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2289 - Der eiserne Finger Gottes

Titel: 2289 - Der eiserne Finger Gottes
Autoren: Unbekannt
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hatte bereits begonnen, Geon-Durns Bücher und Schriften zu zerfetzen und in einer Art Käfig aus Bronzestäben neben der Stele der Verkündung aufzutürmen. Tum nahm an, dass die Priester zunächst alle Bücher durchwühlten, durchblätterten und dann zur Verbrennung freigaben. Nicht eher, als bis sie sich sicher waren, dass sich darin nichts für sie Nützliches fand.
    Dieser Narr, dachte er immer wieder. Wenn es möglich gewesen wäre, hätte er alles versucht, um Geon-Durn zu retten. Der Edle hatte ihn immer gut behandelt - soweit ein Edler einen Knecht überhaupt behandelte. Immerhin, es hatte eine Art Einverständnis zwischen ihnen gegeben, fast so etwas wie Vertrauen.
    Vertrauen ... unmöglich zwischen Herren und Knechten. Unmöglich, solange es Herren gab. Tum-Tawalik verdrängte entschlossen alle Gedanken an Geon-Durn und kümmerte sich um das, was wirklich wichtig war. Was am Abend des Tages Ein-Mond wichtig sein würde.
    Falls die anderen Vorgänge wie Monde und Brandhaufen die Priester ausreichend ablenkten.
     
    *
     
    Ayussuk war mitgekommen. Ayiska war nach langem Drängen und Bitten zu Hause geblieben. Tum war froh darüber und vermisste sie.
    Denn er ekelte sich. Die Menge auf dem Platz widerte ihn an, und gern hätte er in Ayiskas Augen geschaut, um die Gewissheit zu haben, dass der Kampf sich lohnte. Dass nicht alle so waren.
    Die dicht gedrängten Bewohner von Grachtovan standen vor dem Tempel. Sie raunten erwartungsvoll, ehe Geon-Durn von den Bütteln zum Brandhaufen gebracht wurde. Sie schwiegen erwartungsvoll, als der Mond-Deuter mit seinem Schalltrichter die Vorgänge am Himmel erläuterte, für die Tum keine Augen hatte. Sie fauchten erwartungsvoll, als der Große Dunkle, der Heilige, das Raubtier Sarrukhat erschien.
    Erwartungsvoll. Gierig. Sie wollten Geon-Durn brennen sehen. Oder vielleicht wollten sie etwas Bedeutendes, etwas Unerhörtes erleben. Etwas, das sie eine kleine Weile alles Elend, alle Unterdrückung vergessen ließ und ihnen das Gefühl gab, an etwas Wichtigem teilzunehmen. Ihnen, die sonst nur mit dem Gehorchen und Überleben befasst waren.
    Könnte man doch etwas tun? Aber es war sinnlos. Abgesehen davon, dass alles andere wichtiger zu sein hatte, riegelten mindestens zwei Hundertschaften Büttel und Krieger den Brandhaufen ab und hielten die Menge zurück.
    Dann begann das furchtbare Dröhnen. Es kam aus dem Finger, wie er angenommen, wie andere angenommen hatten. Tum presste die Hände auf die Ohren und zwang sich, nicht zu schreien. Er wollte seine Stimme schonen, weil er sie später noch brauchen würde.
    Später. Viel Später fragte er sich, was genau der Moment gewesen sein mochte, in dem ihm sein Zeitgefühl abhanden kam. Der Augenblick, da alles gleichzeitig zu geschehen schien.
    Die Monde standen hintereinander.
    Sarrukhat gab das Dröhnen als Zustimmung des Gottes aus.
    Der Büttel stieß den brennenden Span in den Brandhaufen.
    Die ersten Flammen loderten auf und raubten Tum die Sicht auf Geon-Durn.
    Ein Fronbauer drängte sich dorthin, wo Tum stand, berührte seinen Arm mit einer Kralle und keuchte: „Sie sind da!"
    „Das Heer?"
    Der Bauer unterdrückte einen Triumphschrei; mit bebender Stimme sagte er: „Das Heer, ja.
    Die Befreier!"
    Weiter hinten begannen Leute zu schreien; Tum bildete sich ein, das durchdringende Fiepen wütender Sirips zu hören. Und Waffen - das Klirren vieler Waffen.
    „Dann sollten wir losschlagen", sagte Tum. Er gab die verabredeten Zeichen. Hier und da nickten Männer und setzten sich in Bewegung: zum Rat, zu den Sklavenpferchen, zu Hintereingängen der Grache, zu einigen ausgewählten Herrenhäusern.
    Bewegung auch weiter vorn. Vermummte Gestalten drängten sich durch die Menge; hier und da wandten sie offenbar Gewalt an, denn man hörte Schreie.
    Dann hörte man nichts mehr. Jedenfalls keine einzelne Stimme. Der Finger Gottes begann zu rütteln und zu röhren. Tum sah aufgerissene Münder, schmerzverzerrte Gesichter, Hände, die sich auf die Ohren pressten und doch den Lärm nicht vermindern konnten. Mit zusammengekniffenen Augen starrte er hinüber zu der ungeheuren Eisenmasse, von der Geon-Durn gesagt hatte, es handle sich um ein Sternenschiff.
    Die Umrisse verschwammen, wurden wieder sichtbar, verschwammen erneut. Der Finger - das Schiff, wenn es eines war - zitterte und bebte, ohne mit dem Röhren aufzuhören.
    Schallwellen oder dieses Rütteln, irgendetwas breitete sich durch den Boden aus. Der ganze Platz schien zu
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