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209 - Die fliegende Stadt

209 - Die fliegende Stadt

Titel: 209 - Die fliegende Stadt
Autoren: Susan Schwartz und Jana Paradigi
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linken Arm legte, reihte sich in den Strom der Diener ein und warf einen Blick durch jede offen stehende Tür, die er passierte. Dabei schwitzte er Blut und Wasser, dass die offensichtlichste Täuschung seiner Verkleidung – seine geschwärzten, aber immer noch westlich geprägten Züge – jemandem auffallen könne.
    Doch offenbar war es hier Sitte, sich gegenseitig nicht ins Gesicht zu sehen. Jedenfalls endete der Spießrutenlauf in einem Zelt, das deutlich größer und höher als die anderen Räumlichkeiten war. Von draußen drang nur noch spärliches Licht durch den gewachsten Stoff. Stattdessen erhellten unzählige kleine Glühlarven, die man in mit durchsichtigem Gelee gefüllten Gläsern rund um einen steinernen Altartisch aufgestellt hatte, den Saal. Dass hier nirgends offenes Feuer zu sehen war, war Matthew schon aufgefallen – kein Wunder bei einer Stadt, die mittels Gasballons am Himmel gehalten wurde.
    Rechts und links hingen von der Decke zwei riesige Amphoren aus Ton mit einer Zapfvorrichtung am unteren Ende. Dies war offenkundig der Ort, wo die Zeremonie stattfinden sollte.
    Ich komme nicht zu spät, dachte Matt erleichtert.
    Am Kopfende des Raumes befand sich eine Tür, vor der Wachen standen. Hielt man Rulfan dort gefangen?
    Matt überlegt fieberhaft. Diese Männer würden ihm ins Gesicht sehen, wenn er Einlass begehrte. Sollte er den Blaster ziehen und mit Gewalt eindringen? Aber das ließ ihm zu wenig Handlungsspielraum, vor allem wenn sich Rulfan nicht dort befinden sollte.
    Er wendete samt seinem Tablett und trottete den Weg zurück. Nachdenken, Matthew Drax! Nachdenken! Wen lässt man am ehesten passieren, und was wird vor oder nach der Zeremonie gebraucht…?
    Dann durchzuckte ihn ein Geistesblitz. Er beschleunigte seinen Schritt und bog in die Wäschekammer ein, in die er auf dem Hinweg einen Blick geworfen hatte. Dort lag die Antwort auf seine Fragen, sorgsam sortiert, duftend und blütenweiß.
    Matt verließ die Kammer mit einem Stapel Kissen und Bettwäsche, die er so hoch vor sich aufgeschichtet hatte, dass er nicht darüber hinweg blicken konnte. Damit näherte er sich erneut der bewachten Tür.
    »Halt! Wohin?«, fragte einer der Männer militärisch knapp, obwohl es doch eigentlich offensichtlich war.
    Matt drückte sein Gesicht in die Bettwäsche und gab zurück: »Für die Mistress und Orzowei!« Der Stoff dämpfte seine Stimme und verbarg seine Züge. Er konnte nicht sehen, was die Wachposten taten, aber er hörte das Knarren der Türscharniere und ging einfach weiter.
    Wieder hatte er mehr Glück als Verstand; sie zogen sogar die Tür hinter ihm wieder ins Schloss. Matt atmete erleichtert aus und ließ die mit Ruß beschmutzte Wäsche zu Boden fallen.
    Im nächsten Moment fiel ihm die Kinnlade hinterher.
    Matthew Drax fand sich in einem komfortabel ausgestatteten Schlafzimmer wieder, in dessen Mitte ein breites Himmelbett stand. Und in den flauschigen Kissen lag Rulfan und schlief selig.
    »Na toll!«, mokierte Matt sich scherzhaft und glücklich darüber, den Gefährten gefunden zu haben. »Ich prügel mir den Weg frei und mache mich in diesem Kostüm zum Affen, und du liegst hier fett und faul im Bett? Na los, mein Freund – Zeit, aufzuwachen!«
    Aber der Albino rührte sich nicht. Matt eilte an seine Seite und erschrak, als er in der Wasserschale neben dem Bett die blutigen Verbände bemerkte.
    »Wach auf!« Er rüttelte ihn. Vergebens.
    Da hörte er hinter sich ein Rasseln. Matt fuhr herum – und sah eine hässliche Alte auf sich zukommen, den Hals behängt mit Dutzenden Voodoo-Ketten, in der einen Hand eine Art Zauberstab, in der anderen ein feuchtes Tuch, das verdächtig nach Äther stank – Jakk Sons bewährtes Betäubungsmittel.
    »Orzowei schläft einen tiefen Schlaf, aus dem ihn auch sein Loa-Freund nicht wecken kann«, krähte die Alte. Woher war sie so plötzlich gekommen?
    »Wer soll dieser Orzowei sein?«, fragte Matt, um Zeit zu gewinnen und seine Gedanken zu sortieren. Warum kam ihm dieser Name bekannt vor? Eine Melodie drängte sich in sein Bewusstsein, ein Lied, das er aus einem anderen Leben kannte.
    »Orzowei ist der Auserwählte, ein Göttergesandter, der Crella das prophezeite weiße Kind schenken wird.« Die Alte schlurfte mit listig funkelnden Augen näher.
    Matt fasste kurz entschlossen unter die Bauchbinde und zog den Blaster. »Keinen Schritt weiter, du Hexe! Such dir ein anderes Opfer für deine perversen Spielchen. Rulfan ist genauso wenig ein
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