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212 - Beim Stamm der Silberrücken

212 - Beim Stamm der Silberrücken

Titel: 212 - Beim Stamm der Silberrücken
Autoren: Jo Zybell
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schwarzen Rücken der schlafenden Frau strich.
    Plötzlich fiel es ihm wie eine schwarze Binde von den Augen: Rulfan war alles andere als frei! Die größte Macht der Welt hatte den Freund und Blutsbruder erwischt – die Liebe.
    Dagegen ist kein Kraut gewachsen, dachte er und verließ die Liebeshütte.
    ***
    Zwei Tage später lag das Bergmassiv hinter ihnen, und vor ihnen öffnete sich die weite Ebene des Buschlandes. »Wir haben es bald geschafft!«, rief Hauptmann Lysambwe. Wie alle anderen auch, saß er auf einem der Kamele seines Bruders Fumo Omani. »Nur noch ein paar Stunden bis zur Großen Grube!«
    Rönee schirmte die Augen mit der flachen Hand ab. »Am Horizont sehe ich schon die Silhouette einer Wolkenstadt schweben! Das muss Orleans-à-l’Hauteur sein! Aber wo ist Brest? Die Soldatenstadt müsste doch auch längst hier sein!«
    Matt Drax spähte nach Süden. Tatsächlich erkannte er dort eine flache Konstruktion mit einigen kugelförmigen Auswüchsen darüber. War das eine Wolkenstadt?
    Toulouse-à-l’Hauteur hatte anders ausgesehen: fast hundert schwebende Plattformen mit Dutzenden von Trägerballons.
    Er fragte Rönee danach, und der erklärte ihm, dass die Wolkenstadt Crella Dvills nach der »alten Bauart« entstanden wäre. Die neuen Städte von Kaiser de Rozier bestanden dagegen aus einer einzigen kreisrunden Plattform, von einem linsenförmigen Trägerballon gestützt und von neun Stabilisierungsballons im Gleichgewicht gehalten. Vorteile dieser neuen Wolkenstädte waren, dass sie bei Sturm nicht so anfällig reagierten, eine bessere Infrastruktur entwickeln konnten und nicht zuletzt mobil waren. Diese fliegenden Städte konnten drei Tage lang am Himmel bleiben, bis sie eine der übers Land verteilten, pyramidenförmigen Versorgungsstationen ansteuern mussten, um Gas zu tanken.
    Jene Pyramiden erhoben sich über Stellen, an denen sich tief in der Erde große Gasvorkommen gebildet hatten, was vornehmlich in der Nähe von Vulkanen vorkam.
    Der Mann aus der Vergangenheit dankte Rönee für seine Ausführungen, drehte sich zwischen den Höckern seines Kamels um blickte zurück. Caro und Lora ritten auf den beiden Tieren hinter ihm. Sie lächelten, als er sie anschaute. Sie lächelten praktisch immer, wenn er ihnen ein bisschen Aufmerksamkeit gönnte. Er hoffte inständig, dass die Damen bald die sehnsüchtigen Blicke der anderen Männer bemerkten.
    Besonders der junge Rönee verschlang Caro jedes Mal mit den Augen, wenn er sich unbeobachtet wähnte.
    Hinter den beiden hockte Almira auf ihrem Gnak. Es ging ihr schlecht. Wenn sie nicht bald ein wirksames Gegenmittel bekam, würde sich das Zombiegift unweigerlich weiter in ihrem Körper ausbreiten und ihre Persönlichkeit vernichten, bis nur noch ein nach Hirn gierendes Monstrum übrig war.
    Ein paar Kilometer entfernt stiegen die Waldhänge des Kilimandscharos an. Der weiße Hauptgipfel glänzte in der Mittagssonne. Seit dem Ausbruch vor wenigen Monaten hatte sich dort oben schon wieder Schnee gebildet, sodass man deutlich sehen konnte, an welchen Stellen noch Hitze bis zur Oberfläche vordrang.
    Matts Augen wanderten über das dichte Laubdach des Dschungels. Irgendwo dort war Rulfan zurückgeblieben. Matt Drax hatte nicht mehr versucht, den Freund von seinem Entschluss abzubringen. Matt kannte Rulfan und Matt kannte die Liebe – es wäre vergeblich gewesen.
    »Weiter!«, rief Lysambwe. Die Karawane setzte sich wieder in Bewegung.
    Drei Stunden lang ritten sie durch das Buschland. Etliche am Boden liegende Vogelkadaver erregten ihre Aufmerksamkeit. Was hatte die Tiere getötet? Sie nahmen einen der schwarzen Rabenvögel in Augenschein. Die Haut unter seinen Federn war schorfig und von Pusteln übersät, seine Augen rötlich von erstarrtem Blut.
    Hauptmann Lysambwe, der die Untersuchung mit zwei dünnen Zweigen vorgenommen hatte, wich zurück. »Er hat die Seuche!«, presste er hervor.
    Zombie-Vögel! Matt überlief ein kalter Schauer. Das wurde ja immer bizarrer! Vermutlich hatten sie vergiftetes Fleisch gefressen. Nicht auszudenken, wenn ein ganzer Schwarm…
    Matt schüttelte sich.
    Zum Glück waren diese Exemplare tot. In so großer Zahl, dass man vermuten konnte, dass die nach der Vergiftung rasch an ihrem Hunger gestorben waren und hoffentlich nicht ihrerseits andere Lebewesen infiziert hatten.
    Matt drehte den Raben mit der Stiefelspitze um. Darunter war… nichts. Keine Insekten. Keine Maden. Die Natur schien die Kadaver zu verschmähen. Gut
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