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28 Minuten

28 Minuten

Titel: 28 Minuten
Autoren: Dave Zeltserman
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bezweifelte, dass die Überwachungskameras genug Auflösung boten, um so etwas zu ermöglichen. Und trotzdem ...
    Schluss jetzt! Er zerbrach sich schon seit Stunden den Kopf darüber. Vergiss es. Ende. Nichts brachte ihn mit dem Überfall in Verbindung. Teufel, noch nicht einmal Gordon. Sie hatten bloß Gordons Leiche hinter der Bank gefunden und ... niemand wusste, was er da wollte. Aber deswegen war er noch lange nicht in der Bank gewesen. Sie hatten nichts, und wichtiger noch, es gab auch nichts, was sie finden könnten.
    Dan holte tief Luft und stieß den Atem langsam wieder durch die Nase aus. Lustig, wie das Hirn funktionierte. Nach dem Überfall hatte er nur an die Opfer denken können und welchen Schaden sie erlitten hatten, und nun konnte er nur noch daran denken, sich selbst zu retten. Aber das war wohl normal. Das machte ihn nicht zu einem schlechten Menschen. Er hätte den Überfall nie durchgezogen, wenn er gewusst hätte, dass Menschen dabei zu Schaden kämen. Wie hätte er damit rechnen können, dass Gordon tun würde, was er getan hatte?
    Wie hätte irgendein vernünftiger Mensch damit rechnen können?
    Aber das gehörte alles der Vergangenheit an. Er konnte jetzt nichts anderes tun als vorwärtszublicken, er musste an sich und seine Familie denken. Er musste sich irgendwie vergeben, aber im Augenblick musste er vor allem seine Gedanken unter Kontrolle bekommen und sich entspannen, bevor der Druck seinen Kopf explodieren ließ.
    Er schaute hinüber zu Carol und betrachtete ihren Umriss unter den Laken. Sie war so schlank, ihre Taille schmal genug, dass er sie mit beiden Händen umfassen konnte. Mit vierundvierzig hatte sie einen besseren Körper als die meisten Dreißigjährigen – ach was, die meisten Zwanzigjährigen. Er berührte leicht ihre Hüfte. Er wollte sie nicht wecken, er wollte nur eine körperliche Verbindung zu ihr herstellen, um irgendwie zu fühlen, dass es noch Grund zur Hoffnung gab.
    Vorsichtig legte er die ganze Hand auf ihre Hüfte. Sie gab im Schlaf ein Grunzen von sich und schob sie ärgerlich beiseite. Er lag einen Augenblick wie gelähmt da und fühlte sich leer wie nie. Dann begann er zu lachen. Er konnte nicht anders.
    Geschieht mir recht, dachte er.
    Später, als er das Aufschlagen der Sonntagszeitung in der Einfahrt hörte, befand er, dass er lange genug im Bett gelegen hatte. Carol wälzte sich unruhig hin und her, schlief aber im Grunde noch. Leise stieg er aus dem Bett, zog einen Bademantel über und holte die Zeitung. Als er die Titelseite sah, erstarrte er, weil er nicht wusste, was er als Nächstes tun sollte. Dann kehrte er resigniert zurück ins Haus.
    Petrenko ließ das Telefon sechsmal klingeln, bevor er sich meldete. Er legte die Hand über das Mundstück und schwieg.
    »Hallo, hallo?«
    Es war die Stimme vom Anrufbeantworter. Petrenko machte sich nicht die Mühe, etwas zu sagen.
    Die Stimme des Anrufers wurde höher vor Verwirrung, als er es noch einmal versuchte. »Hallo, ist da jemand?«
    Petrenko antwortete leise: »Sie haben etwas, das mir gehört, ja?«
    »Ich habe es nicht.« Ein Zögern, dann: »Aber ich weiß, wer es hat.«
    »Und warum sollte ich Ihnen glauben?«
    Der Anrufer nannte ihm die Nummern seiner Schließfächer. »Sie hatten vor allem Hundertdollarscheine darin, die mit Gummibändern zusammengehalten wurden. Außerdem Videos und Computerdisketten. Zahlen Sie mir hunderttausend Dollar, oder lege ich auf?«
    »Natürlich zahle ich. Wann?«
    »Morgen ...«
    »Das ist ungünstig für mich. Warum nicht heute?«
    »Weil ich morgen sage. Kommen Sie um halb zwölf ins Middlesex Diner in Burlington. Wenn Sie nicht pünktlich sind, werde ich einfach gehen, und glauben Sie mir, Sie werden nie wieder von mir hören. Warten Sie an der Kasse und bringen Sie das Geld mit.«
    »Wie erkenne ich Sie?«
    »Gar nicht. Aber ich erkenne Sie, und nur darum geht es.«
    Der Anrufer legte auf. Petrenko, der entspannter war als seit Tagen, tat es ihm nach. Lange rieb er mit dem Daumen über die harte Hornhaut, die sich auf seinen Knöcheln gebildet hatte.
    Wenn der Anrufer nicht die Schließfachnummern gekannt hätte, hätte Petrenko ihm das Geld durchaus zahlen, oder ihn – wenn er ihm schon kein Geld gab – wenigstens am Leben lassen können. Aber jetzt war das unmöglich. Da der Anrufer sowohl die Nummern der Schließfächer als auch ihren Inhalt kannte, musste er an dem Überfall beteiligt gewesen sein. Was wiederum bedeutete, dass er dafür nicht auch noch
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