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219 - Kaiserdämmerung

219 - Kaiserdämmerung

Titel: 219 - Kaiserdämmerung
Autoren: Mia Zorn
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Halbbruders Lysambwe, der inzwischen Kommandant von Wimereux-à-l’Hauteur war.
    Die Stammesführer brachen in enthusiastischen Beifall aus. »Holen wir uns den Kopf des Prinzen!«, rief der dicke Kenianer.
    Neben Pierre de Fouché erhob sich Agape. Wohlwollend blickte er auf den Kriegsminister nieder. Feierlich erhob er sein Glas. »Verfüge über unsere Krieger! Bring uns de Roziers Frauen und Kinder und den Kopf von Prinz Akfat, und du wirst von Stund an der neue Führer des Kaiserreiches sein!«
    ***
    Mitte April 2524, Waldhütte im Nordwesten des Victoriasees
    Auf dem Platz vor der Hütte umkreisten sich Victorius und Member wie konkurrierende Straußenvögel. In ihren Händen hielten sie Stäbe aus kaffeebraunem Wengeholz. Sie gingen ihrem täglichen Training nach. Canntos nannte der Eremit diesen Stockkampf, den er dem Prinzen verordnet hatte, nachdem dieser wieder zu Kräften gekommen war.
    Jetzt lösten sich die beiden Männer aus ihrer Umkreisung, drehten sich einmal um sich selbst und sprangen aufeinander zu. Die Stäbe prallten hart aufeinander. Die Wildhühner stoben gackernd davon. Einen Augenblick lang waren Member und Victorius sich so nahe, dass sich ihre Nasenspitzen fast berührten. »Zeig mir, wie ein Sohn des Kaisers sich wehrt!«, flüsterte der Alte. »Zeig es mir!« Unverwandt fixierten seine grauen Augen einen Punkt auf der Nasenwurzel seines Kontrahenten.
    Ärgerlich versuchte Victorius den Gegner auf Abstand zu bringen. Aber der Alte legte sich auf das Kreuz, das ihre Kampfhölzer bildeten. Als der Widerstand am größten war, ließ er sich zurückfedern, machte eine Drehung und war plötzlich an Victorius’ Seite. Der Prinz sprang nach hinten weg. Doch der Stock des Alten erwischte ihn noch schmerzhaft am rechten Rippenbogen.
    »Merde!« Victorius warf zornig seine Waffe von sich. Er kehrte dem Eremiten den Rücken und stapfte in Richtung Hütte. Dieser Kampf war ungerecht: Gegen Member hatte er nicht den Hauch einer Chance. Der Greis war wendig wie ein Zwanzigjähriger und schnell wie ein Lepaad. Er beherrschte seine Waffe mit traumwandlerischer Sicherheit und schien immer im Voraus zu wissen, was Victorius als Nächstes tun würde. Außerdem nervte er ihn mit seinen unsinnigen Aufforderungen und Fragen! Jetzt schon wieder: »Verhält sich so der Sohn des Kaisers?«
    Victorius blieb stehen. Ein leichter Schauder kroch über seinen Rücken. Waren es die Worte oder der gestrenge Ton, in dem sie gesprochen wurden, dass er einen Moment lang glaubte, sein Vater stünde hinter ihm?
    Nein, Pilatre ist nicht hier und Member kann mich mal! Fast trotzig setzte er seinen Weg fort.
    Doch der Eremit ließ nicht locker. »Schaut ihn euch an! Sobald es brenzlig wird, sucht er das Weite. Glaubst du, so wird es dir jemals gelingen, deinem Vater das Wasser zu reichen?«
    Victorius’ Magen krampfte sich zusammen. Er fuhr herum. Blanke Wut stand in seinen Augen. »Hör auf damit, Member!«
    Die Augen des Eremiten waren umkränzt von unzähligen Lachfältchen. Mit der freien Hand vollführte er lockende Bewegungen. »So ist es richtig. Zeig mir, wie ein Prinz sich wehrt!«
    »Ich werde dir zeigen, wie Victorius sich wehrt, wenn du nicht gleich deinen Mund hältst!«
    »Wer ist schon Victorius?«, raunte der Alte.
    Mit einem wütenden Schrei stürzte ihm der schwarze Prinz entgegen. Im Laufen bückte er sich nach seinem Stock. Wie ein Wilder versuchte er auf sein Gegenüber einzudreschen.
    Doch der Eremit parierte jeden Hieb. Ein Trommelwirbel der Stockschläge hallte von den Außenwänden der Hütte wider. Member drehte sich wie ein Irrwisch, hielt plötzlich inne und schlug mit einer eleganten Bewegung den Stab aus Victorius’ Hand. Herausfordernd starrte er ihn an. »Zeig mir was von dem Sohn des Kaisers! Zeig es mir!«
    »Du willst etwas vom Sohn des Kaisers sehen?«, keuchte Victorius. Der Alte nickte eifrig. »Ich werde dir den Kaisersohn zeigen!« Der Prinz nahm Anlauf, um sich gegen den sehnigen Körper des Eremiten zu werfen. Member wich aus und Victorius ging zu Boden. Bäuchlings blieb er liegen. Seine Finger bohrten sich in weiche Grassoden. »Ein nutzloser Bastard! Das ist der Sohn des Kaisers. Verstehst du?« Als Member nicht antwortete, richtete er sich auf und suchte das Gesicht des Alten. »Mein Vater hieß Nikombe. Er trieb es mit meiner Mutter, der Hauptfrau des Kaisers! Ich bin nicht der Sohn von de Rozier! Prinz Victorius gibt es nicht! Bist du jetzt zufrieden, Member?«
    »Hm«,
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