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2276 - Tanz auf dem Vulkan

Titel: 2276 - Tanz auf dem Vulkan
Autoren: Unbekannt
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du eine Frau bist."
    „Du jedenfalls bist ein Mann. Myles Kantor. Ich eine Frau. Inshanin. Und wir sind beide Wissenschaftler. Faszinierend, nicht wahr? Können wir dann mit der Arbeit beginnen?" In ihren dunklen Augen blitzte es auf. Nein, es war wohl ein Reflex der getönten oder gespielten Brillengläser, die Augen selbst konnte er gar nicht sehen.
    Myles fluchte stumm. Er hatte sich mit einigen Kollegen über Inshanin unterhalten, bevor er sie für Voican-Center angefordert hatte, und alle hatten sie für einen Mann gehalten. Er hatte sich niemals Gedanken darüber gemacht, sich nur für den wissenschaftlichen Gehalt der Arbeiten interessiert.
    Im Grunde spielte es nicht die geringste Rolle, dass sie eine Frau war. Warum also verunsicherte sie ihn dermaßen?
    Er lachte leise. „Selbstverständlich. Komm mit, ich stelle dir alle notwendigen Unterlagen an deinem Arbeitsplatz zur Verfügung. Es wird eine Weile dauern, bis du dich eingearbeitet hast. Die bereits vorliegenden Daten stehen dir in der Hauptpositronik zur Verfügung. Du bist selbstverständlich zugriffsberechtigt."
    „Ohne eine weitere Sicherheitsüberprüfung?" Sie sah ihn auffällig herausfordernd an.
    Für Myles eine Spur zu auffällig. Er seufzte innerlich. Auf seinen Schultern lastete schon genug, auch ohne eine extrovertierte Hochfrequenz-Physikerin. „Du meinst, die bisherigen fünf haben nicht ausgereicht?"
    „Vielleicht stellt ja die nächste endlich fest, dass ich eine Frau bin, und wir können loslegen.
    Meine Kompetenz auf dem Gebiet der Hyperimpedanzforschung ist dir bekannt. Erspare mir also die Belanglosigkeiten und komm gleich zu den wichtigsten neuen Erkenntnissen. Den Rest kannst du deinen Assistenten überlassen."
    Myles hatte plötzlich einen trockenen Mund. Attaca räusperte sich - unbehaglich, wie es dem Unsterblichen vorkam.
    Sie greift mich vor einem engen Mitarbeiter an, dachte er, und das kaum eine Minute nachdem sie den Fuß hier hereingesetzt hat. Das kann auf Dauer nicht gut gehen ... „Jeder gute Wissenschaftler arbeitet gewissenhaft und konsequent", erwiderte er. „Deinen Veröffentlichungen ist zu entnehmen, dass du nicht anders vorgehst. Die Daten, von denen ich spreche, sind aktuell. Mir wäre es sehr recht, wenn du sie dir ansiehst." Er betonte den letzten Satz und sah sie herausfordernd an. „Selbstverständlich. Wenn du darauf bestehst... Obwohl ich der Meinung bin, dass wir uns die Zeit sparen könnten." Sie erwiderte seinen Blick auf provozierende Weise.
    Er kam sich vor, als würde er zu einem Studenten im ersten Semester sprechen. „Um brauchbare Ergebnisse zu erzielen, müssen wir uns diese Zeit nehmen. Unsere Arbeit nützt niemandem, wenn wir wichtige Grundlagenforschung außer Acht lassen! Haben wir uns verstanden?"
    Inshanin setzte zu einer Erwiderung an, überlegte es sich dann jedoch anders.
    Myles atmete auf. Schlagartig wurde ihm klar, dass er und Inshanin schon von der ersten Sekunde an gegen den jeweils anderen auf Krawall gebürstet waren. Normalerweise sollte so etwas einen Unsterblichen nicht bekümmern; er würde die Lage schon allein aufgrund seiner Erfahrung früher oder später in den Griff bekommen. Bis dahin jedoch würde es die Luft des Zentrallabors zum Knistern bringen.
    Er fragte sich, wieso er Inshanin mit dieser unterschwelligen Aggression begegnete - und sie ihm. Er konnte es sich einfach nicht erklären; in der jetzigen Situation hatte er ganz andere Sorgen. Das muss aufhören, dachte er. Es ist die reinste Kinderei. Wir müssen zusammenarbeiten.
    Aber dann wischte sie mit einem einzigen Satz seine guten Vorsätze zur Seite. „Natürlich berücksichtige ich die von euch geleistete Grundlagenforschung. Meine letzte Veröffentlichung handelt allein von diesem Thema. Hast du sie nicht gelesen?" Lächelnd drehte sie sich um. „Wenn du mir nun meinen Arbeitsplatz zeigen würdest..."
    Myles atmete tief ein. Er schwieg, wollte nicht noch einmal gegen Inshanins unterschwellige Aggression halten. Ihm war klar, dass sie noch stundenlang so weitermachen konnten. Sie gehörte zu dem Typ Frau, der stets das letzte Wort behalten wollte.
    Und er befürchtete, dass er der Typ Mann war, der irgendwann auf- und ihr nachgeben würde.
    Ungeduldig trommelte Myles Kantor mit den Fingern auf das Positronik-Terminal. Fast täglich wurden in Volcan-Center hyperphysikalische Durchbrüchen erzielt. Noch öfter trafen Meldungen von technischen Optimierungen ein, die an anderer Stelle - hauptsächlich in
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