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210 - Unter dem Vulkan

210 - Unter dem Vulkan

Titel: 210 - Unter dem Vulkan
Autoren: Ronald M. Hahn
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Scharnieren versehenen Bohlentüren der Zelle, in der Matt und Rulfan sich bald darauf wieder fanden.
    Sie hatten keine Ahnung, wie weit ihr Gefängnis vom Landeplatz der Roziere entfernt war. Eigentlich konnte es ihnen auch egal sein: Das Labyrinth, das sie durchquert hatten, hatte jeden Versuch, sich den Weg zu merken, schnell zunichte gemacht.
    »Wo ist Chira?«, fragte Rulfan, als sie in der Zelle auf zwei harten Natursteinhockern saßen. Der Raum war beinahe finster.
    Der rötliche Schein der Laterne, der durch das Türgitter fiel, war ihre einzige Lichtquelle.
    »Keine Ahnung.« Matt zuckte die Achseln.
    »Was soll das heißen?«
    »Sie ist abgehauen – kurz vor Magnans Rückkehr. Sie hat sicher gewittert, dass die Sache übel für uns ausgeht.«
    »Hm.« Rulfan nickte. »Sie hat ‘ne Nase für so was.« Er breitete die Arme aus. »Aber sie kommt schon durch. Sie ist schließlich kein Schoßhund.«
    Matt nickte. Dann berichtete er, was Rulfan in den letzten Tagen entgangen war und wer die Leute waren, deren Bekanntschaft er gemacht hatte. Natürlich ließ er auch den netten Doctorus Noah nicht aus. Rulfan war nicht sehr begeistert über die Entwicklung der Lage seit ihrer Flucht vor der verrückten Mistress von Toulouse-à-l’Hauteur.
    »Ich hab das Gefühl, wir geraten ständig vom Regen in die Traufe. Afra ist definitiv nicht mein Kontinent.« Er schaute sich um. »Ich hätte nichts dagegen, mich mal für ein paar Wochen auf die faule Haut zu legen. – Was werden diese Leute mit uns machen?«
    »Ich fürchte, Magnan wird uns als Attentäter im Auftrag des Kaisers einstufen. Der mag nämlich keine Warlords, die seine Provinzen für ihr persönliches Eigentum halten.«
    »Wer ist dieser Kerl überhaupt? Hat er was auf dem Kasten?«
    »Keine Ahnung.« Matt seufzte. »Er scheint eine Art religiöser Führer zu sein, dem man prophetische Eigenschaften andichtet. Und er frönt der Vielweiberei. Zumindest das hat er mit de Rozier gemeinsam.«
    Die Zellentür öffnete sich quietschend. Matt und Rulfan schreckten hoch.
    Doctorus Noah trat an der Spitze einer bis an die Zähne bewaffneten Schar von Vermummten ein. Sie verteilten sich rechts und links der Tür und richteten gespannte Armbrüste auf die Gefangenen.
    »An die Wand!«, blaffte Noah. Er blieb, die Hände auf den Hüften, mitten im Raum stehen. Sein Blick war voller Hohn.
    Matt und Rulfan wichen zurück, bis die Steinwand jede weitere Bewegung unmöglich machte.
    »In Ordnung, Maitre«, sagte Noah auf Französisch, ohne sich umzudrehen.
    Ein großer, breitschultriger Mann mit einem wehenden Umhang betrat die Zelle. Magnans Teint war zwar dunkel, doch er wirkte nicht negroid. Er hatte hellgraue Augen, ein gewinnendes Lächeln, trug Wildlederstiefel und bewegte sich wie eine Katze. Zwischen seinen Zähnen – Matt traute seinen Augen kaum – klemmte ein Zigarillo.
    Welch eine beeindruckende Gestalt… Die Kleidung des Propheten saß wie eine zweite Haut. Er war der Typ, den Matt als Kind nie hatte leiden können: Der Typ, der so gut aussah, dass alle Mädels hinter ihm her waren, der im Sport immer bei den Siegern war, der für kein Fach pauken musste, da ihm alles leicht fiel – und als wäre das noch nicht genug, war er auch noch der Typ, der reiche Eltern hatte.
    »Nun, wen haben wir denn da?« Magnans Blick tastete Matt und Rulfan ab wie ein Scanner. »Zwei Agenten seiner degenerierten weißen Majestät?«
    Er sprach das »Englisch«, in dem seit der Eiszeit halb Afrika radebrechte, doch seine Aussprache war so frankophil wie die eines zugereisten Europäers. Ghu mochte wissen, was ihn hierher verschlagen hatte, doch er hatte es weit gebracht: Wenn einem ein Kaiser nach dem Leben trachtete, musste man schon wer sein!
    »Wir sind keine Agenten, Maitre«, sagte Matt vorsichtig.
    »Wir sind Forschungsreisende aus dem Norden. Deine Leute haben uns gerettet, wofür wir ihnen dankbar sind. Doch dann fingen die Missverständnisse an…«
    »Missverständnisse?«, höhnte Noah. »Wann werde ich den Tag erleben, an dem ein Verbrecher sagt: ›Ja, Maitre, ich bin der Untaten schuldig, die man mir vorwirft! Ich habe mich von den körperlichen Reizen einer Giftmischerin verführen lassen! Ich habe mich mit ihr verschworen, dich aus dem Weg zu räumen!‹« Er schaute Magnan an und seufzte. »Ich glaube, eher friert die Hölle ein, als dass ein Lump angesichts seines Todes seine Untaten bereut!«
    Matt schluckte. Angesichts seines Todes?
    Magnan lachte leise, und
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