiter im knallroten Overall. Er trug einen großen Karton voller Schokoriegel. Instinktiv trat Milan einen Schritt zurück.
    »Sie wollen doch sicher nicht auf Süßigkeiten verzichten, wenn der Komet einschlägt.« Lachend verschwand der Mann in einem der Vorratsräume.
    Wenn der Komet einschlägt…
    Und plötzlich fiel eine Idee über ihn her wie ein hungriger Hund über einen Knochen. Er würde den EU-Forschern etwas anbieten, das wertvoller für sie war als Geld: ihr Leben!
    ***
    Das Leder des Gürtels zwischen Xijs Zähnen schmeckte widerlich.
    Xij? Was sollte das denn sein? Etwa ihr Name?
    Nein. Sicher nicht, denn der lautete… lautete…
    Unwichtig! Wer brauchte schon einen Namen? Namen waren etwas für die reale Welt, für Spießer und Kleingeister. Dort, wo sie hinging, brauchte man keine Namen. In einer Welt neben der Welt. In höheren Bewusstseinssphären. In einem Land der grenzenlosen Freiheit.
    Zumindest hatte ihr Dealer Sammy versprochen, dass der neue Stoff sie dorthin bringen würde. Immerhin war er auch schweineteuer gewesen.
    Sie spuckte das Ende des Gürtels aus. Er saß fest genug um den Oberarm.
    Die Spritze in ihrer rechten Hand zitterte leicht, als sie sie zur Armbeuge führte. Inmitten all der Flecken und Narben fand sie noch eine Stelle für die Nadel. Den Einstich spürte sie schon seit langem nicht mehr.
    Aber sie spürte den Stoff, der wie Lava in ihre Ader
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