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256 - Der König von Schottland

256 - Der König von Schottland

Titel: 256 - Der König von Schottland
Autoren: Mia Zorn und Christian Schwarz
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seinen Büchern und Aufzeichnungen gesteckt hatte, vergiftete er seine Umgebung mit sarkastischen Bemerkungen und düsteren Zukunftsprognosen. Grund dafür war der Verlust seiner damaligen Gefährtin Majela Ncombe gewesen, an deren Tod er sich, wohl nicht zu Unrecht, die Schuld gab.
    Rulfans Blick glitt über die Rechte seines Gegenübers. Über Handrücken und -fläche zog sich eine hässliche Narbe, die die Hand bis zur Nutzlosigkeit entstellte. Jed hatte sie immer noch nicht behandeln lassen. Sie war Strafe und zugleich Andenken an den Kampf, bei dem Majela zu Tode gekommen war.
    Dem Albino lief ein leiser Schauer über den Rücken, als er daran dachte, was nach dem Tod dieser Frau aus seinem einstigen Freund geworden war. Würde er selbst auch so enden? Suchte nicht auch er in Selbstbestrafung Trost und Vergessen? Ging er nicht sogar noch einen Schritt weiter? Seit Wochen ließ er keinen Kampf, keine Gelegenheit aus, sich in Gefahr zu bringen, hatte sich sogar den Taratzen ausgeliefert. Ob nun Wunden oder gar der Tod, alles war willkommen, was ihn von seinem Schmerz um Lay erlöste.
    Das raue Lachen des Linguisten riss ihn aus seinen düsteren Gedanken. »Ich hatte mir schon gedacht, dass der Auftrag der Allianz längst, nun, hinfällig ist«, hörte er ihn sagen. »Dennoch bleibt es weiterhin mein Bestreben, die, hm, verfeindeten Stämme zu einen. Jedes Mittel ist mir dazu recht. Auch wenn es bedeutet, hm, König von ganz Schottland zu werden. Warum denn auch nicht?«
    König von Schottland? War Jed größenwahnsinnig geworden? Mindestens ebenso verblüfft wie sein Freund Matthew lauschte Rulfan nun wieder den Ausführungen ihres Gastgebers. So erfuhr er, dass sich Stuart in den vergangenen Jahren ein kleines Reich aufgebaut hatte. Bis zu dem Fluss Viirzz of Voorz umfasste es das Gebiet der Highlands und damit die Ostküste. »Fast alle Clans des Nordens stehen inzwischen hinter mir«, erklärte er den staunenden Männern. »Nur in den Lowlands gibt es, ähm, noch etliche barbarische Sippen, die mir den Herrscheranspruch streitig machen. Mit einem Teil von ihnen habt ihr heute, äh, Bekanntschaft gemacht. Sie werden von einem ewig Gestrigen angeführt, der meinen Bemühungen um Frieden, hm, kriegerisch gegenübersteht.«
    »Du meinst diesen Luther«, sagte Matt.
    »Richtig.« Jed Stuart nickte. »Dabei war er mal ein ganz, ähm, kleines Licht, Leibgardist eines Stadtfürsten in den Lowlands. Aber er hat sich kontinuierlich eine, äh, Armee aufgebaut und macht mir, hm, das Leben schwer.«
    Auf Matts Frage, wie er sich mit den wenigen Mitteln, die ihm damals von der Allianz zur Verfügung gestellt worden waren, durchsetzen konnte, antwortete Jed nur ausweichend. Sie erfuhren nur, dass die Waffen und die Verbindungen seiner Frau zu den hiesigen Clans ausgereicht hätten, seine Position zu festigen.
    Rulfan stutzte. Hatte er richtig gehört: Jed hatte eine Frau? »Du bist verheiratet?«, platzte er überrascht heraus.
    »Ja, und du kennst sie.« Stuart sah ihn an, als hätte er in eine saure Zitrone gebissen. »Auch wenn du es warst, der unser Glück beinahe vereitelt hätte, haben Nimuee und ich uns wieder gefunden.«
    Der Albino brauchte einen Moment, um den Sinn von Jeds Worten zu erfassen. Er konnte sich gut an Nimuee erinnern, eine Barbarin mit langen schwarzen Haaren und leuchtend grünen Augen. Deren Ziehsohn Arfaar er kaltblütig erschossen hatte… erschießen musste, um die Interessen der Allianz durchzusetzen.
    Stuart sah ihm wohl an, was Rulfan bewegte. Er kam zu ihm herüber und klopfte ihm auf die Schulter. »Lass es gut sein, alter Freund. Was geschehen ist, soll ruhen. Jeder hat unter seinen, äh, Dämonen zu leiden. Ich habe mich damals selbst für die Hölle meiner, hm, einstigen Erinnerungen entschieden.«
    ***
    Es dämmerte bereits, als der Buggy und die berittenen Soldaten, die Jed »Celtics« nannte, von ihrer Verfolgungsjagd zurückkehrten. Scheinbar hatten sie die aufständischen Barbaren weit in die Wälder der Lowlands zurückgetrieben. Jedenfalls verstand Matt das so, als der Befehlshaber der kleinen Truppe, ein Mann namens Huul, seinem Herrn mit gesenkter Stimme Bericht erstattete. Wie schon zuvor machte Jed ein Geheimnis um die genauen Umstände. Ohne weitere Erklärungen drängte er nun darauf, zu seiner Burg in den Highlands aufzubrechen.
    Matt war zu müde, um nachzubohren. Im Augenblick war er nur erleichtert, dass das Eis zwischen ihnen gebrochen schien. Er ging davon aus, dass Jed
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