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2215 - Der Schohaake

Titel: 2215 - Der Schohaake
Autoren: Unbekannt
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    Sie erschien, als er sich gerade zum Gehen fertig machte. Sie hatte keine Einwände gegen sein Vorhaben. „Wir waren inzwischen nicht untätig", sagte sie. „Wir haben die ganze Nacht über gearbeitet und die kompletten Datenbänke der Solaren Residenz sowie den lunaren Großrechner NATHAN nach Hinweisen auf Orren Snaussenid oder zumindest ähnliche Wesen wie ihn durchforstet. Nichts. Phänotypische Übereinstimmungen bestehen weder mit einem bekannten Volk der Milchstraße noch mit einem Volk, dem wir Terraner oder unsere Verbündeten während einer der zahlreichen galaktischen Fernexpeditionen begegnet sind. Es ist, als gäbe es ihn überhaupt nicht."
    „Ein absolutes Rätsel also", meinte Skargue. „Wir können also nur darauf hoffen, dass Snaussenid irgendwann einmal ganz von sich aus zu reden beginnt. Dass er den Schock überwindet."
    „Das sehe ich auch so. Er braucht Zeit. Da er nicht den Eindruck macht, eine Gefahr für uns darzustellen, werde ich veranlassen, dass alle Versuche, mit ihm ins Gespräch zu kommen, auf eine Stunde am Tag begrenzt werden."
    „Eine gute Idee", sagte Skargue. Dann verabschiedete er sich fürs Erste.
    Sam und er verließen das Gebäude. Transportbänder mit verschiedenen Geschwindigkeiten brachten sie in einer halben Stunde zur Fabrikhalle. Unterwegs kam die Versuchung wieder über Alexander Skargue. Er hatte keine Flasche, aber hätte er sie gehabt, er hätte getrunken. Und noch einmal zu stehlen schien ihm irgendwie nicht richtig, obwohl er solche moralischen Bedenken am Vortag nicht im Mindesten gelten gelassen hätte. So musste er zwangsläufig nüchtern bleiben, und das wohl den ganzen Tag lang.
    Marge, die Vorarbeiterin, war schon da und reichte ihm zur Begrüßung die Hand.
    Dann ging es zur Sache. Skargue wurde einer Kolonne zugeteilt, die schwere Aggregateblöcke zu schleppen und zu montieren hatte. Mittags wurde eine Stunde Pause eingelegt, gegessen und getrunken. Skargue wartete vergeblich darauf, dass auch etwas Alkoholisches angeboten wurde, aber auch dies überlebte er.
    Der Tag verging wie im Flug. Als es draußen dunkel wurde, entließ Marge den Biologen. Sie unterhielten sich noch miteinander. Marge wollte wissen, woher er kam und welchen Dialekt sie aus seiner Sprache heraushöre. Er sagte es ihr und musste versichern, am nächsten Tag mehr über sein Leben in den Wäldern zu erzählen.
    Sie trennten sich wie alte Freunde. Die gemeinsame Arbeit hatte sie auf eine Art zusammengeschmiedet, die Skargue vor zwei Tagen nicht für möglich gehalten hätte. Auch zu einigen anderen, Männern wie Frauen, hatte er engere Kontakte geknüpft. Er fühlte sich als einer von ihnen. Auch die Menschen, die ihm auf dem Weg zurück zu Snaussenid begegneten, sah er mit anderen Augen.
    Bei dem Außerirdischen hatte sich nichts getan. Skargue schlief in dieser Nacht tief und fest und träumte von seiner Heimat, aber auch von Marge und den anderen in der Fabrik.
    Die nächsten zwei Tage vergingen nicht anders. Sam langweilte sich, aber daran konnte der Biologe nichts ändern. Am Abend des sechsten November geschah es dann.
    Skargues Schicht war vorbei. An diesem Tag hatten sie drei Busse funktionsfähig gemacht. Marge, er und drei weitere Arbeiter saßen zusammen. Skargue musste von seinen Elchen, vom harten Leben in der Wildnis und seinen Abenteuern erzählen, von denen er einige einfach erfand, um seine Zuhörer nicht zu enttäuschen.
    Dann kam der Augenblick, als Marge eine Flasche Wein hervorzauberte und entkorkte. Es war zwar nur Wein und kein hochprozentiger Schnaps, aber es war Alkohol.
    Alexander Skargue bekam eine Gänsehaut. Er leckte sich über die Lippen. Sein Herz schlug schneller, und seine Hände wurden kalt.
    Er sah, wie zuerst Marge und dann die Männer tranken. Die Flasche wurde von einem zum anderen weitergereicht. Sie kam immer näher. Dann war er an der Reihe.
    Die alte Gier war wieder da, brennend wie eh und je. Hitze breitete sich in Skargues Körper aus, als er nach der Flasche griff. Seine Hand zitterte leicht. Zentimeter für Zentimeter führte er sie zum Mund. Nur noch ein kleines Stück. Seine Lippen öffneten sich. Er spürte das kalte Glas des Flaschenmunds. Jetzt nur noch kippen, und ... „Nein!", sagte er. „Ich danke euch vielmals, aber ich trinke nicht... mehr."
    „Du hast dir den Schluck verdient, so, wie du geschuftet hast", sagte Marge erstaunt.
    Skargue stand mit wackligen Beinen auf und schüttelte den Kopf.
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