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2310 - Strukturpiloten

Titel: 2310 - Strukturpiloten
Autoren: Unbekannt
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egal ob im Gestöber oder innerhalb unserer Gesellschaft."
    Kempo, baff, traute seinen Ohren kaum. Er fühlte sich, so pervers ihm das dünkte, von seinem Vater verstanden!
    „Du brauchst", fuhr dieser fort, „keine Angst zu haben, dass deine Triebfeder erlahmt. Dass der Rückstoß, der dich vorwärts treibt, ermattet. Da kenne ich dich besser als du selbst. Was ich dir anbieten will, ist bloß eine Methode, den Schub bewusst in die von dir gewünschten Bahnen zu leiten."
    „Ein Experiment. Welches ich meinerseits für beendet erklären kann?"
    „Zu jedem beliebigen Zeitpunkt. Du sagst, das war’s nicht – und das war’s dann."
    Kempo ertappte seinen rechten Mittelfinger dabei, dass auf er den Rücken der linken Hand pochte.
    Alle wirken auf mich ein, dachte er, und hinterlassen ihre Spuren. Sheerdurn. Khal. Nedelja und die Gouvernante. Auhara sowieso. Yllay und die anderen Lehrer. Von allen nehme ich an.
    Warum sollte ich nicht auch meinem Vater eine Chance geben?
    „Lass uns anfangen, Paps."
    „Jetzt? Wir sind müde."
    „Jetzt oder nie."
    Danoit stellte sich auf die Zehenspitzen, brachte seine Nase auf gleiche Höhe mit Kempos. „Guuut ...", sagte er gedehnt, die Augen zu Schlitzen zusammengekniffen. „Was ich noch zu erwähnen vergaß – du musst singen."
     
    *
     
    „Singen?"
    „So laut du kannst."
    Beinah bereute Kempo schon, in die seltsame Versuchsanordnung eingewilligt zu haben. „Falls das auf Gemeinschaftsgesänge zu Ehren der Schutzherren hinausläuft, würde ich es vorziehen, schlafen zu gehen."
    Aber das war’s nicht. Sondern eine uralte Technik zur Meditation und Konzentration, fast völlig in Vergessenheit geraten. Nur in ganz wenigen Familien wurde sie noch gepflegt. Vielleicht hatten ihre Altvorderen die Methode für ganz andere Zwecke eingesetzt. Wie auch immer, sie eignete sich hervorragend zur Triebabfuhr und Kontrolle der Emotionen.
    Anfangs musste Kempo schreien, so laut er konnte. Das fiel ihm nicht leicht vor seinem Vater, obwohl dieser mit für ihn ungewöhnlicher Verve mitbrüllte.
    Tatsächlich verschaffte es Erleichterung, hatte man sich einmal überwunden, alles rauszulassen, was einem die Brust einengte.
    „Aber ich kann doch wohl nicht gut vor Yllay zu plärren anfangen?"
    „Brauchst du nicht. Ich werde dir beibringen, wie du denselben Effekt erzielen kannst, ohne dass irgendjemand etwas davon bemerkt."
    So geschah es. Kempo lernte kurze, eingängige, archaisch anmutende Melodien; und später, diese lautlos, inwendig zu singen. Vom Aussteigen war keine Rede mehr. Sie trainierten viele Stunden am Tag, bis zum Ende von Danoits Urlaub.
    Kempo bedauerte es, als der kleine Privatlehrgang aus war. So aufrichtig und herzlich hatte er sich schon lange nicht mehr bei seinem Vater bedankt.
    Zum Abschied umarmte er ihn innig.
    Sreda und Nedelja schüttelten verwundert den Kopf.
     
    *
     
    Sechs Wochen später kehrten Kempos Eltern aus dem Mic-System zurück.
    Das Erste, was er ihnen voll Stolz präsentierte, war die Bewilligung für den Linearflug. Obwohl Yllay Hor’Boran tief in ihrer Trickkiste gekramt hatte, war er so gelassen geblieben, dass man ihn hinterher zu einem Drogentest verdonnert hatte ...
    Bei seiner ersten Überlicht-Etappe außerhalb des Systems fiel Kempo nicht in Ohnmacht. Aber als das Schulschiff, nach einer langen Beschleunigungsphase, in den Halbraum eintrat, fühlte er sich wie von hundert Wurfscheiben zugleich getroffen.
    Das Rauschen und Flimmern der Weltenwolke wandelte sich schlagartig zu einem gräulichen Sprudeln und Wallen.
    Der Gestöber-Effekt blieb spürbar, jedoch vermochte Kempo die Konditionen außerhalb der Strukturdolbe nicht mehr zu differenzieren, geschweige denn einzuschätzen. Er griff sich an den Schädel, der vor Chaos zu bersten drohte, fürchtete um seinen Verstand und schwankte, als hätte er wer weiß was zu sich genommen.
    Einige der Ausbilder lachten. Blinzelnd erkannte Kempo, worüber. Gleich ihm taumelten auch die anderen neun Kadetten, sich den Kopf haltend, wie sturzbesoffen durch die Zentrale.
    „Uns allen ist es beim ersten Mal genauso ergangen", beruhigte sie eine Maschinistin.
    Der Linearraum erschwerte die Arbeit der Piloten extrem. In dieser Phase schufen mindestens acht, besser zwölf oder vierzehn erfahrene Flieger das Strukturauge rings um die Kapsel.
    Am schlimmsten war der Rücksturz in den Normalraum. Die Strukturdolben brachten dabei ihre subjektive Raum-Zeit mit – und dieser kleine Ausschnitt musste
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