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2254 - Der ewige Gärtner

Titel: 2254 - Der ewige Gärtner
Autoren: Unbekannt
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sterbend. Und er begriff, was die Stimme gemeint hatte. Er wusste, was die Trauer in den sanften, riesigen Augen bedeutete.
    Dies dort unten, das Licht, das Funkeln, das Leben - das war seine Welt, wie er sie gesehen und gefühlt hatte, bevor die Schatten sich über sein Gemüt gesenkt hatten, jetzt und vor dem Ende der Ewigkeit, als Uralt Trummstam noch über alles wachte und seine Kraft mit allem teilte, was lebte.
    Siehst du es, Orrien Alar?, fragte die Stimme aus dem Himmel. Fühlst du es wieder? Es sind deine Geschöpfe. Sie brauchen dich. Willst du sie wirklich verlassen?
    Nein!, schrie der Gärtner ins Licht. Aber ich ... erreiche sie nicht! Wieder streckte er die Arme weit aus und stieß gegen die Mauer.
    Versuche es! Du musst kämpfen, Orrien Alar!
    Das will ich!, schrie er. Aber wie? Ich habe nicht die Kraft, um die Dunkelheit zu durchbrechen! Gib sie mir!
    Willst du das wirklich, Orrien Alar? Dann sage es!
    Was soll ich sagen?, rief der Gärtner verzweifelt. Was?
    Du weißt es, Orrien Alar! Sag es! Ruf es in die Dunkelheit! Schrei es ihr entgegen! Sag es!
    Er schlug nach den Wolken, die das Licht schluckten. Er schrie und er heulte vor Verzweiflung. Das Dunkel kam näher. Es bildete Finger aus und griff nach den Bäumen, den Tieren, dem Boden.
    Sag es, Orrien Alar!
    Ich und die Welt sind eins!, schrie der ewige Gärtner. Er legte alle Kraft mdiese Worte, die noch in ihm war. Er schleuderte es dem Dunkel entgegen. Wir sind eins! Die Welt und ich, wir sind eins!
    Und das Wunder geschah Ein Blitz, tausendmal greller als der, der seinen sterbenden Geist aus dem fast leblosen Körper gerissen hatte, zerriss die Wolken und die Düsternis. Alar fiel, heraus aus dem Licht des Himmels und hinein in ein anderes, warmes von Millionen von Stimmen erfülltes, die seinen Namen riefen. Er fiel leicht, schwebte wie eine Feder. Unter ihm sah er seinen Körper verkrümmt am Boden liegen. Er sank ihm entgegen. Er wurde größer und großer -und dann war er am Ziel.
    Orrien Alar stand vor dem Strauch, der ihm das Leben zurückgegeben hatte, das schon verloren gewesen war. Er betrachtete die violetten Beeren voller Dankbarkeit. Alles hat seinen Zweck! Alles hat seinen Platz in der Welt! Nichts ist wirklich ohne Sinn, nichts geschieht ohne Sinn...
    Der ewige Gärtner hatte sein Leben wiedergefunden, seinen Sinn. Er war blind gewesen, so, wie es die Stimme gesagt hatte. Er hatte geglaubt, ohne Freund zu sein, dabei waren seine Freunde überall um ihn herum. Sie waren es immer gewesen. Nur hatte er es mit seinem kranken Gemüt nicht mehr gewusst. Er begrüßte die Welt wie einer, der eine Ewigkeit fort gewesen war. Und er war es gewesen, weit, weit fort von dem, was er liebte und was ihn liebte.
    Ich und die Welt, wir sind eins ... Alar ging zurück in den Wald. Jeder Baum, jeder Strauch war ihm vertraut, und doch glaubte er, sie alle ganz neu zu entdecken. Er war von seinen Gefühlen überwältigt und ließ sie aus sich herausströmen. Er war blind gewesen, blind vor Enttäuschung und Selbstmitleid. Aber jetzt sah er wieder und entdeckte so vieles neu, was er vergessen gehabt hatte. Die Welt brauchte ihn, jetzt und bis ans Ende der Zeit. Die Ewigkeit ... sie war nicht tot. Sie wartete nur ... auf einen neuen Anfang.
    Zum ersten Mal seit vielen Jahren war Orrien Alars Blick wieder nach vorne gerichtet. Er sah die Zukunft vor sich und war entschlossen, sich nie wieder von Fehlschlägen entmutigen zu lassen. Er hatte alle Zeit der Welt, und irgendwann würde die Zeit reif sein, um einen neuen Baum wachsen zu lassen, einen neuen Trummstam im Hof des Doms der Schutzherren.
    Orrien Alar aß von den Früchten, die der Wald ihm schenkte, und trank aus der Quelle.
    Als es dunkel und kalt wurde, kehrte er heim in seine Wurzelhütte und erzählte der Chronik alles, was er erlebt hatte. Er nahm das Kästchen und betrachtete die fünf letzten Samenkapseln. Eine davon würde er im Frühjahr in die heilige Erde des Domhofs legen.
    Er schlief wieder ruhig und verbrachte jeden Tag im Wald bei seinen Freunden. Er aß viel, und als er sich diesmal zum Winterschlaf legte, war sein Körper wieder kräftig und stark.
    Das neue Frühjahr kam, und Orrien Alar ging voller Tatendrang zum Dom Rogan. Er säuberte die verwilderten Beete und Anlagen und legte eine Kapsel in die Mitte des Hofs.
    Als sie diesmal nicht keimte, zerbrach er nicht daran. Er hatte noch vier. Die Zeit würde kommen.
    Der ewige Gärtner tat seine Arbeit. Es gab mehr davon, als er je
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