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218 - Nefertari

218 - Nefertari

Titel: 218 - Nefertari
Autoren: Christian Schwarz
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keinen. Als die Männer erfuhren, wo es hingehen sollte, winkten sie entsetzt ab. So blieb ihnen als einziges Hilfsmittel das »Sandrose« genannte Instrument, dessen Pfeil hinter der Glasscheibe immer nach Nordosten zeigte. So konnten sie wenigstens die Richtung nicht verlieren, wenn alles um sie herum gleich aussah.
    Vier Tage später brachen Daa’tan und Grao auf. Jeder ritt auf einem Kamshaa, die drei Transporttiere führten sie am Zügel hinter sich her. Gab es bei Kartheem noch reichlich Vegetation, so wurde diese nach etwa einem Tagesritt deutlich weniger. Die Landschaft ging allmählich in eine Stein- und Geröllwüste über, in der sich bis zum Horizont schroffe, bisweilen bizarre Felsformationen erhoben. Weiße Linien und Flächen zogen sich durch die trostlose Landschaft. »Salz«, mutmaßte der Daa’mure und lag richtig damit.
    Hoch am Himmel kreisten riesige Vögel. Grao und Daa’tan sahen sie als Schattenrisse vor dem wunderbar rot leuchtenden Himmel, den ihnen der Sonnenuntergang bescherte. Die Nacht kam schnell, als habe jemand ein dunkles Tuch über die Wüste geworfen.
    Im Schutz eines Felsens schlugen die beiden Reisenden ihr Lager auf und versorgten die röhrenden Reittiere mit Futter. Aus Sorge vor den Vögeln, deren Angriff sie befürchteten, blieben sie an einen Felsen gelehnt sitzen und beobachteten die Kamshaas. Dass sich diese weitgehend ruhig verhielten, entspannte sie etwas.
    Daa’tan säuberte Nuntimors Klinge, die nach den letzten Einsätzen mit Menschen- und Käferblut verschmutzt war. Danach nahm er sich auch noch das Zepter vor, das er beim Kampf am Uluru dem Albino abgenommen hat; wie hieß er noch gleich – ah ja, Rulfan. Nachdenklich betrachtete er das Ding. Rulfan hatte die schlanke Keule mit der spindelförmigen Verdickung an einem Ende als Schlagwaffe eingesetzt. Aber sie würde auch ein gutes Zepter abgeben; wenn er erst einmal zum Herrn der Welt aufgestiegen war.
    Daa’tan schob den Stab zurück unter seinen Gürtel und rückte näher an Grao heran. Die Nacht brachte empfindliche Kälte mit und beide fröstelten trotz ihrer dicken Burnusse.
    »Es ist ungerecht von Mutter, mich im Stich zu lassen«, sagte Daa’tan plötzlich. »Ich muss die ganze Zeit an sie denken. Und ich kann immer noch nicht verstehen, warum sie bei Absimbal in die Wüste geflohen ist. Bloß weil sie Hadban getötet hat? Das ist doch lächerlich. Sie bringt schließlich nahezu jeden Tag Menschen um.«
    »Im Kampf, ja. Aber das sah mir nach eiskaltem Mord aus.« Grao, der in Aruulas Gestalt dieses kleine Drama inszeniert hatte, um von ihrem wahren Aufenthaltsort in der Gruft abzulenken, drehte den Kopf zu Daa’tan. »Du solltest sie einfach vergessen. Sie hat dir ständig Vorschriften gemacht und dich in deiner Entwicklung behindert.«
    Ein abgehacktes Lachen löste sich aus Daa’tans Mund. »Entwicklung? Ausgerechnet du redest von Entwicklung, Grao? Was kann sich in dem kurzen Leben, das mich erwartet, schon groß entwickeln, hm? Diese dreimal verfluchte Pflanzen-DNA in mir wird mich früh altern lassen. Und deine verdammte Rasse ist Schuld daran.« Er hielt kurz inne und warf voller Wut einen Stein gegen den nächsten Felsen. »Wenn ich also etwas erleben will, muss ich es viel schneller tun als andere. Aber eins sag ich dir, Grao: Wenn ich abtreten muss, dann werde ich das als Herrscher tun! Die Fliegenden Städte werden mein Palast sein, und de Roziers Untertanen werden mein Volk sein!«
    Daa’tan geriet ins Schwärmen. Wie immer, wenn er sich seine Machtfantasien ausmalte. »Ja, Grao, ich sehe es bereits vor mir. Mit Hilfe der Pflanzen werde ich die Menschen kontrollieren und ihr Schicksal bestimmen. Herr über das Land, die Städte und über Leben und Tod… Nur schade, dass Mutter das nicht miterleben kann.«
    »Unerheblich. Sie stand als einfache Primärrassenvertreterin immer weit unter dir.«
    »Und?« Daa’tans Stimme wurde noch aggressiver. »Menschen haben ihre Mütter gern, das ist normal. Sie kann noch so weit unter mir gestanden haben, ich vermisse sie trotzdem. Aber das kann eine Echse wie du ohnehin nicht verstehen.«
    »Da irrst du dich, Daa’tan. Du hast deine Mutter verloren. Ich aber habe mein ganzes Volk verloren. Ich bin vermutlich der letzte Daa’mure auf diesem Planeten. Das, Daa’tan, ist wirkliche Einsamkeit.«
    Der junge Mann drehte den Kopf weg und sagte nichts mehr. Das Schnauben, das er von Zeit zu Zeit hören ließ, zeigte Grao, dass die Wut seines Gefährten
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