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275 - Licht und Schatten

275 - Licht und Schatten

Titel: 275 - Licht und Schatten
Autoren: Jo Zybell
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weißem Haar; ein Sohn Rulfans, wie man munkelte, mit Namen Juefaan. Jetzt kniete Aruula nieder und kitzelte den Burschen durch.
    Sie fühlte sich gut hier unter ihren Leuten, ganz und gar verwoben mit ihrem Volk - als wäre sie nie fortgewesen. Wenige Tage in der alten Heimat hatten dazu ausgereicht. Sie zum Aufbruch zu drängen, tat Matt in der Seele weh, aber es musste sein. Jetzt packte sie den Griff eines Brabeelenkorbes, auf dessen anderer Seite die starke Kriegerin Tumaara bereits wartete. Gemeinsam hoben sie den Korb und trugen ihn über den Strand zu einem der Reena-Gespanne.
    Reenas - so nannten die Menschen hier die weißbraunen Hirsche, die in den goldenen Zeiten vor »Christopher-Floyd« noch Rentiere geheißen hatten.
    Inmitten Dutzender Männer, Frauen und Kinder stapfte Matt Drax über den Strand. Anders als die meisten schwieg er. Arm in Arm hüpften zwei Mädchen an ihm vorbei, acht oder neun Jahre alt - so alt etwa wie seine Tochter Ann. Eines war kastanienbraun, das andere blond. Sie kicherten und hatten sich allerhand zu erzählen.
    Das Herz wurde ihm schwer. Wo mochte Ann sein in diesem Moment, was erlebte sie gerade? Sicher würde sie nicht ähnlich unbeschwert kichern und herumhüpfen, wie diese beiden. Als die Schatten alle Einwohner von Corkaich versteinerten, musste sie geflohen sein - zumindest hoffte Matthew das - und irrte jetzt heimatlos umher. Vielleicht hatte sie auch ein abgerissener Ex-Techno mit sich genommen, den Matt kurz zuvor am Dorfrand getroffen hatte; einige Spuren wiesen darauf hin. Ihre Mutter und deren Begleiter, den Barbaren Pieroo, hatte Ann an die Schatten verloren. Und was ihn betraf, ihren leiblichen Vater… über ihn wusste sie nur das, was Jenny ihr erzählt hatte.
    Matt überlegte. Was war Jennys letzter Stand gewesen, ihn betreffend? Dass er aus einem Space Shuttle heraus den Kampf um den Kratersee koordiniert hatte, kurz bevor der EMP des Wandlers alle Elektrik auf Erden für zweieinhalb Jahre lahmlegte? Dann musste sie angenommen haben, dass er tot sei. Dass er und Naoki Tsuyoshi zur Mondstation und von dort zum Mars geflogen waren, konnte sie nicht wissen. [1] Genauso wenig wie Ann ahnte, dass er nach ihr suchte.
    Matt zog die Schultern hoch und fröstelte, als ihm wieder das Bild von Jenny Jensen, Anns Mutter, durchs Hirn schoss: zu Stein erstarrt in ihrem Haus an der irischen Küste. Alles, was er von ihr und Ann in Erfahrung gebracht hatte, stand in Jennys Tagebuch, das neben ihr auf dem Tisch gelegen hatte. Dank einer Zeichnung darin wusste er, wie Ann heute aussah. Und es verriet auch den Namen des Ex-Technos: Robin Fletscher. Hatte er überlebt? War Ann bei ihm?
    Die beiden Mädchen hüpften zwischen den Reena-Gespannen hindurch und von dort weiter Richtung Siedlung, Bevor Matt sie aus den Augen verlor, fiel sein Blick auf ein Paar etwas abseits und oben auf den Dünen: eine spärlich bekleidete, mollige Frau mit üppigen Brüsten und langem dunklen Haar und ein großer, leicht korpulenter Mann, bärtig und in weiten Gewändern.
    Die Kriegerin Bahafaa und der Händler Hermon.
    Oder vielmehr: der Mann, von dem fast alle hier dachten, er wäre Hermon.
    Obwohl über hundert Schritte sie trennten, spürte Matthew Drax genau, wie sein Blick sich mit dem des Mannes traf. Sofort wandte der Bärtige sich ab und verschwand hinter dem Dünenkamm.
    Für die meisten hier auf den Dreizehn Inseln war Hermon der freundliche, humorvolle Händler, der den Kriegerinnen allerhand Schmuck, Kleider und Brimborium verkaufte und so ihr weibliches Streben nach Schönheit geweckt und bedient hatte. Nur eine Handvoll Menschen wusste inzwischen, wer hinter der Fassade des bärtigen Mannes mit der auffällig grobporigen Haut steckte: der Daa'mure Grao'sil'aana.
    Er hatte sich versöhnt mit seinen Feinden Mefju'drex und Aruula. Behauptete seine Gefährtin Bahafaa; und Grao'sil'aana selbst behauptete das auch. Aruula traute dem Frieden nicht.
    Matt Drax setzte sich auf den Kutschbock eines der Wagen. Zwei Tage ständig unter Menschen - das hatte ihn müde gemacht. Er sehnte sich nach dem ruhigen Raum, den man ihm und Aruula in der Festung der Königin zugewiesen hatte.
    Das Reena-Gespann zog an, der Wagen rollte los. Kinder sprangen neben ihm her und plapperten und lachten. Auch die beiden Mädchen. Das blonde, das ihn an Ann erinnerte, strahlte ihn an und winkte. Matt winkte zurück und versuchte zu lächeln. Ausgeschlossen, noch länger hier zu bleiben. Er musste nach Irland,
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