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2585 - Der Tanz der Vatrox

2585 - Der Tanz der Vatrox

Titel: 2585 - Der Tanz der Vatrox
Autoren: Frank Borsch
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andere Höfe verteilt worden.
    Was an diesem Tag, zu dieser Stunde geschehen würde, war allein Sache der Vatrox.
    Vastrear hatte tagelang mit sich gerungen und sich im letzten Augenblick entschlossen, den Prozess zu verfolgen. Er hatte sich einen freien Platz in der letzten
    Reihe einer der Tribünen aus Formenergie gesucht, die man für die Zuschauer errichtet hatte.
    Vastrear vermochte nicht abzuschätzen, was das Schauspiel - um nichts anderes handelte es sich bei dem Prozess - in ihm auslösen würde. Er wollte, wenigstens so gut es ging, unbeobachtet sein, einen Fluchtweg haben, sollte das Geschehen seine Belastbarkeit überfordern.
    Eine Sirene heulte auf. Der Prozess begann. Die Gespräche der Zuschauer verstummten.
    Stille empfing die Angeklagten.
    Sie schwebten auf einer gewöhnlichen Transportplattform zum Gerichtsort. Equarma und ihre vier Mitverschwörerinnen. Sie bemühten sich um Haltung, aber die Angst war ihnen anzusehen. Eine von ihnen, die Taube, zitterte so stark, dass es selbst für Vastrear aus der Entfernung unübersehbar war.
    Equarma saß in der Mitte der Plattform auf dem Boden. Sie hatte die Knie angezogen, die Arme um die Unterschenkel geschlungen. Ihre Stirn ruhte auf den Knien.
    Equarma hatte sich bereits aufgegeben, so schien es.
    Vastrear wusste es besser. Wie immer das Urteil lauten sollte, es würde Equarma nicht berühren können.
    Die Plattform setzte in der Mitte des Transferdecks auf, auf dem Zentralen Platz. Es war eine erhöhte Fläche von ungefähr hundert Metern Durchmesser. Die inaktiven Röhren der vier Transferkamine mündeten auf dem Platz. Sie waren im Abstand von neunzig Grad voneinander angeordnet.
    Eine der Frauen, die Stumme, glaubte Vastrear, versuchte die Plattform zu verlassen. Sie stieß gegen ein unsichtbares Hindernis. Ein Prallschirm.
    Gleich würde der Richter erscheinen und ...
    »Vastrear?«
    Der Frequenzfolger blickte auf. Er kannte diese Stimme.
    »Ist hier noch frei?«
    Es war Expeput. Der Mann, der sein Glück zerstört hatte.
    Bevor Vastrear sich eine Antwort zurechtlegen konnte, setzte sich der junge Frequenzfolger. Seine Hüfte berührte beinahe Vastrear. Expeput musste in letzter Zeit gut gegessen haben.
    »Keine Sorge«, flüsterte Expeput. »Ich bin nicht mehr wütend, dass du mich bei der Untersuchung ignoriert hast. Natürlich, ein Quäntchen Dankbarkeit wäre angebracht gewesen, immerhin habe ich dich rausgehauen. Aber ... «
    Er deutete vielsagend auf den Platz, »... jetzt verstehe ich deine Motive. Du musstest unbedingt sofort zu ihr? Die Liebe. Es muss ein merkwürdiger Zustand sein. Vielleicht werde ich ihn eines Tages selbst erleben.«
    Vastrear versuchte sich an keiner Entgegnung. Was hätte er Expeput zu sagen gehabt?
    Eine zweite, kleinere Plattform erschien. Der Richter. Langsam, würdevoll schwebte er zum Verladeplatz.
    »Hast du schon gehört?«, flüsterte Expeput. »Es soll eine handfeste Überraschung geben!«
    Vastrear gefiel der Ton des untersetzten Frequenzfolgers nicht. Er sagte es leichthin, als wohnten sie einem Schauspiel bei, dessen einziger Zweck in Unterhaltung bestand.
    Die Plattform des Richters setzte auf. Vastrear kannte ihn nicht. Unwillkürlich beugte er sich vor, um ihn vielleicht doch zu erkennen.
    »Frequenzmittler Cedosmo«, bot Expeput unverlangt seine Hilfe an. »Es heißt, die Frequenzmittler hätten sich erbost darüber gestritten, wem die Ehre zuteil werden soll, Richter zu sein. Cedosmo hat sich letztlich durchgesetzt. Seine Idee hat alle überzeugt.«
    Vastrear holte tief Luft, wünschte, dass Expeput ihn unter den Tausenden von Zuschauern nicht ausfindig gemacht hätte. Wünschte sich, dass er die Kraft zu gehen gehabt hätte. Die Vernunft sagte ihm, dass es das Beste für ihn war.
    Vastrear war zu schwach.
    »Ein trauriger Anlass führt uns heute zusammen«, sagte der Richter. Seine Stimme war laut und gut zu verstehen. »Ein beispielloses Verbrechen in der Geschichte unseres Volkes. Wir Vatrox haben zahllose Prüfungen überstanden, zahllosen Feinden getrotzt, ja, selbst dem Universum an sich! Es ist uns dank zweier Tugenden gelungen: Entschlossenheit und Geschlossenheit.«
    Cedosmo schwieg, ließ seine Worte verhallen. Dann fuhr er fort: »Beides wurde in Gefahr gebracht von diesen Kreaturen! Ob aus Dummheit oder Dreistigkeit ist eine Frage, die wir niemals werden klären können. Doch ihr Verbrechen an sich ist bestens dokumentiert. Hunderte weitere Verschwörerinnen wurden in den letzten Tagen
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