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2477 - Die GrÃŒndermutter

Titel: 2477 - Die GrÃŒndermutter
Autoren: Unbekannt
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halb in dieser, halb in einer anderen Welt durch die Luft schwammen. Goldenes Leuchten tauchte alles in bizarre Schönheit. Kantirans Gesicht wirkte wie das einer erhabenen Statue, so schön, dass es sie im Herzen schmerzte. Ihr wurde heiß, sie glaubte einen Augenblick lang, innerlich zu brennen.
    Das Bild in der Scheibe änderte sich, sie standen der Mondkette nun nahe. Die Heiße Legion umhüllte die Kapsel ASH AFAGA und durchdrang und testete jeden, der sich der Heimat der Friedensfahrer nähern wollte. Feinde wurden von der Legion zuverlässig erkannt und eliminiert – wie diese Gesinnungsprüfung vonstattenging, wussten die Friedensfahrer nicht, ebenso wenig wie sie etwas am Tun der Heißen Legion ändern konnten. Sie unterstand nicht ihrer Gewalt, und doch bildete sie die wichtigste Schutztruppe des Geheimbunds. Jedes Schiff, das ins Rosella-Rosado-System eindrang, erlebte binnen Sekunden dasselbe Phänomen.
    Wie jedes Mal wurden Cosmuel und Kantiran von der Legion identifiziert und eingelassen – und zweifellos auch alle anderen Friedensfahrer an Bord der OREON-Kapsel. Die innere Hitze schwand wieder, der schemenhafte Schwarm zog sich zurück, das goldene Leuchten verblasste. Die Heiße Legion hatte ihr Werk getan.
    „Sagen wir es so", meinte Kantiran.
    „Wenn das hier erst mal vorüber ist, ist der Wohnmond Fumato gar nicht so übel."
     
    *
     
    „Mir ist übel", sagte Cosmuel.
    Kantiran grinste sie an, und er sah so gelöst aus wie schon lange nicht mehr. In diesem Augenblick erinnerte er sie an ein Kind, das rein zufällig in einem erwachsenen Körper gelandet war; naiver Schalk blitzte in seinen Augen. „Bist du nun auch noch umgekehrt raumkrank?"
    „Hm?"
    „Als wir in der OREON-Kapsel unterwegs waren, ging es dir gut ... Nun haben wir festen Boden unter den Füßen und dir wird übel."
    „Seltsam", meinte sie. „Findest du nicht, dass der Boden genauso fest ist wie in der ASH AFAGA? Der ganze Trubel und der Lärm machen mir zu schaffen. Lass uns irgendwo eine Wohnung suchen."
    Aus allen Richtungen drangen Geräusche auf sie ein: Klirren, Knarren und Plärren. Zumindest empfand sie es in diesem Augenblick so. Bei ihrem letzten Besuch war ihr das ganz anders vorgekommen.
    Es schepperte vor ihr (die Metallkleider eines glupschäugigen Insektoiden), hämmerte hinter ihr (eben hatten sie einen Arachnoiden passiert, der auf ein sehr eigenwilliges Schlagzeug eindrosch, das aus einem froschartigen Lebewesen mit diversen Hornplatten bestand), sirrte neben ihr (der Wind pfiff durch die pfeifenartigen Applikationen im Gefieder eines aufgeplusterten Vogelartigen, der mit einem Artgenossen schnäbelte), zischte über ihr (ein dreiköpfiger Friedensfahrer diskutierte heftig mit sich selbst, während die schlangenartig gespaltene Zungen vor den Mäulern pendelten). Ja sogar unter ihr lärmte alles – irgendein irrsinniger Straßenkünstler hatte den Gehweg in ein Areal aus Tönen verwandelt, wie ein reißerisches Schild verkündete. Jeder Schritt löste eine Art Gong aus, als spaziere man auf einem riesigen Tasteninstrument.
    Die Wirklichkeit zerklirrt zu Scherben, und ein Gleiter rast durch meinen Kopf, dachte Cosmuel. Hier stirbt es sich leicht.
    Plötzlich wusste sie, dass sie genau diesen Satz verwenden würde, um eine neue Geschichte zu schreiben. Und dieses Mal würde sie nicht aufgeben. Ein sperriges, verschrobenes Ding würde entstehen, das nur die wenigsten verstehen konnten, aber in Cosmuel bildete sich mit einem Mal ein ganzer Kosmos, und sie verstand auf ihre Art, was die Negasphäre in Hangay tatsächlich darstellte.
    Hier stirbt es sich leicht, dachte sie erneut und erkannte das innerste Wesen des Chaos besser als je zuvor. Man musste es nur auf die eigene Seele projizieren, musste selbst das Universum sein, in dem ein todbringendes Geschwür wucherte und seine verderbten Auswüchse wie bösartige Tentakel peitschen ließ. Ich habe gesehen: Fremdheit, fügte sie in Gedanken einen weiteren Satz hinzu.
    Eine humanoide Friedensfahrerin schlurfte schwerfällig an ihr vorbei. Ihr Bauch quoll weit hervor, so dick, dass sie unwillkürlich an eine schwangere Terranerin kurz vor der Niederkunft erinnerte. Aber diese Fremde war keine Terranerin. Vielleicht trug sie tatsächlich ein Baby in sich, vielleicht nicht. Wie dem auch sein mochte, sie schob den Bauch mühsam vor sich her, und Cosmuel schien es, als sei diese Frau trotz all des Trubels völlig allein.
    Die Negasphäre, dachte sie. Wie eine fahle
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