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2490 - Die dunklen Gärten

2490 - Die dunklen Gärten

Titel: 2490 - Die dunklen Gärten
Autoren: Wim Vandemaan
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und er schaute darin wie in einem schwarzen Spiegel das Gehöft.
    Er sah die mehrfach flachen Gestade, vernahm das Pochen der Raumzeitgeneratoren.
    Die Metaphysikalischen Mühlen drehten sich träge im Vergangenheitswind.
    Er sah die Maschinen Bewussteine weben und in die Urnen pflanzen.
    Er lauschte den Beschlüssen des Niemand-Gremiums, welche Urnen zu öffnen seien, wem welcher Geist zu borgen sei für welchen Preis.
    Er sah die Stellartone von ihren Raumzeitschwellen starten und auf Reise gehen durch den Tubularraum.
    »Das ist mein Gehöft«, sagten die drei. »Ist es nicht schön?«
    Stroh zu Gold.
    Auf dem Tisch erschienen Kuchen und überreich gefüllte Obstschalen, weiße Äpfel und samtene Pfirsiche. Eine Kaffeemühle mahlte. Es roch nach Mirabellenschnaps.
    »Du verwöhnst mich.«
    Er schaute aus dem Fenster. Ein Traitank sank aus dem blauen Himmel. Eine Amsel tixte aufgeregt.
    Der Traitank wurde, wie er sank, kleiner und kleiner. Eine Libelle huschte aus dem Schilf herbei, schnappte den Traitank und fraß ihn auf.
    Die Amsel flötete. Ein Löwe führte ein Lamm spazieren. Die Metaphysikalischen Mühlen drehten sich träge im Vergangenheitswind. Zukunft trieb in dampfenden Schollen auf dem mehrfach flachen Gestade.
    Scharlachrote OREON-Kapseln tropften aus einem glühenden Firmament.
    »Wo genau sind wir? Oder lässt sich das nicht sagen?«
    »Oh doch, es lässt sich sagen. Wir sind überall. Aber anders als zuvor sehen wir Dinge unterschiedlich groß, unterschiedlich nah. Wir nehmen dein Auge zum Sehen und die Augen der anderen Stimmen.«
    »Gefällt dir das?«
    »Oh ja. Es ist - ja, es gefällt mir.«
    »Gold aus Stroh. Tischlein deck dich«, sagte Savoire. »Eine Märchenwelt. Sie lebten glücklich immerdar. In dieses Immerdar hast du mich gebracht, nicht wahr?«
    »Ich habe die Bilder in deinen Erinnerungen gefunden und in den Erinnerungen der anderen ESCHERisten. Es ist ein Immerdar, denn wir müssen nicht sterben. Gefällt dir das?«
    Savoire nahm noch einen Schluck aus dem irdenen Krug. Das Wasser war von paradiesischer Reinheit, ungetrübt, so kalt, dass es ihm den Atem verschlug. Er stellte den Krug ab und trat ans Fenster. Etwas ging wie ein Riss durch das Land, durchbrach das Firmament, schlug wie ein schwarzer Blitz in die Erde und fuhr hinab, zog einen Riss durch die Schöpfung von oben bis unten.
    »Du weißt, was das ist?«
    Savoire nickte. »GLOIN TRAITOR. Die Nadel des Chaos.«
    »Wir wandeln noch in ihrem dunklen Garten.«
    Tatsächlich waren sie längst nicht mehr im Haus, sondern schritten einen schwarzen Weg, traten auf eine schwarze Brücke, blickten in einen Mahlstrom von schwarzen Flammen hinab.
    Athaniyyon. Die Akkretionsscheibe. Strahlung, die jeden Organismus auf der Stelle töten würde ...
    »Wir aber werden nicht sterben«, beteuerten die drei weiblichen Gestalten. »Niemals. Gesetzt, wir bleiben nicht hier.«
    Savoire schwieg. Er sah die terranischen Schiffe stürmen, er sah die JULES VERNE, die LFT-BOXEN, die OREON-Kapseln anrennen gegen die übermächtigen Schirmfelder GLOINS, er sah sie versinken im Millionenheer der Verbände TRAITORS.
    Die drei Frauen waren nackt. Sie standen in einem süßen, duftenden Regen. Sie wuschen einander das Haar: das Kind auf dem Schoß der schönen Frau, hinter der Frau die Greisin. Sie sagten mit ihren Mündern: »Du bist die Stimme. Sprich!«
    »Du sagst: Wir werden nicht sterben, wenn wir fortgehen von hier. Dort draußen, hier und jetzt, sterben viele. Wenn Hangay zur Negasphäre wird, sterben Billiarden.«
    »Oh ja, Stimme Savoire. Aber fürchte dich nicht. Das Hier und Jetzt - das sind entlegene Orte. Wir aber werden nicht sterben immerdar.«
    »Ich fürchte nichts«, sagte Savoire und betrachtete die Schlacht. »Sie können GLOIN nichts anhaben. Die Nadel wird weiterarbeiten. Hangay wird stürzen. Werden wir die Negasphäre überstehen?«
    Die drei Gestalten schüttelten das Wasser aus ihrem Haar.
    Das Mädchen sprang vom Schoß der Frau und kam auf ihn zu, breitete die Arme aus. Savoire hob es auf den Schoß. Es lehnte sich an ihn. Er atmete ein, einige seiner trockenen, sonnenwarmen Haare lagen auf seinen Lippen, auf seiner Zunge. Sie schmeckten ein wenig bitter.
    Das Mädchen nahm seine Finger in makellos junge Hände, knickte sie an den Gelenken ein. »Nein. Wir würden die Negasphäre nicht überstehen. Wir sind mächtig. Allmächtig sind wir nicht. Wir müssten nicht nur die Kernzone verlassen, sondern Hangay.«
    Savoire lachte,
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