Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2118 - Quintatha

Titel: 2118 - Quintatha
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
„verstehe dich schon lange, Andander.
    Du aber wirst mich nie verstehen."
    Er stand auf, ging zur Tür. „Und was eure lustige Idee betrifft, ihr könntet mir die SIRIOS wegnehmen ..."
    Seine linke Hand vollführte eine obszöne Geste in der Luft. Zugleich warf er mit der Rechten das Messer. Es spießte den Aktenstapel auf und blieb zitternd in der Tischplatte stecken, haarscharf neben Andanders Fingern.
    „... denkt nicht einmal daran!", sagte Shirka.
     
    *
     
    Nachdem unsere knurrenden Mägen besänftigt waren - der Kapitän hatte, sobald wir uns in Funkweite befanden, ein Versorgungsboot zum Ankerplatz der SIRIOS bestellt -, boten sich Aufmar und Unshil an, mir die schwimmende Stadt zu zeigen. Dankbar akzeptierte ich, obwohl ich mich immer noch sehr geschwächt fühlte. Ohne Aufmars Hilfe hätte ich wahrscheinlich nicht einmal die Strickleiter hinunterklettern können.
    „Hellmock! Ist sie nicht wunderschön?", rief Unshil schwärmerisch und breitete die Arme aus. „Besonders an einem so herrlichen Nachmittag wie diesem ... Was für eine Farbenpracht! Kann es einen hübscheren Flecken im unendlichem Halbraumozean geben?"
    „Wohl kaum", pflichtete ihm Aufmar gerührt bei.
    Ich für meinen Teil enthielt mich einer Aussage, da ich kein besonders begabter Lügner bin.
    Der gleiche Anblick, der meine beiden Kameraden in Verzückung versetzte, erschien mir schrecklich öde, ja niederschmetternd in seiner Trostlosigkeit.
    Die zahlreichen - meine Führer sprachen von Hunderten, wenn nicht Tausenden - im steten Wellengang schaukelnden Wasserfahrzeuge, die von schweren Ketten und geländerlosen, unter Druck und Zug ächzenden Verbindungsstegen zusammengehalten wurden, unterschieden sich zwar in Größe und Form, doch nicht im Stil. Auf mich wirkten sie allesamt gleich roh, kantig, grobschlächtig und martialisch düster.
    Und was Unshil farbenprächtig nannte, stellte sich für mich als kaum unterscheidbare Abstufungen von Schwarz dar - auf eintönig rotem Untergrund (Meer), vor eintönig rotem Hintergrund (Himmel).
    Dazu die nervtötend laute Brandung, der heiße rote Nieselregen, der stinkende schwarze Qualm aus den unzähligen Schornsteinen...
    „Schön" war etwas anderes.
    Ich bin Arkonide und nicht sehr bewandert in terranischer Archäo-Mythologie. Dennoch drängte sich mir der Gedanke auf, dass Quintatha der Vorstellung mancher prähistorischer Menschen von der Hölle beunruhigend nahe kam: die Hitze, die Ausweglosigkeit, die furchterregenden Bewohner ...
    Erzdämonen? Unterteufel?
    Oder eher auf ewig Verdammte, verlorene Seelen, büßende Sünder?
     
    *
     
    Ach, jeden Tag aufs Neue, liebes Tagebuch, schockiert es mich, wie unglaublich fremd und andererseits wie erstaunlich verwandt mir die Mess..., nein, Barkner doch sind.
    Ist ihr muskulöser Körperbau einerseits entfernt dem von Ertrusern vergleichbar, so erinnern ihre ebenmäßigen Gesichtszüge andererseits geradezu frappant an die von Oxtornern - obgleich ihre Mimik um etliches stärker ausgeprägt ist. Zum Zeichen der Bejahung nicken sie mit dem Kopf, wie es auch die meisten Terraner-Abkömmlinge tun, während im Zustand der Erregung ihre Augen tränen, ganz wie bei uns Arkoniden.
    Aber gerade diese Ansammlung von Ähnlichkeiten, von scheinbar Vertrautem, gestaltet die richtige Interpretation ihrer Körpersprache besonders schwierig.
    Denn es gibt auch gravierende Unterschiede: Beispielsweise bedeutet ein Kopf schütteln nicht etwa „nein" - dieses wird durch Überkreuzen der Unterarme vor der Brust ausgedrückt -, sondern stellt eine schwere, obszöne Beleidigung dar. Man kann sich vorstellen, dass mir das die Kommunikation mit den ohnehin leicht reizbaren, schnell aufbrausenden Barknern nicht gerade stressfreier macht.
    Immer noch zucke ich vor Entsetzen zusammen, wenn einer von ihnen - für mich oft unerwartet, ihr Humor ist nämlich etwas eigen - plötzlich loslacht und dabei den Mund öffnet. Ihre Zähne sind lang und nadelspitz, und mit dem explosionsartigen Gebrüll wird meist ein Schwall von Mundgeruch mitgeliefert, der auf Arkon binnen Sekunden ganze Ballsäle leer fegen würde.
    Überhaupt ist Körperpflege den allermeisten Barknern kein wirkliches Anliegen. Auch ihre Kleidung, schmucklose Overalls und Capes aus Fischhaut, wechseln sie so gut wie nie, weshalb das Handwerk des Schneiders nur geringes Ansehen genießt.
    Gute Köche wiederum sind sehr gefragt und werden fürstlich entlohnt. Aber natürlich nicht auf der SIRIOS: Shirka
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher