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209 - Die fliegende Stadt

209 - Die fliegende Stadt

Titel: 209 - Die fliegende Stadt
Autoren: Susan Schwartz und Jana Paradigi
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Nur Fleischfresser stanken so penetrant. Das einsetzende Fauchen und Brüllen bestätigte die Vermutung.
    Glaubten die Jäger etwa, Rulfan und er seien gefährliche Raubtiere? Bei dieser Vorstellung musste Matt fast schon wieder lachen. Viel wahrscheinlich war allerdings, dass sie – oder zumindest er – als Futter für diese Bestien dienen sollten.
    Zum hundertsten Mal riss und zerrte er an seinen Fesseln.
    Doch die dünne Ranke, mit der die Hände aneinander gebunden und an der Stange fixiert waren, gab keinen Fingerbreit nach.
    Am Ende des Raumes war ein milchig-transparenter Plastikvorhang von der gut drei Meter hohen Decke quer über die ganze Breite der Halle gespannt. Matt fröstelte. Der beißende Uringestank hatte hier eine süßlichere Note. Er tippte auf Blut.
    »Jetzt reicht’s aber! Ich bin doch keine Schweinehälfte«, hörte er Rulfan auffahren.
    Dann wurde auch für Matt der Vorhang gelüftet.
    Der Schlachthof!, schoss es ihm durch den Kopf, als er im trüben Licht zweier Glühbirnen die Fleischerhaken über sich baumeln sah. Der zweite Gedanke war: Strom! Wer in diesen Zeiten mit Elektrizität umging, musste über altes Wissen verfügen!
    »Bringt mich zu eurem Boss – zu demjenigen, der das hier alles aufgebaut hat!«, verlangte Matt.
    Der Truppenführer mit dem Tatzenamulett entblößte zwei Reihen strahlend weißer Zähne zu einem breiten Lächeln. Statt einer Antwort stimmte er sein Jagdlied an: »Nada hammase, nada hammase, nada hammaseja.«
    Ein deftiger Fluch aus Rulfans Mund klang von schräg oben zu ihm herab. Matt reckte den Hals und sah seinen Freund mit hochgebundenen Händen am Haken hängen. Im nächsten Moment wurde auch er abgesetzt. Eine Kette rasselte. Die Tragestange wurde gegen einen Haken getauscht, dann ein Ruck, seine Arme wurden in die Höhe gerissen und mit ihnen Matts steifer Körper. Die Schwerkraft zerrte an ihm. Er stöhnte.
    »Spitzenidee, diese Abkürzung über das Gebirge«, tönte der Albino nun neben ihm.
    »Und wer wollte unbedingt von den Enkaari weg, obwohl er noch nicht wieder auf der Höhe war?«, motzte Matt zurück.
    Rulfans Antwort ging in einem heiseren Hustenanfall unter.
    »Das klingt aber gar nicht gut«, sagte da jemand in lupenreinem Englisch.
    Matt nahm die linke Schulter zurück, um sich in die Richtung zu drehen, aus der die Stimme kam.
    In drei Metern Entfernung stand ein groß gewachsener Afraner in einem schwarzweiß gestreiften Anzug mit passendem Tropenhelm und Spazierstock. In seinem Gesicht prangte eine übergroße Knollennase zwischen zwei eng sitzenden Knopfaugen.
    »Gestatten, Jakk Son.« Er tippte sich gegen die Kappe.
    Matt nickte ihm zu. »Angenehm, Matthew Drax. Wären Sie wohl so freundlich, uns aus dieser recht unbequemen Lage zu befreien?«
    Jakk Son schmunzelte und begann in gemächlichem Tempo die zwei hängenden Helden zu umrunden.
    »Ich bitte vielmals um Verzeihung für die rüde Behandlung, die Ihnen meine Jäger angedeihen ließen. Die Entführung von Reisenden steht eigentlich nicht in ihrer Jobbeschreibung. Aber die Sowosamas haben eben ihren eigenen Willen. Sie müssen verstehen – das ist auch für mich eine unangenehme Situation.«
    Als er an Rulfan vorbei kam, hielt er inne und blinzelte.
    »Da Sie offenbar bereits Bekanntschaft mit der hiesigen Fauna – an deren Gestaltung ich zugegebenermaßen nicht ganz unschuldig bin – gemacht haben und jetzt nun mal hier gelandet sind, bitte ich Sie, sich in meine Lage zu versetzen.«
    Matt zog die Stirn kraus. »Was genau soll das heißen?«
    Rulfans Husten ging in Räuspern über; sein Atem rasselte.
    Der Afraner hob seinen Spazierstock und pochte ihm damit auf die Brust. »Hat er Fieber? Ausschlag? Gelenkschmerzen?«
    »Alles zusammen. Und seine momentane Lage macht es nicht besser«, antwortete Matt.
    »Mag sein.« Jakk Son wandte sich Matt zu und fuhr ihm mit dem Stock durch die kurzen blonden Haare. »Hat dein Freund einen Gendefekt, oder gibt es mehr von seiner Sorte?«
    »Wieso, sammeln Sie Albinos?« Die eingeschlagene Strategie war gefährlich, aber Rulfan brauchte dringend Hilfe.
    »Gut kombiniert, aber nicht gut genug.« Der Afraner klatschte zweimal kräftig in die Hände. »Ich sammle sie nicht, ich züchte sie.«
    Aus Richtung der Raubtierstallungen tauchte eine Gruppe Sowosamas auf. Jakk Son zeigte auf Rulfan, und sofort machten sie sich daran, den Albino vom Haken zu holen. Er war zu schwach, um sich zu wehren oder einen Ausbruchversuch zu
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