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2174 - Anguelas letzter Tag

Titel: 2174 - Anguelas letzter Tag
Autoren: Unbekannt
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ungehalten, bis sie schüchtern verstummten. Sahin wunderte sich, wieso ihnen die am nächsten liegende Idee nicht kam. Das offensichtliche Paradoxon war ein Phänomen der Zeit. Der Projektor gehörte selbstverständlich einem Rintacha Sahin der mittleren oder fernen Zukunft. Sein zukünftiges Ich versuchte möglicherweise, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Oder ein zukünftiger Sahin war in die relative Vergangenheit gereist, ins Heute, um eine Zeitkorrektur vorzunehmen.
    Der Gedanke, so offensichtlich erschien, barg enorme Konsequenzen. Wenn tatsächlich eben eine Zeitkorrektur stattfand, musste es einen elementaren Anlass geben. Der ewige Konfliktherd der Valenter stand möglicherweise vor dem Ausbruch. Oder eine Invasion von außerhalb suchte unbemerkt die Galaxis heim. Falls er Recht hatte, überlegte Sahin, existierte das Eltanenschiff TEFANI in diesem Augenblick zweimal, denn es war Träger der Wandelzeit-Technologie. Auch den Ingenieur gab es doppelt. Es gab eine jüngere und eine ältere Version, und sie waren beide das Original. Irgendwo in Tradom. Irgendwo in ... ... Tradom. In einer zeitlupenhaften Bewegung drehte er sich um und blickte auf die Galerie der Maschinen. Enorme Konsequenzen. Ein wummernder Alarmton erfüllte die Halbraumstadt.
    Sahin brach sich Bahn durch wimmelnde Eltanen, mit krankhaft gerader Haltung und Staunen über die eigene Energie. Alarm kannten die kleinwüchsigen Wesen nicht. Er fegte beiseite, was ihm im Weg stand und nicht reagierte. In Rekordzeit erreichte er die Oberfläche. Eben rechtzeitig, um buchstäblich dem Tod ins Auge zu sehen; das Rot des Halbraums verblasste, während sein Blick zum Himmel ging. Der Schutzschirm der Stadt verwandelte sich in ein Muster aus blitzenden Interferenzen. Das Feld konnte nicht brechen. Rintacha Sahin wusste das. Es war zigfach gestaffelt und speiste sich aus Dutzenden Projektoren. „Eltanen!", brüllte er dennoch. „Bringt mir einen Raumanzug!" Sein Leben war zu wertvoll, um fahrlässig ein Risiko einzugehen.
    Kein Eltane zu sehen. Mit erbärmlich kurzen Beinchen und Rennkriechertempo steckten sie unten in den Tunneln fest. Es fing zu stinken an. Ein alles umfassender Donner versetzte die Platten in Schwingung. Das Beben schleuderte ihn um ein Haar zu Boden, und er blieb nur stehen, weil er sich an einer Hauswand festhielt. „Diener!", kochte es in ihm. „Mein Anzug, verdammt!" Alles drängte ihn ins Innere der Halb raumstadt, durch dunkle warme Korridore in vermeintliche Sicherheit.
    Aber der Schirm brach nicht. Der Vaianische Ingenieur blickte zum Himmel empor, gerade rechtzeitig, um den Aufriss einer Strukturlücke zu verfolgen. Mit einem Leuchteffekt ergoss sich etwas ins Innere der Blase, dessen Form er nicht erkennen konnte. Rintacha Sahin schloss hilflos die Augen. Er war vor Erschöpfung vielleicht eingeschlafen. Möglicherweise phantasierte er. Doch als er die Augen wieder öffnete, schwebte am Himmel ein rätselhaftes Objekt. Ein Schwarzes Loch.
    So der erste törichte Gedanke - den Rintacha Sahin mit demselben Atemzug als falsch entlarvte. Ein Schwarzes Loch hätte binnen eines Atemzugs die Halbraumstadt unter seinen Ereignishorizont gezogen. Der Vaianische Ingenieur stierte in den Himmel.
    Gegen die Schlieren hoben sich drei würfelförmige Umrisse ab. Es waren die Eltanenschiffe, die zu seiner persönlichen Verfügung standen. Die Einheit mit dem Eigennamen TEFANI trug die Wandelzeit-Technologie. Die ZURTO und ihr Schwesterschiff THATRIX waren Zubringer. Die unersetzlich wertvolle TEFANI ruckte plötzlich nach vorn. Er sah fassungslos zu, wie der rote Würfel anfing, Richtung Singularität zu driften. „VAIA komme ...", murmelte er in einem gebetshaften, plötzlich beschwörenden Ton.
    Im selben Moment setzten die Triebwerke ein - und Sahin brüllte ein schrilles, sinnloses „Danke!" in den Himmel. Die TEFANI entfernte sich aus der Gefahrenzone. VAIA hatte ihren Teil getan. Sahin taxierte das Loch mit bloßem Auge. Ein Kilometer Durchmesser, veranschlagte er. Es musste eine hohe Anziehungskraft besitzen, war aber in seiner physikalischen Wirkung von einem echten Black Hole weit entfernt.
    Die Interferenz des Schutzschirms endete allmählich, der Aufriss schnappte zu, bis wieder das von Schlieren durchzogene Rot des Halbraums sichtbar wurde. Den bandagierten Schädel in den Nacken gelegt, die Hände mit den Spinnenfingern schlaff zu Boden gerichtet, starrte er in den Himmel. Rintacha Sahin glaubte auf geheimnisvolle Weise
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