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2491 - Der dritte Messenger

2491 - Der dritte Messenger

Titel: 2491 - Der dritte Messenger
Autoren: Christian Montillon
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Sie musste den Wörrianer finden! Nur er konnte ihr erklären, was in seiner OREON-Kapsel vor sich ging.
    Ihre Füße trugen sie wie von selbst zurück zur Zentrale, obwohl das der einzige Platz in der JOHSAB war, von dem sie mit Sicherheit wusste, dass er sich dort nicht aufhielt.
    Tatsächlich?, dachte sie. Ist das so? Oder wartet in der Zentrale die Wahrheit auf dich?
    Der Eingang stand offen. Als sie ihn erreichte, hob sie die Beine zu einem ungewöhnlich großen Schritt, ohne darüber nachzudenken.
    Was tue ich hier?
    Kaum trat sie auf, drehte sie sich um.
    Vor ihr auf dem Boden lag die Leiche des Friedensfahrers. Sie war über ihn gestiegen, ohne ihn wahrzunehmen.
    »A... aber ... «
    Sie ging auf die Knie, packte den Kopf des Toten. Seine Augen standen weit offen und waren verdreht, die Brust blutrot verschmiert.
    Vertrocknetes Blut leuchtete auch rot im Rahmen des Eingangs. So auffällig, dass sie es unmöglich hatte übersehen können, geradezu wie ein Signal.
    Der Tote öffnete den Mund. »Verstehst du nicht? Vertreib die Lügen aus deinem Geist!«
    Ca-Her-L'ron schrie. Sie zuckte so impulsiv zurück, dass sie den Halt verlor und rückwärts auf den Boden schlug.
    Zitternd erhob sie sich wieder, mit geschlossenen Augen.
    Sie hatte Angst. Was würde sie sehen, wenn sie in die Zentrale blickte? »Nar-Yan-N'ik!«, rief sie.
    Keine Antwort.
    »Gib den Kurs ein und bring uns von hier weg!«
    Ihre Mitpilotin schwieg.
    Ca-Her-L'ron drehte sich um und öffnete die Augen.
    Nar-Yan-N'ik saß auf ihrem Pilotensessel. Oder auf dem fahlen Metallgerüst, das von ihm übrig war. Alles andere war verbrannt. Genau wie Nar-Yan-N'ik. Vom Schädel war nur der bloße Knochen geblieben, die Arme hatten sich in Aschehaufen verwandelt.
    »Trenn dich von den Lügen«, sagte Ca-Her-L'ron. »Trenn dich von den Lügen.«
    Wieder und wieder sprach sie diesen Satz aus. Genau wie sie es zuvor schon gesagt und geglaubt hatte, die Stimme des Medoroboters zu hören. Oder diejenige des toten Wörrianers.
    In diesen Augenblicken kam Ca-Her-L'ron endgültig in der Realität an.
     
    *
     
    Sie ließ sich vom Bordrechner die interne Aufzeichnung abspielen.
    »Vorsicht!«, schreit Nar-Yan-N'ik. »Der Traitank, ich ...«
    Das war der Moment gewesen, in dem sie ihren verhängnisvollen Fehler beging. Sie war der heranjagenden Salve nicht ausgewichen und hatte zusätzlich die Schirme der JOHSAB falsch geschaltet. Energien waren durchgeschlagen und hatten sich an ihrer Konsole entladen.
    Das Pult verwandelt sich in einen grell lodernden Ball. Energetische Blitze jagen durch den Raum und suchen sich Ziele. Etwas explodiert. Der Wörrianer brüllt und wird gegen die Wand geschmettert, nahe dem Ausgang.
    Im Zentrum der Hölle sitzt Nar-Yan-N'ik. Ihre ganze Gestalt glüht, Blitze zucken über ihr Fell, dann geht sie in Flammen auf.
    Ca-Her-L'ron sitzt auf ihrem Pilotensessel. Gelähmt und panisch sieht sie Bilder von Gräueln, die sie nie hatte sehen wollen. Genau wie ihre Ausbilderin Git-Ka-N'ida es prophezeit hat. Blut schießt aus der Brust des Friedensfahrers. Nar-Yan-N'ik zuckt noch immer, obwohl sie längst tot sein muss.
    Und sie selbst brennt. Flammen knistern auf.
    »Stopp!«, brüllte sie. »Ausschalten!«
    Die Wiedergabe endete.
    Die Technologie der OREON-Kapsel hatte bei dem Zwischenfall offenbar nur wenig Schaden genommen. Es war Ca-Her-L'ron ein Leichtes gewesen, die Kontrolle über die JOHSAB zu übernehmen und sie zum Sammelpunkt zu steuern. Der Traitank war verschwunden gewesen.
    Als sie bei Rendezvous-Gamma angekommen war, hatte sie keine Meldung gemacht. Worüber auch? Es war doch alles wieder gut. Ihr Geist hatte sich zu diesem Zeitpunkt längst in eine heile Welt geflüchtet, in der all das nicht geschehen war.
    Die anderen waren nicht gestorben und sie selbst nicht in ein Monster verwandelt worden. Sie war auch nie durch die verbrannten Korridore gewandert, durch die zuvor eine Feuerwalze gejagt war.
    Die Injektionen des Schmerzmittels ... natürlich ... sie brauchte sie, weil doch ihr Arm schrecklich verbrannt worden war, als Nar-Yan-N'ik diesen verhängnisvollen Fehler beging, bei dem es verlaufen war wie fast immer in derlei Situationen: Die eigentlich Schuldige war ohne Schaden davongekommen.
    Doch sie, Ca-Her-L'ron, hatte es schrecklich erwischt. Ihr Arm ... nicht etwa ihr Gesicht, nein, sie war nicht zu einem Monster geworden ... jedoch ihr Arm ...
    Eine Zeit lang war es ein guter Platz gewesen, an den sich ihr Bewusstsein
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