Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2482 - Der ewige Kerker

Titel: 2482 - Der ewige Kerker
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
der verrückte Konstrukteur tatsächlich ein solches Gerät erschaffen hatte – wie sollte sie es finden?
    Ein heller Fleck an der Wand kräuselte sich, wellte sich, beulte sich aus, wurde zu einem gallertartigen Relief.
    An anderen Stellen wiederholte sich dieser Vorgang, bis elf Bilder entstanden waren, die verschiedene Gegenstände zeigten: technische, jedoch auch solche des Alltags wie Geschirr, Gartenwerkzeug oder eine Pudelmütze.
    Inkadye stutzte. Einen Rechen hatte sie vorhin auf einem der Haufen bemerkt. Wurde ihr gerade signalisiert, dass sie ihn an sich nehmen sollte?
    Nun, ein Versuch kostete nichts ... Sie holte den Rechen und berührte mit dem Stiel das entsprechende Relief. Es glühte rötlich auf, dann sank es in die Wand zurück.
    Dinge suchen zu müssen, noch dazu elf an der Zahl, erinnerte sie verdächtig an die Spielchen des zweidimensionalen Kobolds Murtaugh oder Skutnik.
    Andererseits konnte ihr egal sein, was ihr der Meister der schleimigen Kaverne abverlangte – solange er am Ende das begehrte Gerät herausrückte.
    Also durchwühlte Inkadye den Fundus des Sonderlings, kroch in die hintersten Winkel, zerlegte auch manche Maschine, um die von den Reliefs dargestellten Dinge zu ergattern. Nur wenige ließen sich so leicht entdecken wie der Gartenrechen.
    Bei einigen verbarg das Gewirr der Umgebung die charakteristische Form.
    Andere waren nicht, was sie schienen, und überdies anders dimensioniert: So entpuppte sich etwa die vermeintliche Pudelmütze als glänzende, auf einem Kugelgelenk montierte Rührschüssel oder der Korkenzieher als eineinhalb Meter lange Leuchtspirale.
    Stunden verbrachte Inkadye im stickigen Höhlendom, bis sie die ärgerlich geistlose Aufgabe endlich gelöst hatte.
    Im selben Moment, in dem das elfte und letzte Relief verschwand, ertönte eine Fanfare. Aus der Kuppel wurde an einem Kettchen ein Gebilde herabgelassen, das an die Unterarmschiene einer Ritterrüstung erinnerte.
    Rasch stellte sich heraus, dass die Schiene, deren mattierte Oberfläche ein Netz hauchdünner Silberfäden überzog, mit dem Multifunktions-Armband kompatibel war. Die Kontaktflächen passten perfekt aneinander. Das Armband diente sowohl zur Steuerung als auch zur Versorgung mit Energie.
    Besaß Inkadye nun tatsächlich einen tragbaren, mikrominiaturisierten Fiktivtransmitter? Laut den Anzeigen musste sie bloß das Zusatzgerät mit den gespeicherten Holo-Stadtplänen kombinieren, das gewünschte Ziel markieren und die Ortsversetzung auslösen.
    Konnte es so einfach sein? Stand sie kurz davor, mit der AS’RIF aus dem ewigen Kerker zu entkommen?
    Oder saß sie erneut einem Bluff ihres Herrn beziehungsweise seiner Handlanger auf? Wurde eine Hoffnung geweckt, nur damit die Gefangene, nachdem auch dieser Versuch gescheitert war, in noch tiefere Verzweiflung stürzte?
    Sie zögerte lange, einen Probesprung zu unternehmen. Dann aber wählte sie eine Wartungs- und Verwaltungszentrale im Tiefspeicher, unweit des Orts, an dem ihre Raumyacht gelagert wurde.
    Ihr Mittelfinger zitterte, als sie die Sensorfläche berührte. Funken umwirbelten sie, immer schneller und schneller, verwischten, zogen sich in die Länge, zu feurigen, brennenden Striemen.
     
    *
     
    Inkadye wurde entstofflicht und rematerialisierte ... in der unbenutzten Zentrale!
    Sie vermochte ihr Glück kaum zu fassen. Die wie stets aktivierten Holoschirme an den Seitenwänden zeigten das unendliche schwarze Nichts des Weltraums, der die Stadt Koltogor umgab, den kalten, unüberwindlichen Abgrund zwischen den Sternen.
    Für die AS’RIF stellte er kein Hindernis dar ...
    Sie flog förmlich die Treppen und Rampen hinauf. Dann stand sie, keuchend und knisternd, auf der Empore und betrachtete ihr Schiff.
    Oft und oft hatte sie in den vergangenen Wochen, ungeachtet der unterwegs zu ertragenden Quälereien, den weiten Weg in den Tiefspeicher auf sich genommen. Bei jedem dieser Besuche hatte sich das Gefühl verstärkt, die Yacht erwidere den Blick; starre zurück, genauso flehentlich wie Inkadye selbst.
    Penibel überprüfte sie das Armband und die daran befestigte Schiene. Die Geräte hatten perfekt funktioniert, hatten sie präzise transportiert und dabei augenscheinlich keinen Schaden erlitten.
    Allerdings war der Ladestand der Speicherbatterie dramatisch gesunken, von 99 auf 67 Prozent. Ergo verbrauchte jede Ortsversetzung rund ein Drittel der ursprünglich vorrätigen Energie, oder anders ausgedrückt: Inkadye hatte nur noch zwei Sprünge
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher