Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
210 - Unter dem Vulkan

210 - Unter dem Vulkan

Titel: 210 - Unter dem Vulkan
Autoren: Ronald M. Hahn
Vom Netzwerk:
plötzlicher Ruck signalisierte Almira, dass ihr Karren sich in Bewegung setzte.
    Es ging zur Roziere. Man hatte eine Art Gangway vor die Gondelluke montiert. Oder war es ein Sprungbrett?
    Der Käfig wurde aufgeschlossen. Knochige Hände zerrten Almira ins Freie. Hinter sich hörte sie die Geräusche eines Handgemenges.
    Sie fuhr herum. Matt und Rulfan, die man ebenfalls aus ihrem Gefängnis holte, setzten sich trotz gefesselter Hände gegen die Vermummten zur Wehr. Ein halbes Dutzend Vasallen des Propheten umringten sie und brachen ihren verzweifelten Widerstand.
    Ein Gong hallte durch die Grotte. Trommelwirbel erklang.
    Almira wurde in die Gondel gestoßen.
    Kurz darauf schwebte die Roziere unter dem hymnischen Gesang der Vasallen durch den Schacht nach oben – dem blauen Himmel über dem alten Tansania entgegen…
    ***
    Ein starker Wind packte das Luftschiff, sobald es sein subterranes Versteck verlassen hatte, und schleuderte es hin und her.
    Die Kisten, zwischen denen Almira im Frachtraum stand, gerieten ins Wanken, sodass sie die Furcht beschlich, sie könne von ihnen erschlagen werden. Da ihre hinterrücks gefesselten Hände an einen Wandring gebunden waren, konnte sie im Ernstfall nicht ausweichen.
    Vorn in der Hauptkabine hörte Almira Capitaine Cadiz wütend Worte rufen. Eine unberechenbare Thermik, die vor allem in den frühen Morgenstunden auftrat, war wohl dafür verantwortlich, dass die Roziere ständig hin und her schaukelte und einmal auch wie ein Stein in die Tiefe sackte, wobei Almiras Magen sich Mühe gab, oben zu bleiben.
    Dass die heftigen Auf-, Ab- und Seitenwinde sein Können fast überforderten, machte Cadiz wütend: Wie sein Geschrei allen Insassen offenbarte, hatte er den neuen Zeremonienmeister gebeten, vier Stunden später abzuheben, doch Noah hatte abgelehnt. Sein schrillen Bekundungen – »Wir stürzen noch ab!« – »Wir sind überladen!« – »Wir waren schon beim Abheben zu träge!« – versetzten wiederum Doctorus Noah in Rage.
    »Der Frachtraum ist fast leer!«, brüllte der Zeremonienmeister zurück. »Du bist einfach überfordert!« Er klang plötzlich drohend. »Wenn du deinen Job nicht erledigen kannst… Es gibt auch andere fähige Flieger!«
    Darauf erwiderte Cadiz nichts mehr, denn er wusste genau, dass Noah am längeren Hebel saß.
    Obwohl er den Eindruck erweckte, dass er alle Kräfte aufbot, um den Kurs zu halten, wurden die Almira ungebenden Kisten bald so heftig durchgeschüttelt, dass sie Angst hatte, von ihnen verschüttet zu werden. Sie zerrte an ihren Fesseln.
    »Lass es sein!«, rief Maddrax ihr zu. »Spar dir deine Kräfte für den Moment auf, in dem sie dich losbinden.«
    Er und Rulfan waren aufgrund ihrer Renitenz mitsamt des Käfigs an Bord gebracht worden und standen im hinteren Teil des Laderaums.
    Almira wollte ihm gerade antworten, da geschah etwas direkt vor ihren Füßen, dass ihre Aufmerksamkeit fesselte: Im Boden der Roziere öffnete sich eine Klappe.
    Jemand schob sich aus dem Bauch der Gondel.
    Eine Frau? Ihr Teint war hell, als seien unter ihren Ahnen Weiße gewesen. Ihr Alter war im Zwielicht schwer zu schätzen, doch sie war älter als Almira.
    Die Frau zog sich mit katzenhafter Eleganz aus dem Bodenloch, schloss die Klappe und baute sich vor Almira auf.
    Hellgraue Augen blickten sie an. »Was…?«, murmelte Almira.
    »Wer…?«
    Die Frau grinste. Ihr Kinn deutete nach unten. »Schau mal.«
    Almira schluckte. Dann senkte sie vorsichtig den Blick. Vor ihrer Nase blitzte die Klinge eines unterarmlangen Messers.
    ***
    Die Tür zum Laderaum ging auf. Zwei Vermummte traten ein, öffneten den Käfig und zerrten Matt und Rulfan heraus. Da man ihnen nach dem Zwischenfall am Boden auch noch die Beine mit einem kurzen Strick gehobbelt hatte, konnten sie sich nur sehr eingeschränkt und mit winzigen Schritten bewegen. In dem Moment, als der erste Vasall Matthew Drax in Richtung Luke schob, ließ ein Windstoß die Gondel schwanken. Matt hatte nicht mal Gelegenheit, einen Blick in die Runde zu werfen: Schon wurde ihm der Boden unter den Füßen weggerissen. Der Wächter, der ihn an den Fesseln festhielt, schlug gegen seinen Rücken. Beide polterten zu Boden.
    Matt hörte Cadiz die Thermik verfluchen, dann lag er mit der Nasenspitze auf den Dielen. Irgendetwas flog an ihm vorbei und knallte gegen die Außenluke. Die schwang auf, und ein heißer Windstoß pfiff ihm um die Ohren.
    Matt hob den Kopf.
    Was er sah, war wie ein Alptraum. Tief unter ihm gähnte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher