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223 - Die Sünden des Sohnes

223 - Die Sünden des Sohnes

Titel: 223 - Die Sünden des Sohnes
Autoren: Jo Zybell
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sah, ließ ihn schockiert den Kopf wenden.
    Hervorragende Metallteile aus dem Kolben der Kalaschnikow waren dem Angreifer ins rechte Auge gedrungen.
    Der Hüne ließ Matts Hals vollends los, brüllte noch lauter und krümmte sich zusammen. Matt kroch hustend und würgend von ihm weg und tastete nach dessen Schwert. Als er es fand, stemmte er sich daran hoch, blinzelte die letzten Schleier weg und hob es zum Schlag.
    Er musste die Klinge nicht mehr einsetzen. Der Körper des Hünen war erschlafft; leblos lag er über den Stufen. Eine Blutlache bildete sich unter seinem Kopf und tränkte das Löwenfell.
    Schwer atmend verharrte Matthew Drax eine Zeitlang. Es war sehr still geworden in der Stadt. Niemand lachte mehr, keiner brüllte mehr Befehle. Auch die Schreie der Frauen waren verstummt. Gott sei Dank! Matt bückte sich nach dem blutigen Löwenschädel.
    ***
    Kampflärm draußen auf der Vortreppe, Kampflärm aus allen Flügeln des Palastes – wie aus einer anderen Welt drang er an Grao’sil’aanas Ohren. Er hörte ihn kaum. Er hockte auf den Fliesen und lehnte gegen die Balustrade des Treppengeländers. Etwas hatte ihn verletzt – so schwer verletzt, dass er nicht mehr kämpfen wollte – und er wusste nicht einmal zu sagen, was genau es gewesen war.
    Er hatte an der Tür zum Thronsaal gestanden, die halbe Nacht lang. Jedes Wort, das zwischen Daa’tan und dessen Mutter gewechselt wurde, hatte er gehört und verstanden. Und als dann nur noch Daa’tans Schnarchen hinter der Tür zu hören gewesen war, war er dennoch stehen geblieben.
    Grao’sil’aana war geschockt. Auch, weil Daa’tan ihm den Kelch ins Gesicht geschleudert und das Schwert gegen ihn gezogen hatte – natürlich, auch deswegen. Weit mehr aber hatte ihn der Gefühlsausbruch seines Zöglings erschüttert, den er hinter der verschlossenen Tür hatte mit anhören müssen.
    Er ist doch für mich wie ein Vater – wie ein Speer in der Brust, so steckte ihm dieser Satz an einer Stelle, die Grao’sil’aana nicht benennen konnte. Möglicherweise war es die Stelle, die von den Primärrassenvertretern »Herz« genannt wurde. Möglicherweise war das die Verletzung, die er nicht begriff. Grao’sil’aana hatte keine Erfahrung mit derartigen Zuständen der Kraftlosigkeit und der Apathie. Er hatte nach Emotionen gegiert – und ging nun daran zugrunde…
    Er ist doch für mich wie ein Vater – allein an diesen Satz zu denken tat weh. Grao’sil’aana verstand nicht, warum. Schließlich hatte er keine körperlichen Verletzungen davongetragen. Und dennoch fühlte er sich so.
    Gab es eine Kreatur auf diesem viel zu kalten Planeten, die ihm etwas bedeutete? Daa’tan, und darüber hinaus keine! Gab es eine Kreatur auf diesem einsamen Planeten, der gegenüber er einen Fehler begangen hatte, den er gern rückgängig gemacht hätte? Daa’tan, und darüber hinaus keine.
    Wenn Daa’tan ihn aus seiner Gegenwart wies, wenn Daa’tan ihm einen Kelch ins Gesicht schleuderte und sein Schwert gegen ihn zog, dann musste er wohl einen Fehler gemacht haben; einen schweren, einen unverzeihlichen Fehler.
    Nun saß Grao’sil’aana wie gelähmt oben im prächtigen Palastfoyer, hinter der Balustrade, an der Stelle, wo die beiden Treppenbögen nach rechts und links hinunter führten. Er wünschte, er wäre mit den anderen Daa’muren auf dem Wandler zurück ins All geflogen.
    Zu spät.
    Irgendwo vor dem Palast wurde geschossen. Es war Grao’sil’aana gleichgültig. Was bedeutete die Herrschaft über diese Stadt und das ganze Land, wenn die einzige Kreatur, der er sich auf unerklärliche Weise verbunden fühlte, mit ihm brach?
    Er hatte Daa’tans Gunst verloren. Was sollte ihm das Leben auf diesem viel zu trockenen Planeten noch?
    Wieder hörte er die Flügel des Palastportals quietschen, hörte männliche Primärrassenvertreter unten im Foyer miteinander tuscheln. Es kümmerte ihn nicht. Doch dann hörte er Daa’tans Stimme, ganz kurz nur, einen Schrei lang nur. Grao’sil’aana fuhr herum.
    Daa’tan sah er nicht mehr, doch seine Schritte hörte er noch. Die Tür zum Gang, der zum Thronsaal führte, stand offen. Demnach hatte Daa’tan dort gestanden.
    Am Palastportal sah er den Kaiser und ein paar Männer miteinander palavern. Er erkannte Victorius, Rulfan – und Mefjuu’drex, Daa’tans Vater.
    Daa’tans Vater…
    Wenn er ihn nun töten würde, diesen blonden Primärrassenvertreter, den Daa’tan hasste wie niemanden sonst – vielleicht konnte er damit seinen
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