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258 - Chronik des Verderbens

258 - Chronik des Verderbens

Titel: 258 - Chronik des Verderbens
Autoren: Michelle Stern
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allein. Sieh lieber zu, dass du diese Waffe endlich fertig bekommst, bevor dein Krake noch mehr Hydriten angreift.«
    »Er heißt Korr'ak. In der Sprache der Hydriten heißt das ›Mächtiger Freund‹. Für irgendwen muss er ein Freund gewesen sein.«
    »Meinetwegen. Solange du ihn nicht zum Schmusen mit in die Hummerschale nimmst, du Baumkuschler.« Sie grinste.
    Vogler lächelte zurück. »Na dann. Viel Spaß mit deiner Genkugel.«
    Er wandte sich zum Gehen. Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, dass Clarice sich an der Anlage zu schaffen machte, über die sie ihn, Pozai'don, Mor'tras und Gilam'esh erreichen konnte.
    Vogler wünschte sich, es gäbe eine Anlage, mit der er Verbindung zum Mars aufnehmen könnte.
    Er schüttelte verärgert den Kopf. Schluss mit der Sentimentalität. Ich habe zu tun.
    ***
    »Liebes Volk…« Gilam'esh hob seine Kinderärmchen. Er zog das Wasser tief in seine Kiemen. »Nein. Das ist zu bieder. Liebe Mithydriten…«
    E'fah ließ sich auf dem Rücken treiben und beobachtete seine verzweifelten Versuche, sich einen Anfang für seine Ansprache zu überlegen. Er war sicher, dass bald alle anderen Hydriten von seiner Identität erfahren würden und er dann eine Rede nach der anderen halten musste. Das war eine wichtige Aufgabe, der er sich im Moment alles andere als gewachsen fühlte. »Verehrte Anwesende…«
    »Hi Leute«, schlug E'fah klicksend vor.
    Gilam'esh schüttelte den Kopf. Seine helle Stimme war tadelnd. »E'fah, du nimmst das nicht ernst genug! Ich glaube nicht, dass du davon was verstehst.«
    »Ich war eine Herrscherin«, erinnerte sie ihn mit kindlicher Arroganz. »Ich war mal gut in so was.« Ihre Augen sahen angestrengt nach oben, als versuche sie sich zu erinnern. »Ich weiß bloß nichts mehr darüber. Na, egal. Du schaffst das schon.« Sie ruderte mit den Händen durch die Wellen und entdeckte einen Seestern am Grund. Elegant tauchte sie ab, um ihn sich zu holen.
    Gilam'esh entspannte seine Sehnerven und ließ sein Sichtfeld verschwimmen. Er war froh, dass er bald einen Erwachsenenkörper bekommen würde. Clarice hatte durch genetische Stimulation auch die neuen Klonkörper im Wachstum beschleunigen können. Sie befanden sich bereits in einem jugendlichen Stadium und würden in wenigen Monaten ausgereift sein.
    Mit diesem Winz-Hirn werde ich noch verrückt! Gilam'esh kratzte sich am Kopf. Ständig versuchte er sich an etwas zu erinnern, was ihm entfallen war. Dazu kam das Gefühl, nicht richtig er selbst zu sein, weil er anders handelte, als er es von sich gewohnt war. Der kindliche Organismus verfügte über deutlich andere Botenstoffzusammensetzungen und Wahrnehmungsfilter.
    E'fah tauchte unvermittelt vor ihm auf und hielt ihm den rotbraunen Seestern vors Gesicht. »Willst du, Gila?«
    »Äh… Danke.« Gilam'esh nahm den zitternden Seestern vorsichtig entgegen. Seine Finger fuhren nachdenklich über die Knoten und Unebenheiten auf seiner Oberfläche.
    »Also… Hydriten der Meere! Ich komme vom Mars, unserer alten Heimat, um euch die Erleuchtung zu brin… ach, ich weiß nicht. Ich wünschte, Maddrax wäre hier. Dem würde sicher was einfallen.«
    E'fah sah ihn groß an. »Du hast Schiss, was? Du hast Angst, du könntest es verhauen.«
    Gilam'esh sah auf die sandfarbenen Einschlüsse des siebenarmigen Seesterns in seinen Händen. »Na ja…«
    »Dein Scheitelkamm kratzt die Eisfläche«, bemerkte die Hydritin frech. »Du hast Angst, dass du nie mehr nach oben kommst!«
    »E'fah, du störst mich beim Nachdenken.«
    »Tschuldige. Soll ich dir ein paar Algen aus dem Kelpwald holen?« Sie sah ihn aufmerksam an.
    Gilam'esh fühlte sich unbehaglich unter diesem Blick. E'fah war in letzter Zeit sehr sonderbar. Ständig gab sie ihm Sachen, holte ihm etwas und überschlug sich vor Nettigkeit, Sie scheint die Zeit zu vermissen, als wir uns einen Körper teilten. Ich bin einfach nur froh, endlich kein Gast mehr von Yann Haggard zu sein.
    Monatelang hatte er gemeinsam mit E'fah im Körper des kranken Sehers verbracht, ehe Clarice ihnen die Umsiedlung ermöglicht hatte.
    Wenn E'fah zum Kelpwald schwimmt, bin ich sie wenigstens los , dachte er verdrossen. Aber in Gefahr bringen will ich sie auch nicht.
    »Nein, da in der Nähe lebt doch der Krake. Ein Stück Blaualge würde vollkommen genügen.«
    E'fah schwamm dicht an ihn heran und legte ihre Finger über den zitternden Seestern in seinen Händen. Der Stachelhäuter, der in ihren Fingern einen Fressfeind vermutete, versuchte eilig
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