Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2358 - Pilot der Chaotarchen

Titel: 2358 - Pilot der Chaotarchen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
Fundament muss man aufbauen. Jedoch behalte dir deinerseits vor, nicht alles bedingungslos preiszugeben. Es gibt keine Instanz, die dergleichen fordern und im Nachhinein über dich richten würde. Nur du bestimmst den Grad deiner Aufrichtigkeit. Sei gewiss: Die anderen halten es ebenso...
     
    *
     
    Das Klopfen an der Tür wurde mit jedem Schlag lauter.
    Poch pochpoch - pochpoch.
    Kirmizz stülpte einen Eimer über seinen Kopf. Er wollte nichts hören, sehen, spüren, riechen.
    Wenn diese Welt aus blanken Informationsquanten bestand, wie er vermutete, digital gestaltet war, ergo alle Gegenstände und Pseudolebewesen bloß Metaphern für Parameter und Algorithmen darstellten; dann schloss er sich hiermit von den üblichen Interaktionen aus.
    Die einundsiebzig draußen vor seinem Refugium mussten entweder seinen Rückzug, seine Abkopplung vom System dulden und unverrichteter Dinge zurückweichen - oder aber die bisherigen Regeln brechen. Sinngemäß: aufbrechen, nämlich die verriegelte Tür.
    Was einer ungebührlichen Verletzung seiner Intimsphäre gleichkam. Kirmizz war neugierig, ob sie so weit gehen würden.
    Poch pochpoch - pochpoch.
    Er versuchte, sich in sich selbst zu versenken, das Klopfen zu missachten. Vergeblich. Je weniger er darauf achtete, desto lauter dröhnte es.
    Poch pochpoch - pochpoch. Übers Gehör nahm er die Einlass begehrende Belästigung gar nicht wahr.
    Aber er spürte die Erschütterungen. Die Schläge pflanzten sich in Wänden und Boden fort, wurden von seinen sensiblen Füßen aufgenommen und weitergeleitet, sodass sein ganzer, kompakter Körper vibrierte.
    Poch pochpoch - pochpoch.
    Kirmizz summte, laut, eine Melodie. Er trommelte mit den Händen auf den Eimer.
    Wild, zornig, in rasendem Stakkato.
    Binnen weniger Atemzüge erlahmten seine Anstrengungen, und er übernahm den Rhythmus, der ihm von außen aufgezwungen wurde.
    Poch pochpoch - pochpoch.
    Dieses Muster ... es ging ihm durch Mark und Bein. War ihm schon in Fleisch und Blut übergegangen, als er noch nicht einmal hatte aufrecht stehen können.
    Die Ammen hatten auf diese Weise in die Hände geklatscht, hatten damit ihre Lieder begleitet. Betörend simpel: ein achtfach unterteilter Takt, wobei die Betonung auf dem ersten, dritten, vierten, sechsten und siebten Achtel lag.
    Poch pochpoch - pochpoch.
    Zu spät bemerkte Kirmizz, dass er sich geirrt hatte. Die da draußen, nein: Das Draußen gab weder auf, noch drang es gewaltsam in seine Enklave ein.
    Das System hatte derlei nicht nötig. Es sandte einfach eine Botschaft, einen uralten Kode, dessen Autorität er sich nicht entziehen konnte: Poch pochpoch - pochpoch.
    Kirmizz ergriff den Eimer und pfefferte ihn erbost in eine Ecke. Er ging, gebeugt, gezwungen, zur Tür und schob den Riegel zurück. „Wen hättest du gern als Gesprächspartner?", erklang das schrille Organ. „Du kannst dir's aussuchen. Macht aber wenig Unterschied. Es ist einerlei."
     
    *
     
    Einerlei.
    Oder musste es heißen: Es war alles eins?
    Alles, außer ihm.
    Keine seiner Theorien traf zu. Die Beobachtungen waren richtig gewesen, jedoch die Schlussfolgerungen falsch.
    Ohne lange nachzudenken,' sagte Kirmizz: „Ecüisse. Ich will mit Ecüisse reden."
    Warum seine Wahl spontan auf die Instrukteurin für Selbstverteidigung gefallen war, entzog sich seiner Reflexion.
    Vielleicht erhoffte er sich einen psychologischen Vorteil daraus, dass er sie im Duell mit den Kchununjas deklassiert hatte. Vielleicht wollte er sie auch nur die längste Zeit schon anderweitig flachlegen.
    Er drückte das Türblatt auf. Ecüisse schlüpfte herein, sehr gewandt und keineswegs unerotisch gewandet. „Hallo", sagte sie, ihr eng anliegendes Trikot zurechtrückend. „Hallo." Kirmizz fühlte sich sehr schlapp, schlagartig nervös, in die Defensive gedrängt. „Nimm doch Platz." .„Ich bin der Platz. Dieser Ort. Alte Räume, die du kennst."
    Ein Stuhl ruckelte, wie von Geisterhand bewegt, über die verzogenen Dielen auf sie zu. Ecüisse setzte sich. „Dass du rebellieren würdest, war vorgesehen, Knabe. Allerdings bist du früher dran, als wir prognostiziert hatten:"
    „Aha ...?"
    „Das liegt, meiner unbescheidenen Meinung nach, am hervorragenden Erbgut.
    Du bist ein echter Wurf. Alle Welt liebt dich."
    Zu viele Fragen zugleich brannten auf Kirmizz' Gesichtsnaht. Stumm starrte er die gut gebaute Sportlehrerin an, deren sekundäre Geschlechtsmerkmale sich beim besten Willen nicht übersehen ließen. Er schämte und hasste sich,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher