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2429 - Das Terminale Beben

Titel: 2429 - Das Terminale Beben
Autoren: Unbekannt
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Genprox-Analysten, eine Welt unter halbtransparentem Material auf dünnen Teleskopbeinen. Für Mirongron und seine Bewohner spielte es keine Rolle, auf welchem Planeten sie sich aufhielten. Ihre Arbeit war immer dieselbe, ihre Probleme auch.
    Derzeit beschäftigten sie sich mit zwei. Sie kamen in ihren analytischen Forschungen auf diesem Planeten nicht voran, und es gab – bedingt durch die hyperphysikalischen Phänomene – keinen Kontakt zum Oberkommando, das weit entfernt in einem Kratersee residierte, in einer riesigen Station der Terminalen Kolonne mit dem Namen IROTHAK.
    Ish gab sich einen Ruck. Er wandte sich nach rechts, folgte der Galerie in Richtung des nächsten Expresslifts. In regelmäßigen Abständen ragten Balkone in das Nichts zwischen den Maschinenanlagen. Meistens hielten sich auf ihnen Ratgeber auf. Ish sah mehrere Silhouetten, breit gebaut wie er selbst, mit stämmigen Beinen und vier Armen, über dem tonnenförmigen Rumpf den sichelförmigen Kopf mit der funkelnden Krone und den vier Augen.
    Seit Tagen blieben sie stumm, wenn er in ihre Nähe kam. Er vermisste ihre Ratschläge, wenn sie ihm den besten Weg an sein Ziel zuflüsterten. Andere sorgten sich um die körperliche und psychische Gesundheit der Bewohner Mirongrons, natürlich auch um seine.
    Bis zur vergangenen Eiablage.
    Von diesem Zeitpunkt an schien ihnen jemand im Bezug auf seine Person ein Mundpflaster verordnet zu haben.
    Ish Conart kannte die Hintergründe nicht, aber es bereitete ihm Vergnügen, darüber zu spekulieren.
    Die Ratgeber ignorierten ihn nicht, aber sie ersparten ihm ihre Ratschläge, als sei er dank der Eier zu einem Unberühr- und Unberatbaren geworden.
    Im Moment empfand Ish es als wohltuend, lediglich den Geräuschen der Anlagen lauschen zu können und sich dabei den eigenen Gedanken hinzugeben.
    Die Ratgeber blieben zurück, Statuen in ihrer einsamen Mission, über das Wohlergehen von mehr als sechshundert Genprox-Analysten zu wachen, die in Mirongron lebten.
    Du bist nicht mehr einer unter vielen, dachte Ish Conart. Du bist jetzt der Eine. Du bist wer!
    Eier der Höchsten Hoffnungsklasse! 30 Stück. Seine Eier, die erfolgreich befruchtet worden waren. Ish Conart verleugnete den Stolz nicht, der in seiner Brust wogte. Immerhin war es etliche Jahre her, dass Mirongron einen solchen Erfolg hatte vorweisen können.
    Das musste ihm erst einer nachmachen.
    Sein täglicher Besuch bei der Brut glich einem stillen Triumphzug.
    Unerwartet vertrat ihm doch noch einer der Ratgeber den Weg und verhüllte seine Krone zum Zeichen der Neutralität.
    „Ish Conart", sprach er ihn an, „du könntest längst Kommandant sein, wenn es allein nach deinen Fähigkeiten gegangen wäre."
    „Ich habe meine Arbeit", sagte er betont freundlich.
    Mirongron hatte in den vergangenen Generationen viele fähige Analysten hervorgebracht, überdurchschnittlich Begabte, von denen sich jeder als Kommandant eignete. Das hatte zu einem Beförderungsstau geführt, der auch ihn traf.
    „Kommandant Dahas Verkut lässt dir das ausrichten", fuhr der Ratgeber fort. „Er hat nach dir gefragt."
    „Sag ihm meinen Dank!" Ish wusste die seltsame Botschaft nur schwer einzuordnen. Dahas Verkut lobte ihn über die Ratgeber – ein seltener Vorgang.
    „Das ist noch nicht alles", fuhr der Ratgeber fort. „Der Kommandant ruft dich zu sich. Jetzt gleich!"
    „Hat er einen Grund genannt?" Ish Conart verbarg die Betroffenheit in seiner Stimme nur unzureichend. Er trat zwei Schritte zurück, breitete die vier Arme aus. „Sage ihm, ich beeile mich!"
    Der Ratgeber schwenkte zurück in den Balkon und gab Ish den Weg frei.
    Der Genprox-Analyst stampfte davon.
    In seinem Kopf wirbelten die Gedanken, mutierten zu seltsam verknoteten Gebilden, die in dem Moment platzten, als die Säule mit dem Express-Lift in sein Blickfeld geriet.
    Ish Conart spürte eine nie gekannte Nervosität in sich, und sie hatte nichts mit der Anspielung des Ratgebers auf sein Alter und die Reife zum Kommandanten zu tun.
     
    *
     
    Mirongron bewegte sich auf acht Spinnenbeinen durch das Gigantgras.
    Ein Großteil der Halme ragte deutlich über die Kuppel der Garnison hinaus.
    Ab und zu entdeckte Ish im Hologramm der Außenbeobachtung vierbeinige Lebewesen, die zwischen den Teleskopgliedern entlanghuschten. Manche reichten bis an den Sockel des Genprox-Explorers, andere waren nur halb so hoch.
    Und keine zwei, die einander glichen.
    Ja, der Hauch des Chaos wehte über dieser gesegneten Welt
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