Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
283 - Der Zorn der Königin

283 - Der Zorn der Königin

Titel: 283 - Der Zorn der Königin
Autoren: Mia Zorn
Vom Netzwerk:
angekommen, stellten sie fest, dass vor dem Haus gefeiert wurde. Die Menschen des Ruinendorfes hatten sich mit Whisky und Wein um ein wärmendes Feuer versammelt, tranken und tanzten und waren guter Dinge. Die Segel waren fertig genäht und die Steuervorrichtung gebaut. Morgen schon sollte der Bau des Wassergefährts abgeschlossen sein. Der neue Druud war nicht unter ihnen; er bereitete am Boot die Montage des Steuers vor.
    Von all dem ahnten die Ankömmlinge nichts. Sie drängten sich durch die Reihen der Feiernden und fanden Paacival auf den Stufen seines Hauses sitzend. Als er und die Leute in seiner Nähe die Nachrichten hörten, die Seimes ihnen überbrachte, und Steewens Amulett sahen, herrschte helle Aufregung.
    Dem Grandlord war anzusehen, dass ihm ein Stein vom Herzen fiel. Auch wenn er die vermeintliche Toria aus Salisbury immer wieder mit argwöhnischen Blicken bedachte, stand sein Entschluss bereits fest: »Moagen voa Sonnenaufgang ziehen wia zum Bunkaa und holen uns meinen Neffen zuwück«, verkündete er mit zorniger Stimme.
    Victoria Windsor hätte eigentlich zufrieden sein können. Doch beim Lärm der grölenden Stimmen und dem Anblick des Lordsführers legte sich eine Zentnerlast auf ihre Brust. Bilder der Vergangenheit umtanzten sie wie wilde Dämonen und ihr wurde ganz schlecht vor Ekel und Hass. Befanden sich wohl ihre einstigen Peiniger unter all den Leuten?
    Verstohlen blickte sie auf das Laserphasengewehr. Es wäre ein Leichtes gewesen, einfach in die Menge zu schießen. Bevor das Lordsvolk zurückschlagen konnte, hätte sie bestimmt die Hälfte der Anwesenden niedergemetzelt…
    Plötzlich übertönte eine laute Stimme das Geschrei um sie herum. »Wartet!« Ein bulliger Mann in zerschlissenen Kleidern und mit buntem Flickenhut erhob sich vom Sitz seines Wakudakarrens. »Wartet! Sie lügt!«
    Schlagartig wurde es totenstill. Alle Köpfe wandten sich dem Rufer zu. Wer war der Kerl? Victorias Herz klopfte bis zum Halse. Auf jeden Fall gehörte er nicht zu den Lords: Er konnte das »r« sprechen.
    Paacival reckte den Hals. »Eine schwewe Anschuldigung, Spencea. Wie kommst du dawauf?«
    Spencer? Der Schrotthändler, von dem Mars ihr erzählt hatte! Der Demokraten-Späher! Beunruhigt beobachtete sie den Mann auf dem Kutschbock des Karrens. Offenbar hatte er zu viel getrunken. Seine korpulente Gestalt schwankte gefährlich hin und her. Nur die Zügel in seinen Händen verhinderten, dass er vom Kutschbock stürzte.
    Während er um sein Gleichgewicht rang, überlegte die Queen, was er den Lords wohl erzählen wollte. Er hatte sie nie gesehen. Und selbst wenn: So wie sie sich mit Dreck, Schlamm und dem Blut des Wisaaukeilers beschmiert hatte, würde nicht einmal ihre eigene Mutter sie wiedererkennen. Und sollte der Kerl von den Bunkerleuten über den Jungen gehört haben, müsste er hier und jetzt zugeben, dass er die ganze Zeit über den Verbleib des Kindes Bescheid gewusst hatte.
    Doch andererseits konnte er nach seiner Rückkehr in Landán von dem geplanten Angriff der Lords erzählen. Er würde alles verderben! Und als sie nun seine weinseligen Augen und den Finger auf sich gerichtet sah, zog Victoria instinktiv Hawkins' Pistole aus dem Gürtel, lud sie durch und schoss. Zweimal. Ohne mit der Wimper zu zucken.
    Wieder erhob sich lautes Geschrei. Die Menschen sprangen zur Seite und Paacival starrte sie fassungslos an. »Sie ist eine Maulwöafhexe! Möadewin!«, rief eine Stimme. Andere folgten. Bis die grölende Menge ihren Tod verlangte.
    Einzig der Grandlord blieb ruhig. Ohne sie aus den Augen zu lassen, hob er seinen Arm. Ruhe trat ein. »Wauum hast du das getan?«
    »Er war ein dreckiger Spitzel der Demokraten«, erklärte die Ex-Queen mit regloser Miene. »Als sie mich gefangen hielten, habe ich ihn dort gesehen.«
    Verunsichert blickten die Leute von ihr zu Paacival. »Und wenn das eine Falle ist? Vielleicht haben die Maulwöafe sie geschickt, um uns nach Landán zu locken!«, rief plötzlich ein rothaariger Kerl. »Sie ist eine von denen!«
    »Glaub iha nicht. Spencea hatte wecht, sie lügt!«, keifte eine Frauenstimme.
    Im Nu begann das Geschrei aufs Neue und der wütende Pöbel bedrängte die Ex-Queen. Hilfesuchend blickte Victoria zu Seimes. Mit finsterer Miene stand er neben dem Grandlord. Er machte nicht die geringsten Anstalten, ihr zu Hilfe zu kommen. Schließlich blieb ihr gar keine andere Wahl, als noch einmal zu schießen, um sich die Meute vom Leib zu halten. Diesmal in die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher