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204 - An Afras Ufern

204 - An Afras Ufern

Titel: 204 - An Afras Ufern
Autoren: Mia Zorn
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spielte er es mit ihm. Überhaupt entpuppte sich der kleine schwarze Mann als ein Mensch, der es schaffte, mit seinen Gesten und so manchem Schabernack die Matrosen bei Laune zu halten. Er und sein kleiner Lemuur, der inzwischen jedermanns Liebling geworden war. Selbst der bärbeißige Kapitän hatte den kleinen Affen in sein Herz geschlossen! Er hatte ihm sogar einen Namen verpasst: Little Master!
    »Kaleb? Makoona?« Matthew legte eine Hand über seine Augen und imitierte einen Suchenden.
    Ohnzung schüttelte den Kopf. Hinter ihm tauchte Little Master auf und sprang Matt auf die Schulter. »Du weißt vermutlich auch nicht, wo die beiden stecken, was?« Matt kraulte dem Lemuur das dunkelbraune Fell und schaute sich um.
    Inzwischen kannte er jeden Winkel der Schelm und hatte bereits sämtliche Plätze abgesucht, an denen sich die Drückeberger aufhalten konnten. Sein Blick streifte das Luk, das unter Deck in die Kombüse führte. Krochen da nicht kleine Rauchschwaden aus der Öffnung? Alarmiert eilte Matthew zum Luk und starrte in den Treppenaufgang. Es roch nach Kartoffelwasser. Sah aus, als ob der Smutje die Kombüse in eine Dampfmaschine verwandelt hatte. Matt konnte kaum die Stiegen erkennen, die nach unten führten.
    Lärm schallte herauf. Jemand schrie und Geschirr klirrte.
    Andere Stimmen mischten sich ein. Matt glaubte auch Kaleb sprechen zu hören. Was war da unten nur los?
    Er war keine zwei Stufen weit gekommen, als ihm der Smutje brüllend entgegen kam. »Weg da!«, schrie er und warf seinen massigen Leib gegen Matts Beine. Matthew fiel zur Seite. Einen Moment lang begegneten sich ihre Blicke.
    Die Augen des Smutje waren rot unterlaufen. Blut floss ihm aus Nase und Mund. »Aus dem Weg!«, brüllte er und fuchtelte mit seiner Faust vor Matts Gesicht herum: Sie leuchtete krebsrot. Um das rohe Fleisch hingen graue Hautfetzen. Die andere Hand sah auch nicht viel besser aus. Trotzdem umklammerte sie ein Küchenmesser.
    Der Smutje hielt plötzlich inne und schaute Matt verwirrt an. »Wer bist du, zum Teufel?«, krächzte er. Ohne Matthews Antwort abzuwarten, drängte er sich an ihm vorbei und kroch auf allen Vieren die Treppe hoch. Während seine rostbraune Hose in der Luke verschwand, erschien am unteren Treppenabsatz Kaleb. Mit aufgerissenen Augen starrte er Matt an.
    »Du musst ihn aufhalten!«, rief er. »Der Smutje ist verrückt geworden! Er hat Makoona abgestochen und danach seine Hände in kochendes Wasser gesteckt. ›Ich wasche meine Hände in Unschuld!‹, hat er dabei geschrien. Er ist wahnsinnig!«
    Matthew konnte kaum glauben, was Kaleb ihm erzählte.
    Aber er zögerte nicht lange, sondern sprang auf und jagte an Deck. Er schaute sich um, konnte den Smutje aber nirgends sehen. Dafür entdeckte er am Fockmast eine Handvoll Männer, die aufgeregt mit den Armen wedelten und nach oben stierten.
    Matthew folgte ihrem Blick: Oben in den Wanten kletterte der Smutje höher und höher. Wie um alles in der Welt hatte es dieser bullige Kerl geschafft, so schnell die Taue hoch zu kommen?
    Matt lief zum Bug des Schiffes. »Holt ihn da runter!«, schrie er den Matrosen zu.
    »Nein! Lasst ihn!«, hörte er die Stimme von Kapitän Haggard. Die hünenhafte Gestalt des Masters löste sich aus der Männertraube.
    War auch er verrückt geworden? Sprachlos blieb Matt stehen. Der Smutje würde sich zu Tode stürzen, wenn man ihn nicht sofort zurückholte. Matt wollte an Haggard vorbei, doch die große Pranke des Kapitäns packte ihn am Arm. »Sinnlos, Sparrow!«, knurrte er. »Es ist zu spät!« In diesem Moment ging ein Aufschrei durch die Reihen der Männer. Aus dem Augenwinkel sah Matt einen dunklen Schatten aus den Wanten stürzen. Die Matrosen stoben zur Seite. Mit einem dumpfen Knall drosch der Leib des Smutje auf die Planken des Decks.
    Haggard löste seinen Griff von Matts Arm. »Keiner rührt ihn an! Der Erste Offizier und ich erledigen das!«, wandte er sich an die entsetzten Männer. »Geht an eure Arbeit! Macht schon!«
    Matthew näherte sich dem Toten, der mit zertrümmertem Schädel und verkrümmten Gliedern auf den Holzplanken lag.
    Blutige Schaumflocken hingen um seinen Mund.
    Matt dachte an die Situation, als der Smutje ihm vorhin auf der Treppe begegnet war: seine unterlaufenen Augen und das Blut, das ihm aus Mund und Nase lief. Das deutete auf eine Krankheit hin. Vielleicht ein geplatztes Aneurysma im Kopf des Smutje? Matt wollte ihn untersuchen.
    Aber wieder stellte sich ihm Haggard in den
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