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2478 - LICHT VON AHN

Titel: 2478 - LICHT VON AHN
Autoren: Unbekannt
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die sie daraus ziehen konnte: Sie würde nie – nie! – wieder an einer Schlacht teilnehmen und die Nachtlicht-Rüstung zu kriegerischen Zwecken einsetzen.
    Das schwor sie sich zum hundertsten Mal, während sie Metallreste wegschabte und Kontaktenden freilegte.
    „Nie wieder, selbst wenn ich diese Space-Jet jemals verlassen sollte!"
    Sie glaubte, eine Art Wispern in ihren Gedanken zu hören. Sie konnte es nicht verstehen, doch ihre Hände hörten auf zu arbeiten und legten sich auf das Etui des Vektor-Helms, ohne dass sie es bemerkte.
     
    *
     
    „Tag 969", sagte sie. „Heute sollten die Arbeiten am Service-Roboter endlich abgeschlossen sein."
    Nicht einmal diese Aussicht vermochte sie aus dem ewigen Gleichmut zu locken, der ihr Dasein mehr als alles andere bestimmte. Mehr als die geschmacklosen Mahlzeiten aus der Recyclinganlage, die wahrscheinlich besser funktionierte als je zuvor in der Geschichte dieser Space-Jet, weil Kamuko sie jeden Tag wartete.
    Jeden einzelnen Tag.
    Sie zählte sie immer noch, obwohl das längst keinen Sinn mehr ergab. Die bordinterne Zeitmessung war wesentlich effektiver als ihr Gedächtnis. Doch was machte es für einen Unterschied? Es war eine lieb gewordene Gewohnheit.
    Genau wie das Polieren des Etuis, der Beinbrücke und des Brustpanzers. Es war lächerlich anzunehmen, die Nachtlicht-Rüstung, dieses mächtige Utensil, könne Staub ansetzen. Dennoch polierte Kamuko sie. Jeden Abend, bevor sie sich einzuschlafen gestattete.
    Ein herrliches Ritual. Es kribbelte dann in ihren Fingerspitzen, und es war, als könne sie das Echo des Kosmos um sich hören, den Puls all der Lichtjahre spüren, die sie in Schleichfahrt zurücklegte. Es kitzelte in ihren Gedanken, sie könnte förmlich spüren, wie einzelne Neuronen zündeten. Einmal hatte sie einen Satz gefunden, irgendwo da draußen in der Weite des Leerraums, der schöner war als alle anderen: Wenn du schon nicht gefunden wirst, Kamuko, dann wenigstens die Rüstung.
    Seitdem dachte sie es jeden Abend, und bald formten sich die Worte wie von selbst um: Wenn du schon nicht gefunden wirst, Kamuko, dann wenigstens ich.
    Aber noch war es nicht so weit, das Abendritual durchzuführen. Erst musste sie eine schleppende Anzahl von Stunden lang wach bleiben und die Arbeit am Servo-Robot beenden.
    Die kegelförmige Maschine reichte Kamuko gerade einmal bis zur Brust.
    Das Metall glänzte im Deckenlicht, und in der Kopfsektion warteten einige Dioden darauf, endlich zu leuchten. Drei kurze Laufbeine wiesen mehrere Gelenke auf. Die vier Tentakelarme waren dazu bestimmt, einfache Reparaturen auszuführen, genau wie die ganze Maschine, doch die Generalin hatte eine bessere Aufgabe für den Robot vorgesehen.
    Er sollte ihr als Gesellschafter dienen.
    Anfangs hatte sie sich mit Begeisterung in diese Arbeit gestürzt, nachdem ihr die Idee gekommen war, den einfachen Servo-Robot umzuprogrammieren. Endlich würde sie nicht mehr allein sein. Bald jedoch hatte sie sich selbst nicht länger täuschen können. Nicht mehr allein? Nur, weil sie dann einen Roboter als Gegenüber besaß? Dann war sie genauso allein wie zuvor. Eine Maschine konnte keinen Gesprächspartner ersetzen.
    „Aber Deprot wird besser sein als nichts", sagte sie, beinahe trotzig, als ihr dieser Gedanke wieder einmal kam. „Ich programmiere ihn interaktiv, das ist fast, als würde er tatsächlich leben."
    Dann war wenigstens jemand da, der ihr zuhören konnte. Denn obwohl fast tausend Tage vergangen waren – 969, dachte sie, es sind genau 969 und ich vergesse keinen einzigen –, konnte sie die Finale Schlacht, all das Sterben und das Vibra-Psi einfach nicht aus ihrem Gedächtnis verbannen. Sie hegte den sehnlichen Wunsch, sich all das von der Seele zu reden.
    Deprot würde zuhören, es abspeichern und hin und wieder sogar Zwischenfragen stellen. Gewissermaßen lebte er. Es würde helfen.
    Ganz sicher würde es das.
     
    *
     
    „Warum heiße ich Deprot?"
    Das war sie also, die erste Frage, die ihr nach all den Monaten und Jahren in der Einsamkeit von einem anderen Wesen gestellt wurde als ihr selbst.
    Kamuko hatte mit allerlei Spitzfindigkeiten gerechnet, vielleicht damit, dass ihr neuer Gesellschafter wissen wollte, warum sie den beengten Raum der Space-Jet nicht verlassen konnten ...
    Aber auf diese Idee war sie nicht gekommen.
    Der kegelförmige Metallkörper drehte sich einmal um die eigene Achse. „Ist das eine falsche Frage gewesen, Herrin?"
    „Nenn mich Kamuko", bat sie aus einer
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