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2293 - Ein Held für alle Fälle

Titel: 2293 - Ein Held für alle Fälle
Autoren: Unbekannt
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waren anscheinend die weitaus meisten.
    In dem Schaltraum saßen Jünger völlig emotionslos an ihren Terminals und arbeiteten - scheinbar völlig normal. Erst ein Blick in ihre Augen verriet, dass sie wie weggetreten waren.
    Andere Plätze waren verlassen. Jene, die dort gesessen hatten, waren draußen und kämpften, rannten gegen Wände oder tobten ihre Aggressionen anderswie aus.
    Carlosch Imberlock erkannte den Adjunkten, der ihn gerufen hatte, und ging auf ihn zu. Der Mann war vollkommen verstört. Erst als er seinen Meister erkannte, beruhigte er sich etwas. „Was geschieht mit uns?", fragte er stockend. „Ich spüre, dass ich frei bin. Alles, was vorher war ..."
    Imberlock konnte ihm keine Antwort auf die Frage in seinem Blick geben.
    Er verließ den Schaltraum und sah sich weiter in seinem Tempel um, hin und her gerissen zwischen widersprüchlichen Gefühlen. Dabei verfestigte sich der Eindruck, dass die meisten der Jünger ganz ruhig geblieben waren und nicht verstanden, was um sie herum vorging. Sie spürten auch die gesteigerte, ziellose Aggressivität, aber sie konnten sie kontrollieren - und standen in Festigkeit zu ihrem Gott. Sie agierten weiterhin in dessen Sinn.
    Andere, wie der Adjunkt, fühlten wie er und bestürmten ihn mit Fragen. Er hatte inzwischen keine Zweifel mehr, dass er sich aus einem geistigen Zwang hatte befreien können - oder befreit worden war.
    Nur, wenn er es zeigte ...
    Es war gefährlich, begriff er. Denn mit einem Mal wurde ihm klar, in welcher Gefahr er schwebte. Wenn die anderen, Gon-O treu ergebenen Jünger begriffen, dass er frei war, ausgerechnet er, ihr Meister, würden sie nicht zögern, sich gegen ihn zu stellen und ihn zu bestrafen - so, wie Verräter an Gon-O bestraft werden mussten: mit dem Tod.
    Carlosch Imberlock wollte nur noch aus dem Tempel der Degression heraus. Er konnte nicht warten, bis er verstand, was vielleicht nicht zu verstehen war. Er musste hinaus ins Freie. Hier ging es um sein nacktes Überleben!
    Nur dieser eine Gedanke beherrschte ihn noch. Aber es war ein Weg wie durch Spießruten. Er musste Bereiche umgehen, in denen heftig gekämpft wurde. Er musste tobenden Menschen ausweichen und immer so tun, als sei alles mit ihm in Ordnung. Er war hier der Mittelpunkt. Von ihm erhofften sich alle Rat. Und ausgerechnet er konnte ihn ihnen nicht geben.
    Er wollte nur frei sein, so lange wie möglich. Denn er ahnte, dass dies nicht von Dauer sein konnte - wenn er es sich nicht erkämpfte.
    Endlich erreichte er den Ausgang. Er war erschöpft, und in dem Moment, in dem er ins Freie trat, wusste er, dass seine Ahnung ihn nicht getrogen hatte.
    Es dauerte nur einen kurzen Moment. Ein letztes Aufflackern seines Willens, ein letzter Versuch, die so unverhofft gewonnene Freiheit zu verteidigen.
    Dann senkte sich der Schleier wieder über ihn und schenkte ihm warmen, wohligen Trost und gnädiges Vergessen.
    Carlosch Imberlock war wieder der ergebene Diener, das überragende Medium seines Gottes Gon-O. In einem letzten halb lichten Moment der Erkenntnis begriff er, dass Gon-O stärker war als er -nein, nicht Gon-O, sondern der Glaube. Er hatte ihn zurückgeholt in die wohlige Wärme der Geborgenheit. Jeder Gedanke an Rebellion und Kampf war vergessen.
    Carlosch Imberlock schaute sich um. Das Stock-Relais, an dessen Fuß der Tempel der Degression erbaut war, irrlichterte in gleißenden Farben.
    Imberlock war irritiert und beunruhigt. Er verstand es nicht, aber konnte das Phänomen nicht mit dem mentalen Druck zusammenhängen, den er nach wie vor schwer auf sich lasten fühlte? Oder gar die Ursache sein?
    Er legte den Kopf in den Nacken und starrte hinauf zu dem alles verdeckenden, gewaltigen Schatten des Kybb-Titanen - der in diesem Moment in Bewegung kam!
    Carlosch Imberlock hielt den Atem an. Was bedeutete das? So vieles entspann sich, was er nicht verstand. Der Kybb-Titan verließ seine Position und stieg höher, immer weiter in den Himmel hinauf. Verließ er Neapel? Die Erde? Stieg er bis in den Weltraum?
    Imberlock verdrängte die Fragen und kehrte in den Tempel zurück. Es gab viel zu tun. Er wusste nicht, was vorging, aber er und die anderen Jünger brauchten jetzt einen Halt. Was immer geschah, sie mussten einen klaren Kopf bewahren und sich ihm gemeinsam stellen. Nur so waren sie stark.
    Imberlock versuchte sich, so gut es ging, jenen zu widmen, die ihn um Rat und Hilfe baten. Er war der Turm, der Fels in der Brandung. An wem, wenn nicht an ihm, sollten die
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