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222 - Angriff auf die Wolkenstadt

222 - Angriff auf die Wolkenstadt

Titel: 222 - Angriff auf die Wolkenstadt
Autoren: Jo Zybell
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über den Geist der Hydritin her. Es war ihre letzte Chance, Aruula wusste es – die letzte Chance, dieses unwürdige Schattendasein im eigenen Körper zu beenden. Sie stemmte sich gegen das Bewusstsein der Anderen, überflutete es mit Bildern des Hasses, versuchte es aus ihrem Kopf heraus zu drängen.
    Zugleich wurde sie selbst überschwemmt von Empfindungen, die ihr Bewusstsein mit Schmerz erfüllten: Durst, Hunger, Erschöpfung, Ekel. Ein Thunfisch sprang plötzlich in ihren Geist, ein weißer Gigant von einem Fisch.
    Nefertaris mentale Stimme schrie seinen Namen – Harv’ah, Harv’ah! Die schmerzhaften Körperempfindungen, das Bild des gigantischen Fisches und die Präsenz des fremden Geistes erdrückten Aruulas Bewusstsein schier – sie gab nach, zog sich zurück in ihren mentalen Kokon. Gab auf. Zu stark war die Hydritin, zu unwiderstehlich ihre Geisteskraft. Aruula war gescheitert.
    »Warum tust du das?«, krächzte Nefertari. »Habe ich dir nicht gesagt, dass ich mir einen anderen Körper suchen werde, sobald wir in Gilam’esh’gad angelangt sind? Tu das nie wieder, sonst vertreibe ich dich vollends aus deinem Körper, hast du verstanden?«
    Aruula reagierte nicht. Sie war maßlos enttäuscht.
    Nefertari aber schien der mentale Kampf neue Kräfte verschafft zu haben; oder war es das viele Blut, das sie gesoffen hatte? Sie fuhr sich mit dem Arm über den blutigen Mund, richtete sich auf und blickte sich um. »Eine Palme«, krächzte sie. »Aasvögel! Wir haben die Todeswüste fast durchquert! Ihr südlicher Rand kann nicht mehr fern sein…!«
    ***
    Noch am selben Abend schickte Elloa zwei Boten zu Daa’tans Zelt hinüber und ließ ihm ausrichten, dass sie gewillt war, seine Gemahlin zu werden. Vom Windfang ihres eigenen Zeltes aus beobachtete sie, wie die beiden Männer im gelben Königszelt verschwanden. Kurz darauf drang ein Jubelschrei aus dem Inneren. Sämtliche Krieger in der Umgebung des Zeltes sprangen auf und blickten zum großen Zelt ihres neuen Königs.
    Die Boten verließen es und liefen ins Heerlager hinein.
    Vermutlich würden sie nichts Besseres zu tun haben, als die Neuigkeit sofort an ihre Kameraden weiter zu geben.
    Schließlich trat auch Daa’tan aus dem Zelt. Er warf eine Kusshand zu Elloa herüber, die sie mit der Andeutung eines Winkens beantwortete, und wandte sich dann an die schwarzen Krieger der Huutsi und Wawaa.
    »Morgen, zwei Stunden nach Sonnenaufgang, wird Elloa meine Gattin!«, rief er. »Morgen, zwei Stunden nach Sonnenaufgang, findet die Vermählung…!«
    Was immer der weiße Jüngling sonst noch sagen wollte, es ging im Jubelgeschrei seiner Krieger unter. Sie brüllten, stießen wiehernde Geräusche aus, klatschten in die Hände und warfen ihre bunten Federbüsche in die Luft. Innerhalb weniger Augenblicke geriet das gesamte Heerlager schier außer Rand und Band.
    Elloa zwang sich zu einem Lächeln, und als es ihr nicht recht gelingen wollte, zog sie sich in ihr Zelt zurück. Ihr war übel. Doch die Würfel waren gefallen, der erste Schritt auf dem mühsamen Weg an die Macht getan.
    Gegen Abend lockte Männergeschrei und der Lärm von Hammerschlägen sie wieder in den Eingang ihres Zeltes. Rund um das gelbe Königszelt schlugen Krieger in Abständen von vier Metern Pflöcke in die Erde. Sie verbanden sie mit farbigen Bändern und schufen so etwa fünfzig Schritte vom Königszelt entfernt eine symbolische Absperrung rund um Daa’tans Residenz. Das Zelt selbst wurde mit Laub, Blüten und bunten Federn geschmückt.
    Seufzend kehrte Elloa zu ihrem Lager zurück. Sie hatte genug gesehen und wusste, was die Arbeiten zu bedeuten hatten: Daa’tan ließ den Vermählungsakt vorbereiten. Wie es aussah, wollte dieser weiße Jüngling die Hochzeit mit ihr nach einem traditionellen Huutsi-Ritus feiern. Raffiniert – die Krieger würden es ihm als Respekt vor ihrem Volk auslegen.
    Elloa schloss die halbe Nacht kein Auge. Als sie lange nach Mitternacht endlich eingeschlafen war, hetzte sie durch wilde Träume: Einmal hatte sie sich in einem Rosenstrauch verfangen, ein anderes Mal lag sie in einem Zuber voller Rosenblüten, die plötzlich zu brennen anfingen, und ein anderes Mal fiel sie zwischen die Blätter einer gigantischen Rosenblüte, und als die Riesenrose in den Himmel wuchs und sich mehr und mehr bog, rutschte Elloa aus der Blüte und stürzte der Erde entgegen.
    Schreiend wachte sie auf. Es dauerte lange, bis sie wieder in einen oberflächlichen Schlaf fiel.
    Kurz vor
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