Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2328 - Mission der Sol

Titel: 2328 - Mission der Sol
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
meinte. Es machte nichts. Wir fanden es im Verlauf der nächsten zwei Stunden mehr als erschöpfend heraus. Soldaten erschienen und begannen die Sicherheitschecks. Man trennte Dao und mich, zog uns aus, nahm uns Blut und Gewebeproben ab, durchleuchtete uns mit so ziemlich jedem denkbaren Verfahren, tastete uns zum Abschluss von Hand ab und händigte uns schließlich neue Kleidung aus. Einfache einfarbige Hemden und Hosen, die Dao unverschämt gut standen und mir eher schlecht als recht am Körper hingen.
    Die Kartanin-Schneider arbeiteten offenbar nicht oft für Menschen.
    Als der Zeremonienmeister von neuem erschien, blieb sein Blick an mir hängen, als er sich ein zweites Mal für die Umstände entschuldigte. Dann seufzte er: „Aber nun gut, so sind die Zeiten - der Regent erwartet euch!"
     
    *
     
    Gyon-T'an erinnerte mich an ein altes Schlachtross, einen Veteranen zahlloser Kämpfe.
    Er empfing uns in einer kleinen Kammer, die bis auf die auf dem Boden verstreuten Sitzkissen bar jeder Einrichtung war. Er war allein. Nirgends war auch nur ein Hauch von dem Pomp zu finden, der uns auf dem Weg zu ihm begleitet hatte, nicht einmal im Ansatz der Versuch, uns mit der Fülle seiner Macht und seinem Wohlstand zu beeindrucken.
    Der Regent setzte auf eine andere, persönlichere Karte: seinen Körper.
    Gyon-T'an trug Kleidung, die aus demselben Stoff gewebt schien wie unsere, nur knapper. Seine derben Arme und Beine waren entblößt und mit ihnen die Insignien des langen Weges, den er zurückgelegt hatte: eine endlos scheinende Narbe, die schräg über den rechten Oberschenkel lief, ein tiefer Einschnitt, wie eine Schlucht in der Landschaft seines Körpers, ein Ohr, von dem nur noch ein unregelmäßiger Stumpf geblieben war und dessen Fetzen, wenn er den Kopf herumwarf, wie eine zerschossene Fahne trotzig im Wind flatterten, und überall Stellen, an denen der Flaum seines Fells sich der gummiartigen Sekundärhaut hatte geschlagen geben müssen, die im Chaos der Schlacht unzureichend versorgte Strahlerwunden hinterließen.
    Gyon-T'an war ein Mann des Krieges. Als Sohn eines Söldners, der sich in den zahllosen lokalen Diadochenkriegen der Kartanin verdingt hatte, war er dem Vorbild seines Vaters gefolgt. Nicht freiwillig, wie ich glaubte, auch wenn seine offizielle Biographie es anders darstellte. Gyon-T'an hatte seine Kriegerlauf bahn als Kindersoldat begonnen; billiges, ebenso leicht zu beschaffendes wie zu ersetzendes Kanonenfutter; ein Einwegsoldat, dem man einredete, es sei eine Ehre, für „die Sache" zu sterben, um ihm anschließend eine Nuklearmine umzuschnallen und ihn in die Reihen der Gegner zu schicken.
    Irgendwie hatte Gyon-T'an diese Zeit überlebt. Er hatte sich buchstäblich hochgekämpft, sich stets darauf verstanden, auf der Seite der Sieger zu stehen, bis er schließlich als Kriegsherr seine eigene Privatarmee befehligte. Ein gefürchteter Mann, dem aber noch immer das Stigma des Emporkömmlings anhaftete, der seinen Aufstieg ungeschminkter Gewalt zu verdanken hatte.
    Vor drei terranischen Jahren war ihm schließlich der Sprung in die Legitimität gelungen. Eine Heirat hatte aus dem Kriegsherrn, dessen einziger Anspruch auf die Macht aus den Läufen seiner Geschütze kam, den hoch geschätzten und ehrwürdigen Regenten von Vinau gemacht. Kluges Taktieren und gezielte Einschüchterung hatten zwei benachbarte kleinere Reiche wie reife Früchte in seinen Korb fallen lassen, und nun, im Januar des Jahres 1330 NGZ, saß Gyon-T'an fest im Sattel und herrschte über mehr als eintausend Sonnensysteme - ohne dass ein Anzeichen in Sicht gewesen wäre, er hätte damit seinen Appetit auch nur annähernd gestillt.
    Und dieser Krieger verkroch sich in seinem Palast wie ein greiser Herrscher, den mit jedem Tag, da seine Kräfte weiter nachließen, die Furcht härter bedrängte? Etwas passte hier nicht. Etwas, das die Nachrichtenspezialisten der SOL übersehen hatten.
    Oder man vor ihnen verborgen hatte. „Ronald Tekener." Der Regent stand auf, ging auf mich zu. „Der. Mensch, der die Kartanin reitet."
    Er blieb unmittelbar vor mir stehen, seine Nasenflügel blähten sich auf, als beschnüffelte er mich.
    Seine Worte waren derb, aber keine Beleidigung. Gyon-T'an zollte mir Respekt, wie es in der Natur des Kriegers lag: mit der Offenheit dessen, der weder Zeit noch Energie auf überflüssige Höflichkeitsgesten zu verschwenden hatte.
    Der Regent wandte sich Dao zu, saugte wieder tief die Luft ein. „Dao-Lin-H'ay",
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher