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210 - Unter dem Vulkan

210 - Unter dem Vulkan

Titel: 210 - Unter dem Vulkan
Autoren: Ronald M. Hahn
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es klang unerwartet angenehm.
    »Moment mal, Exzellenz…« Rulfan wandte sich mit gerunzelter Stirn an den Propheten. »Was der da verbrochen hat«, – er deutete auf Matt –, »geht mich nichts an. Ich war daran nicht beteiligt!«
    Matt zuckte gekonnt zusammen. Ihm wurde sofort klar, was Rulfan vorhatte: Wenn es ihm gelang, sich die Freiheit zu erschwafeln, bestand vielleicht auch eine Chance, dass er ihn hier rausholte.
    »Der Beutelscheider dort«, fuhr Rulfan fort und deutete auf Noah, »weiß doch am besten, dass ich während der ganzen Reise hohes Fieber hatte und besinnungslos war!« Seine Augen funkelten empört. »Und wenn er es nicht weiß, weiß es deine Braut, die mich betreut hat! Wie hätte ich in meinem Zustand also an einem Mordkomplott teilnehmen können?«
    »Er lügt, wenn er nur das Maul aufmacht«, sagte Noah und musterte geziert seine Fingerspitzen. »Fraglos hat die flinke Zunge der Metze Almira auch ihn schnell für sich eingenommen.« Er schaute Rulfan treuherzig an. »Du warst doch mehr als einmal wach, wenn ich nach dir geschaut habe.«
    Magnan nickte. »Nun, nach dem, was ich nun über Almira weiß, traue ihr alles Üble zu. Es war dumm von mir, sie auch nur in Erwägung zu ziehen…«
    Ja, dachte Matt. Hast wohl vergessen, einen Blick in die Zukunft zu werfen, du Prophet.
    Noahs Farce schien Magnan kaum zu interessieren. Er war gekommen, weil eine »Tradition« sein Hiersein erforderte. Als sein Blick auf Matt fiel, erkannte dieser sofort, dass der Mann kein dumpfer Sektierer war. Magnan war mindestens so intelligent und verschlagen wie ein Politiker. Er wusste, was er wollte. Er wusste auch, was er nicht wollte: Er wollte keinen Matthew Drax in seiner Nähe dulden, dessen Blick alles andere als Unterwürfigkeit versprach.
    »Ich werde Papa Lava und dem Volk die beste Inszenierung liefern, die man je gesehen hat, Maitre«, hörte Matthew Drax Noah sagen. »Noch in Jahrhunderten wird man davon rühmen!«
    »Bereite alles vor.« Magnan winkte ihm lässig zu. »Das Volk soll von seinen Sorgen und Nöten abgelenkt werden.«
    Und mit einem kaum wahrnehmbaren ironischen Unterton fügte er hinzu: »Papa Lava wird uns für diese Opfer dankbar und wohl gesonnen sein.« Damit ging er hinaus. Noah und die Vermummten folgten ihm.
    ***
    Fürstenhöfe hatte Almira sich ganz anders vorgestellt.
    Sie saß gebadet und gekämmt in einer schlichten Kammer, in die vermummte Weiber sie gebracht hatten. Wo waren die Marmorsäle, die schicken Bodenfliesen, die bunten Vorhänge, die Spitzendeckchen, die Polstermöbel? Wo steckten die Zofen und Diener, die den Haremsdamen alle Wünsche erfüllten?
    Almira wartete in einem Raum, der wie eine Höhle aussah.
    An schiefen Wänden hängende Laternen erhellten ihn nur notdürftig. Das Licht war dunkelrot und unheimlich. Der Raum war kühl, der Boden steinig. In den Ecken, in die kein Licht fiel, schien es unentwegt zu scharren und zu piepsen. Welche Ausgeburten ihrer Phantasie gaben sich dort ein Stelldichein?
    Was für ein Nachtmahr! Almira verwünschte den Tag, an dem sie beschlossen hatte, Onkel Jules vor Strafe zu schützen.
    Wieso hatte sie diesem Noah bloß vertraut? Er hatte sie verraten! Dabei hatte er doch so nett gewirkt! Sie hätte ihm jederzeit ihre Unschuld geopfert!
    Aber so war das eben mit den Männern: Die dachten nur an sich und ihre eigene Sicherheit.
    Sie biss sich auf die Unterlippe. Almira war wütend. Und frustriert. Sie hatte Angst, Sie glaubte zu wissen, was sie erwartete. Genaues wusste sie natürlich nicht.
    In der Roziere hatte sie gefesselt und geknebelt in einer Ecke gelegen. Dort hatte sie zwar viel Uninteressantes gehört – etwa, dass die erschöpften Haudegen, mit denen der Prophet unterwegs gewesen war, zum Kilmaaro marschieren durften, da es wegen der zusätzlichen Fracht nicht genug Platz auf dem Luftschiff gab –, doch verhört hatte sie niemand.
    War das gut oder schlecht?
    Nun ja. Sie würde bald wissen, welches Schicksal sie erwartete.
    Die Vorstellung, Papa Lava geopfert zu werden, ließ Almira Dinge ins Auge fassen, die sie aus tiefstem Herzen verabscheute: Zum Beispiel, Maitre Magnan Lust und zärtliche Gefühle vorzuheucheln, um dem Tod zu entgehen. Vielleicht ließ er sich umstimmen, wenn sie ihm Versprechungen machte…
    Die Tür knarrte. Almira sprang hinter das Bett zurück und duckte sich.
    Der Prophet stand im Rahmen. Sein Blick tastete Almira mit deutlichem Wohlgefallen ab. Er schloss die Tür hinter sich zu und
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