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2488 - Hinter dem Kernwall

2488 - Hinter dem Kernwall

Titel: 2488 - Hinter dem Kernwall
Autoren: Michael Marcus Thurner
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einem anderen Universum.
    Zehn Sekunden. So feucht hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt.
    Fünf Sekunden. Nuskoginus dachte an eine andere, eine unglaubliche Zahl: an 60 Millionen Jahre.
    Zwei Sekunden. Nun würden sie sich rehabilitieren.
    Eine Sekunde. Von ihnen hing alles ab.
    Null.
    Schatten kamen aus den Ecken und Winkeln des Raumes gekrochen und legten sich über sie. Noch war die Dunkelheit nicht vollkommen, noch hatte sie das Licht und das Leben nicht vollends unter Kontrolle.
    Nuskoginus betätigte den Drehmechanismus des Behälters. Gleichzeitig öffneten sich die Schleusen des Klippers.
    On- und Noon-Quanten entwichen, von ihm und seinen Begleitern in die Freiheit entlassen. Lebensimpulse und solche, die Intelligenz freisetzten, strömten aus den Behältnissen und vereinten sich, magisch voneinander angezogen, um gleich darauf den Weg nach draußen zu suchen. In die Dunkelheit, die dort drohte. Die Bio-phore vermengten sich und wurden zu Lebensenergie. Sie spürten, dass ein ganz spezieller Feind auf sie wartete.
    Nuskoginus eilte von einem Fass zum nächsten. Er durfte sich keinesfalls ablenken lassen. Wichtig war, dass sie so viel Biophore wie möglich freisetzten.
    Er konnte kaum etwas sehen, und er verlor das Gefühl für seinen Körper. Waren seine Beine noch da? Seine Arme? Sein Kopf? Existierte er?
    Er öffnete das sechste Gefäß, schwebte hoch zum siebten, riss es ebenfalls auf. Seine Gefährten arbeiteten mit ähnlicher Schnelligkeit und Hingabe. Überall fauchte und stöhnte es. Niemals zuvor hatte der Mächtige derartige Töne gehört. Narrten ihn seine überreizten Sinne, oder wollten sich die Biophore tatsächlich mitteilen?
    Zwei Daseinsformen - oder Zustände? Konzepte? Ideen? - trafen aufeinander, obwohl dies niemals hätte geschehen dürfen. Leben und Intelligenz trafen auf etwas, das vor ihnen da gewesen war, das sie niemals würden verstehen können, weil sie außerhalb seiner Struktur lagen. Was würde aus einer solchen Begegnung entspringen?
    Nuskoginus wusste es, denn es war schon einmal passiert. Hunderte Milliarden von Lebensquanten waren damals an das Element der Finsternis gebunden worden - oder umgekehrt. Quanten der Finsternis waren geboren worden, die Teile von beiden Seiten in sich vereinten. Sie litten unter ihrer Quasiexistenz, wurden innerlich zerrissen, ohne voneinander ablassen zu können. Dank der On- und Noon-Bestandteile entwickelten sie ein Bewusstsein und waren sich von da an ihrer Schrecklichkeit bewusst.
    Die Quanten der Finsternis litten, wie niemals zuvor etwas gelitten hatte. Kein Wunder, dass der Quell-Klipper Ruumaytron, der selbst von einem dieser Nicht-Geschöpfe beherrscht worden war - oder damit identisch war -, sich gegen diesen Vorgang gesträubt hatte. Er fürchtete sich.
    Nuskoginus erreichte die zehnte Biophore, als ihn die Dunkelheit vollends einhüllte. Mit gefühllosen Händen öffnete er den Schraubverschluss, auch wenn sich das schützende Technik-Geflecht gegen seine Handgriffe wehrte.
    Würde dasselbe passieren wie damals? Oder waren die Quanten der Finsternis Zufallsprodukte, die niemals wieder entstehen würden?
    Ihr Plan war von so vielen Unsicherheiten gekennzeichnet ... Doch Nuskoginus wusste, dass das Leben niemals Gewissheiten bot, sondern lediglich Gelegenheiten.
    Die Dunkelheit war allumfassend, Nuskoginus blieb stocksteif stehen. Wohin sollte er sich auch bewegen in diesem Nichts?
    Ein Schrei ertönte. Er war schrecklich, schrill, laut, allumfassend.
    Nuskoginus vermutete, dass es der Quell-Klipper war. Er fungierte als eine Art Bindeglied zwischen dem Element der Finsternis und der Masse der Biophore. Das Schiff erfuhr eine Veränderung.
    Es wandelte sich, füllte nun die Funktion eines »Resonanzkörpers« aus, in dem all das widerhallte, was den Bestandteilen dieses wahnsinnigen, wahnsinnig machenden Experiments passierte. Ruumaytron raste und tobte.
    Das Licht kehrte zurück. Es war fad und farblos, die Schatten wirkten verzerrt. Die beiden so divergenten Daseinsformen kämpften nach wie vor um die Vorherrschaft. Sie meinten, in diesem Kampf obsiegen zu können, obwohl die Verschmelzung bereits millionenfach passierte.
    In einem unübertrefflich klaren Augenblick erkannte Nuskoginus das Wunder der Schöpfung: Leben, wie er es kannte, hatte nur dann eine Daseinsberechtigung, wenn es Elemente beider Seiten in sich vereinte. Gut und Böse, Hell und Dunkel, Schwarz und Weiß: Sie gehörten zusammen und ergaben erst in der
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