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2118 - Quintatha

Titel: 2118 - Quintatha
Autoren: Unbekannt
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erreichten und den Kokon herunterrissen. Zwei, nein drei junge Matrosen hatten nicht so lange durchgehalten. Sie waren erstickt und zur Kalten Hölle gefahren.
    Nie zuvor in seinem Leben hatte Unshil etwas auch nur annähernd so Köstliches geschmeckt wie die klare, eisenhaltige Luft, die in diesen Augenblicken in seine gequälten Lungen strömte.
    Mit der Luft kam die Lust, kam der Blutrausch, nach der unerhört langen Tauchphase stärker denn je.
    Nichts konnte Unshil mehr im Steuerhaus halten. Er schnappte sich ein Beil, zog mit der anderen Hand sein Messer und warf sich in den Kampf.
    Ob hier im Binnenmeer ebenfalls Flaute herrschte oder aber ein Orkan höchster Windstärke blies, konnte man nicht unterscheiden, so tobte der Große Graue. Rishtyn-Jaffami schrie, hundert-, wenn nicht tausendmal durchdringender noch als jeder andere Titan, gegen den Unshil gekämpft hatte. Sein sich schlangenhaft windender Leib war unfassbar groß, und er wühlte das Wasser auf wie ein Dutzend Wirbelstürme zugleich.
    Dies war kein Opfer, keine Beute. Dies war ein Gegner, und er besaß eine furchtbare Waffe.
    Viele hundert Meter von der Stelle entfernt, wo Unshil auf dem Leib des Giganten hockte, sich an seinem Messer festhielt, das er tief in die Haut getrieben hatte, und gleichzeitig in rasender Wut auf die Bestie einhackte, dass Klumpen grauen Fleisches in alle Richtungen flogen, hob sich ein Schwanz aus dem Meer, an dessen Ende sich keine Flosse befand, sondern ein Stachel, schlank und beweglich wie der eines Rochens, nur hundertfach, tausendfach länger und spitzer.
    Er peitschte auf Unshil zu, schnell und unaufhaltbar wie der Wind. Und spießte ihn auf. Durchbohrte ihn mühelos, als bestünde sein Brustkorb aus nichts als zerlassenem Fett. Riss ihn hoch in die Luft.
    Schleuderte ihn weit über die SIRIOS hinweg.
    Unshil, der Rudergänger, der sich für nicht einmal eine halbe Stunde hatte Steuermann nennen dürfen, war tot und zur Kalten Hölle gefahren, lange bevor er den Scheitelpunkt seiner Flugbahn erreichte.
     
    *
     
    Keiner von uns wird lebend das Binnenmeer verlassen. Nie mehr wieder wird unsere geliebte Halbraumbark SIRIOS sich an Hellmock, der Herrlichen, verankern. Und ich werde niemals im Rat der Kapitäne gesessen haben.
    Merad dachte dies nicht ohne Bitterkeit, während er das Gemetzel von der Kommandobrücke aus beobachtete. Shirka und er waren die Letzten an Bord. Ach ja und der Zwerg; doch ob der noch zu den Lebenden zählte, war mehr als ungewiss.
    Einen nach dem anderen tötete Rishtyn-Jaffamis Stachel die Männer der SIRIOS. Als keiner mehr übrig war, bewegte er sich für einige Sekunden wie suchend hin und her, um dann auf die Bark herunterzustoßen.
    Merad blieb einfach stehen. Fast amüsiert sah er zu, wie Shirka die Treppe hinunterrannte, den Zwerg ins Dingi warf, dessen Taue kappte und selbst hinterhersprang.
    Pah! Der wahre Kapitän verlässt sein Schiff als Letzter, dachte Merad verächtlich, als ihn der Stachel aufspießte - ihn und die SIRIOS.
     
    *
     
    Mit der Linken steuerte Shirka das Beiboot, mit der Rechten stützte er den Zwerg. Der Aufruhr um sie herum ließ nach, bis nur noch das leise Tuckern des kleinen Außenbordmotors zu hören war.
    Geräuschlos und elegant entwirrte Rishtyn-Jaffami die Knoten und Windungen seines Schlangenleibs.
    Schließlich lag das Meer glatt wie ein Spiegel da. Rot und kreisrund war dieser Spiegel. Sein Durchmesser betrug Hunderte, wenn nicht Tausende Meter. Den Horizont - die Einfassung des Spiegels - bildete ein großer, grauer, lebender Ring: Rishtyn-Jaffami.
    Im Mittelpunkt befand sich das Dingi mit Shirka und dem Zwerg.
    Das ist alles, was mir geblieben ist: eine Nussschale und ein Narr, dachte Shirka und stellte den Motor ab. Aber immerhin: Ich habe noch ein Kommando. Ich bin noch nicht besiegt.
    Er rüttelte den Zwerg wach. „Was spürst du?", fragte er barsch.
    „Hitze. Trauer. Schmerz. Verlassenheit. Und unendliche Seelenqual."
    „Verdammt, warum zeigt er sich nicht?"
    Bensha breitete die Arme aus, ließ sie kraftlos wieder fallen. „Was willst du denn noch sehen?"
    Da begann sich die Oberfläche zu kräuseln und zu verfärben. Schwarze und weiße Flecken entstanden, die sich ausbeulten und zu einem Kopf zusammenfügten, zu einem Kopf mit einem Gesicht.
    Shirka kannte das Gesicht. Seit Jahrhunderten sah er es, wann immer er an einer spiegelnden Fläche vorbeikam. Es war sein Gesicht.
    Es sprach zu ihm, ohne den Mund zu bewegen. Es sprach auch
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